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Die grösste Zunahme an Ausländern weist aber nicht diese Zeit auf, sondern es fällt solche in die Perioden 1850/1860 (44,8‰) und 1860/1870 (46,2‰), also in die Jahre, wo mit der Entstehung der Wasserwerke die Industrie in unsere Mauern einzog. Unter den Schweizerbürgern anderer Kantone sind namentlich zahlreich vertreten die Zürcher (1359), Thurgauer (561), Aargauer (506), Berner (458) und St. Galler (370), unter den Ausländern die Badenser (2207), Würtemberger (842), Italiener (399) und Preussen (240). Der Religion nach gibt es 11144 Reformierte, 4085 Katholiken, 21 Israeliten und 25 Andersgläubige. Gesprochen wird deutsch von 14684, französisch von 166, italienisch von 374, romanisch von 11, andere Sprachen von 40 Personen. Männliche Einwohner gibt es 7384, weibliche 7891.
Bauart und Wohnungsverhältnisse.
Die kraftvolle Konstruktion des Munots kann als typisches Vorbild eines reinen Werksteinbaues aus dem Kalk des weissen Jura gelten. Die älteren Gebäude und ein grosser Teil der neueren Bauten sind in diesem soliden Baumaterial erstellt, und vielfach tritt dasselbe auch als sichtbares Quadermauerwerk offen zu Tage. Für die Türen- und Fenstereinfassungen, wie die sonstigen architektonischen Bauglieder hat dann allerdings vielfach der rötlichbraune und graue Keupersandstein von Schleitheim und vom Hallauerberg Verwendung gefunden, und da und dort findet man auch Bauteile aus dem Muschelkalk von Wiechs und dem aus dem Schwarzwald oder vom Gotthard stammenden Granit.
Sodann ist namentlich bei den Bauten der neueren Zeit von dem in Thaingen, Hofen und Paradies-Schlatt gewonnenen Backsteinmaterial ein ausgibiger Gebrauch gemacht worden. Sichert schon diese verschiedene Art der baulichen Ausführung den Strassenzügen ein lebhaftes Gepräge, so wird dieses noch erhöht durch die reiche Abwechslung in den Fronten der einzelnen Häuser. Da wechseln breitflächige, bisweilen mit alten oder neuen Fresken bemalte und im Giebel mit schräg anstrebenden Pfeilern durchbrochene Wandflächen mit Fassaden, die sich fast ganz in zierlichen, mannigfach gruppierten Fensterstellungen auflösen.
Einzelne ehemalige Patrizierhäuser und Zunftstuben weisen sodann eine, namentlich auf das Portal verwendete reiche Ornamentik auf, und die Brunnen verschiedener Plätze sind durch kunstvoll gearbeitete Säulen mit Standbildern geschmückt. Was der Stadt aber vor allem ihr originelles Aussehen verleiht und ihr den Charakter einer alten, behäbigen Reichsstadt gewahrt hat, das sind die zahlreichen Erker an den Häusern, die in malerischer Licht- und Schattenwirkung die beiderseitigen Fluchten der Strassen unterbrechen und an den Eckhäusern nicht selten über das steil und hoch anstrebende Dach hinauswachsen.
Manche dieser Erker sind mit hübschen Wasserspeiern und zierlich gearbeiteten Fensterpfeilern versehen, und von ihrer Brüstung grüssen dem Beschauer meist die gut ausgeführten Wappen eines früheren Hausbesitzers und seiner Ehefrau entgegen. Zwischen den Schildern liest er auch oft den Namen der Heimstätte und die Jahreszahl ihrer Errichtung oder ihres Umbaues. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts führt nämlich fast jedes Haus der Altstadt seinen besonderen Namen und zwar vielfach auch nach abstrakten Begriffen, die dann, wenn das Vorderhaus vom Hinterhaus unterschieden werden soll, bisweilen zu drolligen Zusammensetzungen führen.
Im innern Ausbau der Häuser tritt nichts typisches hervor. Der weite Hausflur, wie auch die geräumigen hellen Lauben des alten Bürgerhauses sind fast überall verschwunden. Die erstern sind in Verkaufsmagazine, die letztern in Wohnräume umgebaut worden. Erhalten geblieben aber sind bei den bessern Häusern überall die mit Tonnen- oder Kreuzgewölben versehenen, tief ausgegrabenen und solid gemauerten Keller. Auf sie ist bei der Errichtung des Hauses immer besondere Sorgfalt verwendet worden, und man wusste und weiss auch heute noch ihren Wert zu schätzen. Da die Häuser wohl tief, aber meist nur wenig breit sind, so ergeben sich gegen die Strasse hin selten mehr als zwei Zimmer in jedem Stockwerk.
Die Schlafzimmer liegen daher häufig gegen die Hofseite, und es leidet darunter vielfach die Zufuhr von Licht und Luft. Gewöhnlich ist es eben nur ein kleiner Hof, der die Hinterhäuser der einen Strasse von denen der andern trennt. Die Zahl der Stockwerke ist verschieden. In den häufigsten Fällen zählt man deren drei, manchmal aber auch nur zwei oder dann vier. Eine allgemeine Statistik über die Wohnungsverhältnisse mangelt zur Zeit noch. Dagegen ist im Jahr 1895 durch eine von der Gemeinnützigen Gesellschaft veranstaltete Enquête Material über die Wohnungsverhältnisse der unbemittelten Klassen gesammelt worden.
Nach den Ergebnissen der Volkszählung von 1900 besitzt Schaffhausen 1371 bewohnte Häuser mit 3401 Haushaltungen. Es entfallen also im Durchschnitt auf je zwei Häuser 5 Haushaltungen und bei einer Einwohnerzahl von 15275 auf jedes Haus etwa 11 Personen. Im Verhältnis zu den andern Schweizerstädten mit über 10000 Einwohnern ist Schaffhausen damit, nächst Herisau, jetzt schon die häuserreichste Stadt. Gleichwohl macht sich fortdauernd eine rege Bautätigkeit bemerkbar.
Auf fast allen umliegenden Höhen sind teils Villen, teils Arbeiterhäuser entstanden, und wo vor 25 Jahren nur vereinzelte Landhäuser sich befanden, ist nun das Terrain mit ganzen Quartieren überbaut. Eine Hochdruckleitung versorgt die Häuser der Altstadt und diejenigen der Aussenquartiere mit Quell- bezw. Grundwasser, und eine erst in jüngster Zeit mit grossen Kosten erstellte Schwemmkanalisation führt die Abwasser und Fäkalien dem Rhein zu.
[Robert Harder und Architekt J. Stamm.]
Gewerbe und Industrie.
Die Stadt Schaffhausen war schon früh ein nicht unbedeutender Handels- und Speditionsplatz. Der Rhein hört hier auf, schiffbar zu sein, weshalb die Güter, die vom Bodensee den Rhein (das obere Wasser) herunter kamen, ausgeladen und zu Wagen bis unterhalb des Rheinfalles geführt werden mussten, um von da die Weiterreise auf dem «niederen Wasser» anzutreten. Doch auch der Verkehr von N. nach S., von Deutschland ins Innere der Schweiz, war von jeher ein reger. Was Wunder, wenn sich in der Stadt neben dem Handel auch das Gewerbe entwickelte.
Das vom Rhein durch die «Füllenen» den «Wuhren» zugeleitete Wasser trieb die zahlreichen Mühlen, Walken und Schleifen der Stadt; am Rhein und an der Durach siedelten sich die Gerber in grosser Zahl an, und auch die Weber beschäftigten viele Hände, wenn auch nicht so viele, wie in St. Gallen etc. Eifriger Pflege erfreute sich das Kunsthandwerk. Im 16. und 17. Jahrhundert waren die Schaffhauser Glasmaler weit berühmt wegen ihrer Kunst; vier Jahrhunderte hindurch (1432-1823) wurde die Glocken- und Geschützgiesserei von einer Reihe kunstgeübter Meister betrieben, und auch auf dem Gebiete der Uhrenmacherkunst leistete die Stadt vorzügliches. So wusste sich Schaffhausen als Handels- und gewerbetreibende Stadt stets ehrenvoll zu behaupten. Im vorigen Jahrhundert, als sich die Industrie ringsum so rasch und glänzend entfaltete, blieb Schaffhausen zuerst im Rückstand; nur wenige und kleinere Fabriken boten Arbeit und ¶