entstanden die Volksparteien der
Harten (d. h. der freiheitlich und fortschrittlich Gesinnten) und der
Linden (d. h. der Anhänger
der alten Ordnung). Zu dieser Volksbewegung, deren freiheitliche Führer die Volksmänner Künzle, Condamin, Bossard etc.
waren, stellte sich Abt Beda entgegenkommend, suchte aber fest und klug die allseitigen Interessen zu wahren und schloss
mit dem Lande einen versöhnlichen Vertrag, der ihn mehrfach mit seinem eigenen Stiftskapitel in Widerspruch brachte.
Sein Nachfolger Pankratius vermochte mit seinem strengen Regime der französischen Revolution, welche die ganze Eidgenossenschaft
ergriff und alle Untertanenverhältnisse löste, nicht zu widerstehen. Die äbtische alte Landschaft (das sog.
Fürstenland),
das
Rheinthal undToggenburg machten sich frei. Mit der Bildung des helvetischen Kantons
Säntis 1798 und
des nachherigen Kantons St. Gallen
1803 fielen Fürstentum und Abtei St. Gallen
den neuzeitlichen Anschauungen zum Opfer. Es zeigte sich wohl etwelche
Neigung von
Seite des Staates, die Abtei ohne weltliche Machtbefugnisse fortbestehen zu lassen, doch glaubte Abt
Pankratius, der sich mit der Mehrzahl der Kapitularen in die auswärtigen Klosterbesitzungen zurückgezogen hatte, alle Rechtsanforderungen
aufrecht erhalten zu müssen. Er starb 1828
im KlosterMuri, nachdem er sein Vermögen Kirchen und Armen seines einstigen Untertanenlandes
vermacht hatte. Mit ihm schliesst die Geschichte des fürstlichen Stiftes und
KlostersSt. Gallen ab, das volle 1078 Jahre
bestanden hatte.
Das Wappen der Abtei hatte vier Felder, wovon das erste den schwarzen stift-st. gallischen
Bären in goldenem
Feld, das zweite
das weisse
Lamm der Abtei
St. Johann in blau, das dritte die schwarze toggenburgische Dogge in Gold und das vierte den Familienschild
des jeweiligen Abtes enthielt. Die Landesfarben waren schwarz und gelb. Die Wahl- und Ratsbehörde bildete
der Klosterkonvent, während der von diesem ernannte Fürstabt die Regierung führte. An der eidgenössischen Tagsatzung
hatte die Abtei als zugewandter
Ort Sitz ohne Stimme. Näheres über Stiftsbibliothek, Stiftsarchiv, Kunstwerke der Abtei
und Bibliographie s. bei den Art. St. Gallen
(Kanton und Stadt).
Georgen(Kt. St. Gallen,
Bez. und Gem. Tablat).
754 m. Gemeindeabteilung und schönes grosses Dorf, im obern
Steinachthal und 1 km s. St. Gallen.
Strasse nach St. Gallen.
Drahtseilbahn St. Gallen-Mühleck. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach
St. Gallen.
Zusammen mit
Hub,
Kesswil,
Ladern,
Pfalz,
Scheitlinsbühl,
Schlipf und
Watt: 196
Häuser, 2368 zur Mehrzahl kathol. Ew.; Dorf: 64
Häuser, 919 Ew.
Filiale der Dompfarrei und reform. Kirchgemeinde St. Gallen.
Priesterseminar des Bistums St. Gallen.
Schöne Schulhäuser. Industrielle Ortschaft:
Schokoladefabrik, Maschinenfabrik, Giesserei, Baumwollweberei, Herstellung von Altären.
Steinbrüche. Zahlreiche Bewohner
arbeiten in den Fabriken und Geschäften der Stadt
St. Gallen.
Bischof Salomon von Konstanz liess hier in der Steinachschlucht
die nach ihm benannte Salomonszelle erstellen. Hier liess sich 912 die fromme
Jungfrau Wiborada nieder, die am 2. Mai 925 von
den Hunnen getötet und von Papst Klemens II. 1046 heilig gesprochen wurde. In der Folge entstand dann hier ein Frauen-Benediktinerkloster,
das unter der Aufsicht des Stiftsdekanes von St. Gallen stand und wegen ständiger Zunahme der Zahl der Nonnen 1646-1671
vergrössert werden musste. Nachdem es vom Grossen
Rat des neu gegründeten Kantons St. Gallen
ein erstesmal 1809 und dann endgiltig 1812 aufgehoben
worden war, erhielten die Schwestern zunächst die Erlaubnis, weiterhin in Gemeinschaft zu verbleiben, bis man 1834 den noch
überlebenden fünf Nonnen einen Ruhegehalt aussetzte. 1838 beschloss die katholische Kommission des Grossen Rates, das Priesterseminar
des Bistums St. Gallen
ins Kloster zu
St. Georgen zu verlegen, und 1847 richtete
Bischof Johannes Mirer mit Erlaubnis des Grossen Rates
hier ein Knabenkonvikt ein, das 1855 in ein katholisches Knabenseminar (Präparandenschule) umgewandelt
und 1874 vom Grossen
Rat aufgehoben wurde. Die Lehrkurse des Priesterseminars dauern vom Herbst bis Pfingsten und bereiten
unmittelbar auf den Empfang der Priesterweihen vor.
Hinter dem DorfSt. Georgen liegt das
Philosophenthal, in dem die Mehrzahl
der industriellen Betriebe (mechanische Werkstätten, Maschinenfabrik, Baumwollweberei) sich befindet. Im benachbarten Demutsthal
wurde 1904 das eidgenössische Schützenfest in St. Gallen
abgehalten.
762 m.
Dorf auf einer kleinen Terrasse, deren Steilabfall bis zur
Rhone
hinunter mit
Reben bepflanzt ist, während über ihr ein lichter
Wald ansteigt. 2 km ö. der Station
Raron der Simplonbahn und
vom
FleckenRaron durch zwei Anhöhen getrennt, deren eine die Pfarrkirche und deren andere das alte
SchlossRaron trägt. 39
Häuser, 190 kathol.
Ew. Filialkirche und Rektorat der Pfarrei
Raron. In dem altertümlichen Gotteshaus sah man noch bis um 1830 einen Käfig,
in den während der
Messe ungehorsame oder kranke («besessene») Kinder
gesperrt wurden, um dadurch gebessert oder geheilt zu
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