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herabkommende Sementina, die beim Dorf gleichen Namens einen prachtvollen Fall bildet, der Progero aus dem Val di Gudo und die Riarena aus dem Val di Cugnasco, beide von der S.-Flanke der Cima dell' Uomo her. Die ständigen Ueberschwemmungen des Tessin in dieser seiner untersten Laufstrecke, die die ganze weite Ebene allmählig in eine jeder Kultur unzugängliche, von Fiebern heimgesuchte Sumpf- und Geröllwüste umgewandelt hatten, veranlassten die Behörden des neugegründeten Kantons Tessin gleich von Anfang an zu Schutzmassregeln. An eine durchgreifende Korrektion konnte aber der mangelnden Geldmittel wegen für lange Jahre hinaus nicht gedacht werden, bis dann das Bundesgesetz von 1871, welches für Flussverbauungen Bundessubventionen in Aussicht stellte, das Projekt wieder neu aufleben liess, dessen Ausführung auch durch den Bau der Bahnlinie Bellinzona-Locarno 1875 um einen Schritt vorwärts gerückt wurde.
Nach zahlreichen Zwischenfällen begannen endlich die Arbeiten der Tessinkorrektion im Jahr 1888. Vor der Korrektion betrugen die gesamte Lauflänge des Flusses von der Torrettabrücke (Bellinzona) bis zum Langensee 17 km und das Gefälle 1,66‰, die Länge des Thales (in der geraden Mittellinie gemessen) dagegen bloss 13,5 km, so dass also der Fluss durch zahlreiche und zum Teil ungeheure Schlingen in dem vollkommen flachen und zu unterst bis 3,4 km breiten Thalboden des sog. Piano di Magadino seinen Lauf um volle 3,5 km zu verlängern gewusst hatte.
Aus alten Dokumenten im Archiv der Bürgergemeinde Locarno geht hervor, dass der Tessin einst von Cugnasco an ganz nahe der rechtsseitigen Thalwand, d. h. rechts vom Piano di Magadino über die Stelle der heutigen Station Reazzino der Gotthardbahn floss und zusammen mit der Verzasca in den Langensee mündete. Auf der linken Seite reichte damals der See bis Castellaccio hinauf, wo seine oberste Spitze einen Bolletto genannten seichten Sumpf bildete. Nach 1711 änderten sich dann diese Verhältnisse merklich: der Tessin wanderte nach links und verlegte seine Mündung in den Bolletto, den er bis in die Nähe von Magadino aufzufüllen vermochte. Er führt ein derart mächtiges Quantum von Geschiebe, dass sein Delta von 1850 bis auf unsere Zeit um volle 180 m in den See hinausgewachsen ist.
Der unterste Abschnitt des Tessinthales (Bellinzona-Langensee) eignet sich sowohl durch die Beschaffenheit des Bodens als durch sein Klima vorzüglich zu jeglicher Art von Anbau. Selbst die Kiese und Sande können mit Erfolg der Kultur zurückgewonnen werden, sobald sie einmal bei Hochwassern nicht mehr unter Wasser zu stehen kommen. Der Piano di Magadino stellt die tiefst gelegene Landschaft der Schweiz dar und ist heute noch meist eine sumpfige Fläche, in die stellenweise einige Maisfelder eingesprengt erscheinen. Dies wird nach Abschluss der Flusskorrektion wohl anders werden, indem diese Landschaft nun alle Aussicht hat, sich zu einer der fruchtbarsten und ertragreichsten Kulturflächen der Schweiz zu entwickeln. Unter solchen Umständen erscheinen die ¶