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keineswegs etwa den Charakter einer zum stillen Provinzstädtchen degradierten ehemaligen Residenz, da die Behörden es stets verstanden haben, mit allen Anforderungen und Fortschritten der Neuzeit Schritt zu halten. Schone öffentliche Parkanlagen, zahlreiche Privatgärten und breite Uferquais mit schattenspendenden Baumreihen hüllen die Stadt in ein freudiges Grün und geben ihr ein eigenartig behäbiges und vornehmes Gepräge. Dazu verfügt Neuenburg auch über alle modernen Hilfsmittel zur schnellen und bequemen Bewältigung des Verkehrs.
Früher floss der aus dem Val de Ruz herabkommende Seyon längs der Rue de l'Écluse und Rue du Seyon offen durch die Stadt und trennte den Schlossberg einerseits von den Hügeln von Les Chavannes und Le Neubourg andererseits. Dieser unberechenbare Wildbach lag meist trocken, konnte aber zu Zeiten mit seinen plötzlich heranbrausenden Hochwassern grosse Verheerungen anrichten. 1844 lenkte man ihn vor seinem Eintritt in die Stadt ab und führte ihn durch einen unter dem Schlossberg durchgehenden Tunnel, die sog. Trouée du Seyon, in gerader Linie in den See, auf welchem Weg er sich beim Austritt aus dem Tunnel mit schönen Kaskaden über zwei Schwellen hinunterstürtzt.
Von allen umliegendem Höhen (besonders der Colline des Cadolles über Le Plan und der Colline du Mail) aus gesehen bietet der Niederblick auf die von dunkelm Wald beherrschte und von Weinreben umgebene Stadt mit der zwischen der Montagne de Boudry und der Tourne eingeschnittenen breiten Oeffnung des Val de Travers (dem einst sog. Trou de Bourgogne oder Burgunderloch) und mit dem breiten, schimmernden Seespiegel ein überraschend schönes Bild.
Topographie.
Die Sternwarte Neuenburg liegt in 47° 0' 1" NBr. und 6° 57' 28" OL. von Greenwich. Die Meereshöhe der Stadt beträgt am Seeufer 434 m, auf dem Plan 580 m, beim Bahnhof 480 m und auf der Schlossterrasse 472 m. Die untere Stadt steht auf einer von Serrières bis Monruz 5 km langen und vom See bis zum Jurafuss blos 1-3 km breiten Uferterrasse, während die obere Stadt den durch isolierte Hügel und vorspringende Bergsporne reich gegliederten S.-Hang des Chaumont bis weit hinauf erklettert.
Die das jurassische Gewölbe des Chaumont einst überdeckenden Kreideschichten sind durch Erosion und Verwitterung bis tief hinunter abgetragen worden, so dass sie jetzt nur noch am Fuss der Kette anstehen, wo sie in der Stadt Neuenburg drei Stufen bilden: zu oberst bei der Roche de l'Ermitage, der Écluse und am Vauseyon eine Valangienstufe, in der Mitte eine Hauterivienstufe (Schlosshügel, Le Tertre, Crêt Taconnet und N.-Seite der Colline du Mail) und zu unterst eine Urgonstufe (Le Crêt, S.-Seite der Colline du Mail und Seeufer).
Der gelbe Baustein, aus dem die Mehrzahl der Bauten Neuenburgs besteht und der der Stadt ein so eigentümliches Gepräge verleiht, gehört dem Neocom an, das seinen Namen von der latinisierten Form Neocomium für Neuenburg erhalten hat. Die Stadt ist derart gelegen, dass man sie nur gegen O. (Biel) und W. (Yverdon) ebenen Fusses verlassen kann, während im S. der See sich ausbreitet und im N. noch in der Stadt selbst die steilen Gehänge des Chaumont ansteigen, die nur in dem Thälchen des Vauseyon etwas weniger stark geböscht sind.
Der Gipfel des Chaumont selbst (1175 m) ist durch eine bequeme Strasse und zahlreiche Fusswege mit der Stadt verbunden, bietet eine umfassende Aussicht und bildet ein sehr beliebtes Ausflugsziel der Neuenburger. An seinen mit sehr schönen Waldungen und Sennbergen bekleideten Gehängen stehen zahlreiche niedliche Chalets, die im Sommer von wohlhabenden Familien aus der Stadt bewohnt werden. Das Volk pflegt dann kurz und bündig zu sagen, dieser oder jener Herr sei jetzt in «seinem Chaumont» zu treffen. Die Gemeinde Neuenburg umfasst neben der eigentlichen Stadt noch den industriellen Vorort Serrières (s. diesen Art.), die Weiler Suchiez und Monruz und beinahe den ganzen Berghang. Sie hat eine Fläche von 15129144 m2, die nach der Katastervermessung von 1872 sich folgendermassen verteilten:
m2 | |
---|---|
Wohnhäuser | 215864 |
Oekonomiegebäude | 254065 |
Gärten | 262588 |
Rebberge | 1701137 |
Baumgärten | 476561 |
Wiesen | 384694 |
Aecker | 2349976 |
Wald | 7150001 |
Weiden | 1520263 |
Steinbrüche | 17226 |
Strassen und Gassen | 546691 |
Eisenbahnen | 197143 |
See | 52935 |
Total Gemeinde | 15129144 |
Neuere Daten stehen nicht zur Verfügung, doch kann man bestimmt sagen, dass die überbaute Fläche und die Strassen- und Eisenbahnanlagen auf Kosten hauptsächlich der einst mit Reben bepflanzten Fläche heute wesentlich höhere Ziffern aufweisen.
Neuenburg ist ein wichtiger Strassen- und Eisenbahnknotenpunkt. Die älteste Strasse ist die dem Seegelände entlang ziehende sog. Vy d'Étraz (via strata), die in ¶