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Das von Aare, Zihl, Schüss und Lissbach entwässerte Seeland hat sich im Laufe der Zeit geographisch verändert. So ist wahrscheinlich im Altertum der Bielersee grösser gewesen, wovon u. a. die Ueberreste von Hafenanlagen bei Port zeugen. Dazu haben die periodischen Ueberschwemmungen von Aare und Zihl grosse Strecken in einen Sumpf verwandelt. Anregungen und Versuche zur Abhilfe von Seiten der Regierung (Benjamin Anton Tillier) genügten nicht, und alle Vorschläge und Probearbeiten zur Entsumpfung brachten dem Lande kein Heil, bis die im Jahr 1839 vom Arzte Rudolf Schneider in Nidau gegründete Aktiengesellschaft die Pläne des Ingenieurs La Nicca studierte und 1867, als der Bund 5 Mill. Fr. Subvention bewilligt hatte, das ganze Projekt auszuführen beschloss. So wurden nun der Hagneckkanal von Aarberg in den Bielersee, der Kanal von Nidau nach Büren, sowie die Korrektion der Broye und Zihl durchgeführt, später auch diejenige der Schüss, welche heute von der Gemeindegrenze von Mett weg in drei Armen den Bielersee und die Zihl erreicht (Juragewässerkorrektion).
Durch diese Korrektionen ist dem Seeland ein gewaltiger Komplex Land zurückgegeben worden, das nun unter der Hand fleissiger Leute allmählig zur Kultur aufersteht. Nicht nur an den Ufern des alten Aarebettes, sondern auch im westl. Teile, gegen den Neuenburgersee hin, wo die Strafanstalt Witzwil viel Land urbar gemacht hat, entstehen an Stelle einstiger Weidengebüsche und Riedgräserhorste schöne Getreidefelder und Gemüsepflanzungen. Seitdem in Aarberg eine grosse Rübenzuckerfabrik gegründet worden ist, werden gewaltige Strecken des einstigen Moorlandes mit der Zuckerrübe angebaut. Infolge mangelnder einheimischer Arbeitskräfte sahen sich die Unternehmer genötigt, polnische Arbeiter zu engagieren, die gleich den Zugvögeln im Frühling anrücken und im Herbst wieder in ihre Heimat zurückkehren. Die Landwirtschaft, verbunden mit Milchwirtschaft und Aufzucht von jungem Vieh ist im Seeland der hauptsächlichste Erwerbszweig. Das ganze Areal umfasste nach der Statistik von 1900:
ha | |
---|---|
Aecker | 15284 |
Wiesen | 11514 |
Weiden | 244 |
Wald | 11077 |
Reben | 541 |
Unproduktives Land | 8070 |
Total Areal | 46730. |
wobei wohl zu beachten ist, dass sich seither ein wesentlicher Teil des unproduktiven Landes in Kulturland verwandelt hat.
Der am NW.-Ufer des Bielersees und den Abhängen des Jolimont betriebene Weinbau liefert in guten Jahren einen recht ansehnlichen Ertrag, meist in Weisswein. Die besten Lagen sind bei Ligerz, Twann und Gampelen. Leider haben die verschiedenen Rebenkrankheiten die Umpflanzung durch amerikanische Reben nötig gemacht, welche sich nun nach und nach vollzieht.
Der Viehstand im Seeland ergab im Jahr
1901: | |
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Rindvieh | 27191 |
Pferde | 4119 |
Schweine | 19818 |
Schafe | 1767 |
Ziegen | 6773 |
Bienenstöcke | 5609. |
Vergleicht man die verschiedenen Landesteile des Kantons Bern untereinander, so kommen im Seeland allerdings auf 100 Einwohner am wenigsten Vieheinheiten (nämlich nur 49,8, während z. B. das Oberland die Zahl 88,0 erreicht). Im alten Aarebett hat man in neuester Zeit die Gänsezucht eingeführt, und einen hübschen Ertrag liefern ebenfalls die Torfgewinnung und an der Freiburgergrenze der Tabakbau. In Gewerbe und Industrie sind 46% aller Einwohner tätig, wovon über 5000 sich mit Uhrenmacherei beschäftigen, deren Zentren Biel, Madretsch und Liss sind. Grössere Konstruktionswerkstätten finden sich nebst Biel auch in Matt und Nidau.
Politisch besteht das Seeland aus 5 Aemtern mit 71 Gemeinden, die zusammen 33 Kirchgemeinden bilden. Die Wohnbevölkerung beträgt 78285 Seelen, die ausser 5481 Katholiken der reformierten Konfession angehören. 67618 Ew. sprechen deutsch und 9634 das Französische als Muttersprache. 16228 Haushaltungen in 9064 Häusern. Die Sprachgrenze zieht sich vom Dorfe Rotmund auf der Jurahöhe über Pieterlen dem Rücken des Bözingerberges entlang, setzt bei Frinvillier über die Schüss, steigt über Leubringen (Évilard), das deutsche Magglingen umgehend, nach dem Tessenberg (Montagne de Diesse), senkt sich bei Schafis an den See hinab und folgt dann der Zihl bis zum Neuenburger-, sowie dem Broyekanal bis zum Murtensee. Biel und Madretsch haben deutsche und französische Schulen. Der deutsche Dialekt des Seelandes ist etwas breit und mit vielen französischen Ausdrücken vermischt. Einen vom übrigen Seeland etwas abweichenden Dialekt haben noch die ältern Bewohner ¶