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verbindet die Stadt mit Vuary. Payerne hat eine bemerkenswerte alte Kirche im romanischen Stil, die bis zur Reformation zum Kloster gehörte und heute noch Abtskirche (Église abbatiale) heisst. Kirche und Kloster müssen in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts unter Adelheid, der Tochter der Königin Bertha, und zu der Zeit, da St. Maiolus Abt von Cluny war, gestiftet worden sein. Die Kirche zeigt den den Bauten der Cluniacenser eigenen Stil und ist in Form eines lateinischen Kreuzes erstellt.
Immerhin stammt der grössere Teil des Baues erst aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Der gotische Glockenturm steht an der Stelle eines einstigen romanischen Turmes und datiert vermutlich aus dem 15. Jahrhundert, während sein Spitztürmchen 1645 aufgebaut worden ist. Die Kirche ist eine der grössten der Schweiz und ist längs der Aussenfront 67 m lang; das Schiff hat eine maximale Breite von 19 m und das Querschiff eine solche von 28 m. Das Längsschiff verengert sich an seinem w. Ende, wo es mit der im 16. Jahrhundert durch einen massiven Bau ersetzten Tour de Saint Michel in Verbindung stand, und ist in seinen Proportionen wenig regelmässig abgeteilt, so dass es ziemlich willkürlich und ohne grosses Kunstverständnis erbaut worden zu sein scheint.
Aussen ist die Kirche sehr einfach gehalten, bildet aber ein durch ihre Masse imponierend wirkendes Bauwerk. Besonders anziehend erscheint sie durch die Mannigfaltigkeit des verwendeten Baumateriales, das zum grössten Teil den Ruinen zu Aventicum (Avenches) entstammt. Romanische Kapitäle und Fresken (solche auch in einer Seitenkapelle). Das Spitztürmchen zeichnet sich durch elegante Bauart und grosse Höhe aus. Im Glockenturm hängen eine grosse und zwei kleine Glocken, die zusammen mit denjenigen der Pfarrkirche ein schönes Geläute bilden.
Während der Zeit der Berner Oberhoheit fiel die Kirche in Ungnade: 1686 wurde sie von der Stadt an die Regierung abgetreten, die sie zu einem Kornhaus umgestaltete. 1804 kam sie an die Stadt zurück und diente zunächst verschiedenen Zwecken, so z. B. als Kaserne und dann bis zum Bau des neuen eidgenössischen Zeughauses an der Place d'Armes auch als Zeughaus. Heute benutzt man das Erdgeschoss als Kornspeicher, während die übrigen Räume leer stehen. Man geht mit dem Gedanken um, dieses Denkmal romanischer Kunst in der Schweiz würdig zu restaurieren. Bemerkenswert ist ferner noch der einstige Kapitelsaal im Kloster, der jetzt als Keller und Lagerraum dient. Oestl. der alten Kirche steht die an Stelle einer einstigen Kapelle etwa 1570 erbaute Pfarrkirche, die eine schöne Orgel besitzt und in der seit 1818 das Grabmal der Königin Bertha sich befindet.
Payerne besass schon unter der Berner Herrschaft eine Lateinschule, die 1841 reorganisiert und in einem neuen Bau untergebracht wurde. Nachdem ihr Bestehen in den politisch erregten Zeiten von 1845 gefährdet gewesen, nahm sie seit 1860 einen neuen Aufschwung. Heute umfasst sie 5 Klassen Latein- und 4 Klassen Industrieschule. Eine 1855 gegründete höhere Töchterschule. Neues Schulhaus. Ein aus 1869 datierendes Museum, das verschiedene einstige Privatsammlungen in sich vereinigt; bemerkenswert ein Sattel, der einst der Königin Bertha gehört haben soll.
Eine 1869 eingerichtete Volksbibliothek mit 5000 Bänden und eine noch ältere religiöse Bibliothek. In einem Hôpital genannten Gebäude hat man 1860 einen Theatersaal eingerichtet. Das Krankenhaus (1867) ist eines der besteingerichteten im Kanton und hat 1885 ein schönes und geräumiges neues Gebäude bezogen. Eine Krippe. Eine 1872 gegründete Korrektionsanstalt (mit Ackerbaukolonie) ist in den letzten Jahren geschlossen worden. Der Kanton wird, sobald es der Stand seiner Finanzen erlaubt, die kantonale Strafanstalt nach Payerne verlegen.
In Payerne gibt es zahlreiche Gesellschaften und Vereine, die sich den verschiedensten Zwecken widmen. Drei Zeitungen. Trotz der intensiven industriellen Tätigkeit beschäftigen sich doch viele der Bewohner mit Landwirtschaft. Bedeutende Wochenmärkte. Payerne ist eine der am meisten Tabak bauenden Gemeinden des Bezirkes, welchem Zweig der Landwirtschaft hier 60 ha eingeräumt sind. Industrielle Betriebe: Fabrik für kondensierte Milch (Gesellschaft Nestlé), Filiale derjenigen in Vevey, mit 200 Arbeitern und einem täglichen Verbrauch von 45000 Liter Milch;
4 Tabak- und Zigarrenfabriken, deren 1859 gegründete erste seit 1870 einen grossen Aufschwung genommen hat und 300 Arbeiter beschäftigt, während die übrigen drei zusammen 225 Arbeiter zählen;
eine Militärkäppi und -mützenfabrik, Musikinstrumentenfabrik, Spinnereien, Sägen, Gerbereien, Mühlen, Ziegeleien, eine Backsteinfabrik, Branntweinbrennerei, Schreinerei, eine Möbelfabrik.
Altberühmt sind die Wurstwaren von Payerne. Ein Bankgeschäft, die 1864 gegründete Banque populaire de la Broye; Agentur der Kantonalbank. Bezirksgericht.
Der Ueberlieferung nach soll Payerne von Marcus Dunnius Paternus, dem Duumvir der Kolonie Aventicum, im 2. Jahrhundert n. Chr. gegründet worden sein, doch entbehrt diese Annahme jeder geschichtlichen Unterlage. Mehr Sicherheit bietet eine Angabe des Kartulars von Lausanne (aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts), wonach Bischof Marius um 595 die Kirche von Payerne zu Ehren Unserer Lieben Frauen gestiftet hätte. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts bestand in Payerne ein der Abtei Baume bei Besançon unterstelltes Ordenshaus, das durch Vergabung von Seiten des Königs Rudolf I. von Burgund 904 an die Abtei Gigny in der Freigrafschaft überging. Im 10. Jahrhundert tritt in den Urkunden der welschen Schweiz die Königin Bertha auf, deren Andenken im Volk des Waadtlandes und besonders des Bezirkes Payerne immer noch fortlebt. 962 vergabte diese Bertha, Witwe von Rudolf II., die Stadt Payerne mit ihrem gesamten Grundbesitz dem Abt des Klosters Cluny, St. Maiolus, mit der Bestimmung, dass er hier ein Cluniacenserkloster erbaue.
Das Original dieser allgemein das Testament der Königin Bertha genannten Urkunde ist zwar verloren gegangen, doch werden Abschriften davon im Freiburger und im Waadtländer Staatsarchiv aufbewahrt. König Konrad, der Sohn von Bertha, bestätigte die Schenkung und fügte ihr neuen Grundbesitz und neue Rechte bei. Königin Bertha verbrachte auch einen Teil ihres Lebens in Payerne, das damals Hauptstadt des transjuranischen Burgunderreiches war. Sie war eine sehr fromme Frau und unermüdlich in ihren Bestrebungen zur Wohlfahrt der Untertanen; so liess sie z. B. Burgen und feste Türme errichten, um das Land vor den Einfällen und Plünderungen der Sarazenen und Ungarn zu sichern.
Sie soll etwas vor 970 gestorben und wie König Konrad und sein Sohn Rudolf III., der letzte König Burgunds († 1032), in Payerne begraben worden sein. 1033 liess sich sodann Kaiser Konrad der Salier in Payerne zum König von Burgund krönen. Von da an ist die Geschichte der Stadt bis ins 13. Jahrhundert in Dunkel gehüllt. Bis 1220 war der deutsche Kaiser Kastvogt des Klosters Payerne und liess dieses Amt durch die Herzoge von Zähringen verwalten. Dann erhoben sich hinsichtlich dieser Kastvogtei zwischen den Herren von ¶