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von 10404 Personen auf. Davon sind: ständige Einwohner 1732, Angestellte 2172, Arbeiter 1877 und Kurgäste 4623. Daraus ersieht man übrigens auch, dass die Zahl der ansässigen Bevölkerung seit 1900 um 129 zugenommen hat. Im Dorf St. Moritz entwickelt sich auch im Winter ein sehr lebhafter Verkehr (Wintersport), während das mehr im Schatten liegende Bad zu dieser Zeit fast unbelebt ist und die Hotels daselbst alle geschlossen sind. Die Landwirtschaft der St. Moritzer, Wiesen- und Alpwirtschaft, wird fast nur durch fremde (italienische) Wanderarbeiter besorgt.
Die Haupteinnahmequelle für St. Moritz bildet der gewaltige Fremdenverkehr und die ausserordentlich entwickelte Hotelindustrie, wodurch auch andere industrielle Geschäfte sich eines guten Gedeihens erfreuen. St. Moritz ist Sitz einer Bank und dreier Bankfilialen. Seinen Ruf verdankt St. Moritz ohne Zweifel seinen Sauerquellen, deren eine schon im Mittelalter eine gewisse Rolle gespielt hat. Vor der Reformation war St. Moritz Wallfahrtsort, und noch 1519 verlieh Papst Leo X. den Pilgern zur Stätte des h. Maurizius durch eine Bulle befreienden Ablass.
Die Vermutung liegt nahe, dass die Heilquelle am Fuss des Rosatsch dem Ort zu solcher Würde verholfen hat. Dieser sog. Sauerbrunnen war wahrscheinlich schon im Altertum bekannt, doch ist dies nicht sicher erwiesen. Die erste bekannte schriftliche Nennung fällt ins Jahr 1525 und findet sich im Tractatus de morbis tartareis des Paracelsus, der die Quelle als besonders heilkräftig rühmte. Im 17. Jahrhundert war der Piemonteser Arzt Dr. A. Cesati ein Lobredner der Quelle, und ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammt eine Marmorplatte, die mit lateinischer Inschrift die Bedeutung der Quelle für das Thal angibt.
Während aber noch im Sommer 1853 die Zahl der Kuranten in St. Moritz nur 150 betrug, stieg sie bis heute auf viele Tausende. 1853 wurde die Quelle neu gefasst, worauf sie die zehnfache Wassermenge gegen früher lieferte. Ungefähr 200 Schritte von dieser Quelle entfernt fand man 1815 die sog. neue oder Paracelsusquelle, die aber bis 1852 unbenutzt blieb. Heute dient sie vornehmlich als Trinkquelle, wogegen die alte meist zu Bädern benutzt wird. Beide Quellen weichen, wie die Analysen zeigen, ihrer chemischen Zusammensetzung nach nur wenig voneinander ab.
Analyse von Prof. Dr. A. Husemann 1873/1874:
Temperatur | Alte Quelle | 5.4 °C. |
Spezifisches Gewicht | Alte Quelle | 1.002319. |
Temperatur | Neue Quelle | 5.3 °C. |
Spezifisches Gewicht | Neue Quelle | 1.002325. |
Von kohlensauren Salzen (als wasserfreie Bikarbonate berechnet) sind in 10000 Gramm Wasser enthalten:
Alte Quelle | Neue Quelle | |
---|---|---|
Chlorlithium | 0.00848 | 0.00885 |
Chlornatrium | 0.43764 | 0.34683 |
Bromnatrium | 0.00536 | 0.00099 |
Jodnatrium | 0.00013 | 0.00024 |
Salpetersaures Natron | 0.00333 | 0.00721 |
Borsaures Natron | 0.03614 | 0.05228 |
Schwefelsaures Natron | 3.07415 | 3.21101 |
Schwefelsaures Kali | 0.14382 | 0.14800 |
Doppelt kohlensaures Natron | 2.72356 | 1.81518 |
Doppelt kohlensaures Ammoniumoxyd | 0.02928 | 0.02552 |
Doppelt kohlensaures Kalk | 12.26916 | 13.01950 |
Doppelt kohlensaures Strontian | 0.00114 | 0.00119 |
Doppelt kohlensaures Magnesia | 1.97097 | 2.02188 |
Doppelt kohlensaures Manganoxydul | 0.05292 | 0.05588 |
Doppelt kohlensaures Eisenoxydul | 0.33098 | 0.38648 |
Eisenoxydhydrat | - | 0.06108 |
Kieselsäure | 0.40169 | 0.53445 |
Phosphorsäure | 0.00156 | 0.00144 |
Tonerde | 0.00050 | 0.00030 |
Baryt, Caesium, Arsensäure, Kupfer, organische Materien | Spuren | Spuren |
Summe der festen Bestandteile | 21.49711 | 21.71550 |
Wirklich freie Kohlensäure bei Quelltemperatur | 12300.10 cm3 | 12828.12 cm3 |
Sogenannte freie Kohlensäure, bei Quelltemperatur | 18916.06 cm3 | 19565.05 cm3 |
Wieder etwa 200 Schritte sö. von der Paracelsusquelle wurde 1886 eine dritte Quelle gefunden, die in ihrer Zusammensetzung den beiden andern sehr ähnlich ist. Während die ersten beiden Quellen Eigentum der Gemeinde sind und zum Kurhaus-Etablissement gehören, befindet sich die dritte im Besitz der Aktiengesellschaft «Neues Stahlbad St. Moritz». An das Kurhaus reihten sich erst Mitte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts das Hotel Victoria und das Hotel du Lac im Bad, und gleichzeitig nahm das aus sehr bescheidenen Anfängen hervorgegangene Hotel Kulm im Dorf immer grössern Umfang an, worauf neue grössere und kleinere Gasthöfe entstanden. 1889 erbaute man, veranlasst durch die Entdeckung der dritten Quelle, das Hotel «Neues Stahlbad», und heute erhebt sich am Abhang zwischen Dorf und See als grösster der St. Moritzer Gasthöfe das Grand Hotel. Im Besitz des Hotel Kulm in St. Moritz Dorf befindet sich eine Doppelgängerin der sixtinischen Madonna in Dresden, ein aus dem Besitz des Herzogs von Ferrara stammendes Bild von wunderbarer Schönheit, das aus dem 16. Jahrhundert stammt, auf Damast gemalt ist und wahrscheinlich einst ein Panner war. Die Reformation fand in St. Moritz erst 1576, d. h. später als in allen andern Dörfern des Engadin, Eingang; sehr wahrscheinlich hängt dies mit der Stellung von St. Moritz als Wallfahrtsort zusammen. Fund eines Beiles und eines Messers aus Bronze, sowie einer silbernen Alexandermünze. Vergl. Hoffmann, Camill. St. Moritz Bad. (Europ. Wanderbilder. 236/237). Zürich 1895.