mehr
Bürger einzuholen. Solche «Räte» findet man schon zu Ende des 12. Jahrhunderts in Basel, sowie zu Beginn und im Verlaufe des 13. Jahrhunderts in Zürich und Solothurn. Im allgemeinen gehen die Städte der französischen Schweiz in der Erreichung ähnlicher Vorrechte denen der deutschen Schweiz zeitlich voran. Die Organisation der Räte vollzog sich in den einzelnen Städten auf sehr verschiedene Art. So sieht man im 13. Jahrhundert in Bern im «Rat der Zweihundert» neben den weltlichen Ratsherren auch geistliche sitzen und daneben noch einen «Kleinen Rat der Sechszehn» amten. In Zürich war die Ratsherrenwürde den Handwerkern zunächst versagt, während sich umgekehrt in Basel der Hat im Jahr 1274 aus dem Bürgermeister, vier Rittern, acht Patriziern und 15 Handwerkern, als Vertretern der Zünfte, zusammensetzte. In Bern, Freiburg und Lausanne treffen wir ausserdem noch sog. Pannerherrn (französ. bannerets), die in Kriegszeiten, das Panner in der Hand, an der Spitze der waffenfähigen Mannschaft ihres Quartiers ausrückten.
Der in der Stadt sich ansiedelnde Bauer gab seinen landwirtschaftlichen Beruf nicht immer auf. Die Stadtbürger besassen, wie dies in unsern Landstädtchen noch heute der Fall ist, ausserhalb der Mauern ihrer Stadt Aecker, Wiesen, Wald und Reben und hielten sich ihr Vieh in der Stadt selbst. Dann kamen allmählig aber andere Beschäftigungen und Erwerbszweige auf, die die Landwirtschaft in den Schatten stellten. Es blühte Handel und Verkehr, sowie auch einige industrielle Tätigkeit auf.
Einen guten Ruf erwarben sich die Tuchwebereien von St. Gallen, die Woll- und Seidenindustrie in Zürich, die Gewebe von Bern und Freiburg, die Gerbereien von Basel. Genf entwickelte sich zur Niederlage der Spezereien des Orientes und der Südfrüchte. In den Händen von jüdischen, lombardischen oder französischen (Cahors daher «cahorsiens» genannt) Bankiers, die unter dem Schutz des Kaisers standen, welchem sie Abgaben zu entrichten hatten, beginnt sich der Geldverkehr zu entwickeln. Die Handwerker schlossen sich zu eigenen Korporationen, Zünften (französ. abbayes oder confréries) genannt, zusammen.
Der beginnende Wohlstand fand seinen Ausdruck in der Bauart. Ursprünglich bestanden selbst in den Städten fast sämtliche Häuser aus Holz und einem einzigen Stockwerk. Nachdem dann in Bern, Basel, Zürich, Lausanne etc. häufige und verheerende Feuersbrünste ganze Gassen und Quartiere zerstört hatten, begannen im 13. Jahrhundert einige Bürger, sich Wohnhäuser aus Stein zu erbauen, doch wurde die Sitte der steinernen Häuser erst im folgenden Jahrhundert allgemein.
Die Wohnungen der Bürger waren weder geräumig noch bequem, und in die niedrigen und engen Gemächer drang durch kleine, mit Tuch verschlossene Fensteröffnungen nur notdürftiges Licht herein. Die armselige innere Ausstattung zeigte sich dem Uebrigen ebenbürtig und bestand in der Hauptsache aus einem langen Tisch, einer an der Wand befestigten Bank, einigen Schemeln und einem Kleiderschrank. Der Luxus, eigentliche Betten zu haben, war unbekannt: die guten Bürger des 13. Jahrhunderts legten sich zum Schlaf auf eine Schafhaut oder einen rohen Strohsack, die am Boden ausgebreitet wurden. Aus diesen Angaben lässt sich schliessen, dass damals auch auf die Toilette keine überflüssige Zeit zu verschwenden gepflegt wurde.
Die Kleidung der Männer bestand aus einem durch einen Gürtel festgehaltenen und auf der Brust durch eine Sicherheitsnadel geschlossenen langen Rock, dessen Stoff bei Personen von Stand feiner und dessen Aermel in diesem Falle mit Stickereien und Aufschlägen verziert waren. Mantel und Hut vervollständigten den Anzug der Adeligen und der reichen Bürger. Im Kampf trug der Ritter Panzer, Schild und Lanze. Das Fussvolk war mit Streitaxt oder kurzem Schwert bewehrt. Die Eidgenossen der Urschweiz zeigten ausgesprochene Vorliebe für den keulenartigen Morgenstern und die Hellebarde, ein in einer Spitze endigendes scharfes Beil an langem Spiess.
Im 12. Jahrhundert kam die Sitte der Geschlechtsnamen auf, und zwar zunächst in den Städten. Die ersten Namen dieser Art sind blosse Taufnamen, die sich zu Geschlechtsnamen umwandelten, dann auch Ausdrücke, die sich auf körperliche Eigenschaften oder den Beruf der ersten Träger, sowie auf Häuser, Tiere, Pflanzen oder Herkunft bezogen. Die Partikel «von», die einem Orts- oder Herkunftsnamen vorgesetzt wird, zeigt nicht, wie man noch oft glaubt, mit Notwendigkeit den Adel an, sondern erscheint oft bloss als ein Zugeständnis an ein Vorurteil, das in unserer Zeit viele eitle Menschen dazu bewogen hat, den Anfang des Namens ihrer Ahnen in die Adelspartikel umzuwandeln.
9. Die Kiburger, Savoyer und Habsburger.
Die von den Zäringern erworbene Macht war nach dem Erlöschen ¶