Bis Ende 1797 bildete die
Prévôté einen Teil der Ländereien des Fürstbischofs von Basel
und gehörte infolge dessen zum deutschen
Kaiserreich. Im 15. Jahrhundert schloss das Ländchen ein Burgrecht mit Bern;
zudem besass es einen vom Fürstbischof
bestätigten Freiheitsbrief, kraft dessen die Prévôtois sich als frei betrachten konnten. Ihre Interessen wurden durch
den «Bandelier», der zugleich ihr Richter und ihr militärischer Führer
war, vertreten. Die Reformation, die hier durch Farel 1530 gepredigt wurde, entzweite das bis dahin so
ruhige Völklein; die Chorherren von Moutier mussten 1534 ihr
Heim verlassen und zogen sich nach
Delsberg zurück. Um dem Lande
den
Frieden wieder zu geben, wurde 1711 im Vertrag von
Aarberg bestimmt, dass die reformierten Prévôtois sich in dem
«Sur
les
Roches» genannten Teil (d. h. oberhalb der
Felsen, welche n. von
Choindez den Eingang zur
Schlucht von
Moutier bilden) ansiedeln und dass die Katholiken unterhalb dieser
Felsen bleiben sollten.
Darum sind heute noch die Kirchgemeinden
Courrendlin,
Courchapoix,
Corban und
Mervelier katholisch. Die katholischen Pfarreien
Les Genevez und
Lajoux (bis 1793 die Courtine de
Bellelay genannt) kamen erst 1815 zum Bezirk Moutier. 1797 wurde
die
Prévôté von den Franzosen erobert und zu Frankreich geschlagen, das nun hier Truppen für seine Feldzüge aushob.
Der Wienerkongress sprach 1815 dieses Ländchen wie überhaupt den grössten Teil der Besitzungen des Fürstbischofs dem Kanton Bern
zu. Industrie und Eisenbahnverkehr haben hier einen ungewöhnlichen und stets noch wachsenden Wohlstand
geschaffen.
deutsch
Münster (Kt. Bern,
Amtsbez. Moutier). Gem.,
Flecken und Hauptort des gleichnamigen Bezirkes; 12 km s. von
Delsberg,
im romantischen Birsthal: umgeben von der
Montagne de Moutier im N., dem
Graitery im S., den grossartigen
Schluchten von
Court
im SW. und denjenigen von Moutier im NO.;
an der Stelle, wo das
Grandval von rechts ins Birsthal einmündet.
Die Kirche liegt 565 m, der Bahnhof und das neue
Quartier 528 m hoch. Station der Linien
Basel-Delsberg-Biel und
Moutier-Solothurn.
Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach
Crémines-Corcelles-Gänsbrunnen
(Saint Joseph) und nach
Souboz. 282
Häuser, 621 Haushaltungen
und 3090 Ew., wovon 2195 Reformierte, 856 Katholiken, 7 Israeliten und 32 Personen andern Glaubens. 1900 Ew. sprechen französisch, 1079 deutsch, 106 italienisch
und 31 eine andere Sprache.
Da alle
Schulen französisch sind, werden die Deutschen schliesslich verwelscht werden. Die Lage von Moutier am S.-Fuss der
Montagne de Moutier und an der Kreuzung der
StrassenBasel-Delsberg-Biel und
Grandval-Petitval ist für die
Entwicklung seiner Industrie und seines Handels sehr vorteilhaft. Das alte Moutier bestand einst aus nur 2 Hauptstrassen
auf dem linken Ufer der
Birs; jetzt dehnt sich der
Flecken
über die beiden Ufer des Flusses aus, und seine
hübschen
Häuser erklettern die sonnigen Gehänge der
Montagne.
Doch zieht sich der
Ort hauptsächlich von SW. nach NO. in die Länge. Die Bahnhofstrasse wird zum eleganten
Quartier mit anmutigen
Villen. Der Bahnhof steht nicht weit vom s. Eingang in die
Schlucht von Moutier und zieht die Neubauten an sich.
Der sw. Teil des
Ortes entwickelt sich dagegen langsamer; er enthält die grossen Uhrenfabriken, den Friedhof mit der
Kapelle
von
Chalière (deutsche reform. Kirche), die 1871 geweihte katholische Kirche und 2,6 km sw. von der Station eine Backsteinfabrik
und eine 1820 gegründete
Glashütte, die den
Sand aus den
Steinbrüchen von
Souboz bezieht. N. vom
Flecken
steht auf einer das Thal beherrschenden Anhöhe in ihrer anmutigen Einfachheit die Pfarrkirche, die 1859 an der Stelle und
mit den Ueberresten des alten
Klosters und der alten Stiftskirche erbaut wurde.
Sie ist eines der schönsten Gotteshäuser des
Jura. Auf der gleichen Terrasse befinden sich der 1870 erbaute
Amtsspital, das monumentale
Schloss mit Mauerzinnen, das den Amtsbehörden zum Sitz dient, und endlich das Gefängnis. Das
mitten im
Flecken stehende Rathaus bietet nichts Bemerkenswertes. In ihm wählten die Abgeordneten der Gemeinden einst ihren
«Bandelier»; ferner hat das Gebäude die Primar- und Sekundarschule beherbergt,
bis 1904 ein neues Schulhaus eröffnet wurde.
Moutier hat bedeutende Uhrenfabriken, Ziegeleien und Backsteinfabriken, eine
Glashütte, eine Töpferei,
Sägen, eine Korbwarenfabrik,
verschiedene Baugeschäfte und 2 Buchdruckereien. Giessereifiliale der von Roll'schen Eisenwerke in
Gerlafingen; mechanische
Schreinerei. Blühende Landwirtschaft, 5 grosse
Messen; bedeutender Holzhandel. Die Gemeinde lässt sich die Pflege des Schulwesens
sehr angelegen sein und besitzt ausser den Primarschulen noch eine gemischte Sekundarschule und eine
Kleinkinderschule.
Sparkasse und Volksbank. Amtsspital. Zahlreiche Vereine: 10 Gesangvereine, eine Blechmusik;
Spar-, Abstinenz-, Turnvereine,
landwirtschaftliche, dramatische und kaufmännische Vereine. Diese letzten richten jedes Jahr Fortbildungskurse ein. Moutier
hat ein vollständiges Hydrantennetz und Hauswasserversorgung; elektrische Kraft zu Beleuchtung und Maschinenbetrieb
bezieht es aus zwei in den
Schluchten von
Court an der
Birs stehenden Werken. Gesundes Klima, reine und frische Luft, reizende
Spaziergänge in den benachbarten Tannenwäldern. Die Sommerhitze wird durch die frische Bergluft gemässigt; Winter kalt
aber trocken und fast nebellos. Alle diese Faktoren wären für eine Entwicklung von Moutier zum Luftkurort
ausserordentlich günstig.
Die Entstehung von Moutier geht ins 7. Jahrhundert zurück; wahrscheinlich wurde seine Umgebung durch
Mönche von Luxeuil
urbar gemacht und von ihnen
Grandval geheissen. Auf der Terrasse, wo jetzt Kirche und
Schloss stehen, erbauten sie ein Kloster
(Münster oder Moutier), dem man, um es von andern
Klöstern zu unterscheiden, den Namen
Moutier-Grandval
gab, unter welcher Bezeichnung es in vielen modernen Werken vorkommt. Die ersten
Mönche waren die Heiligen Germanus und Randoald,
die eine rege Tätigkeit entfalteten, bis sie 666 durch Cathicus ermordet wurden. Das
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