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auf Felsen ruht, bildet Krienbachgeschiebe den Untergrund des Stadtteiles zur Linken des Flusses. Die Geschiebeablagerung des Krienbaches im Verlauf der Jahrhunderte war nach Dr. Kaufmann derart, dass der Schuttkegel den Ausfluss des Luzernersees um 2,5-3,0 m aufgestaut hat. Aus diesem Grund kommen die Bauten auf der Kleinstadtseite auf fest eingerammte Pfähle zu stehen. So verschlang z. B. das Fundament der Jesuitenkirche (1667/68) die schöne Summe von 9000 Gulden, «weilen es in einer sünffte dauerhaft zu legen kostbar gewesen.» Der Bahnhof ruht auf einem Rost von 3700 Pfählen. Dieser Unterschied im Baugrund machte sich bei den im Lauf der Jahrhunderte eingetretenen Erdbeben für die Kleinstadt oft unangenehm fühlbar.
Weitaus die meisten Privathäuser waren bis zum Ende des 15. Jahrhunderts aus Holz gebaut und oben mit zahlreichen Storchennestern versehen, weshalb Luzern noch 1499 spottweise das «hölzerne Storchennestlin» hiess. Zahlreiche grosse Feuersbrünste, so der die Grossstadt in Asche legende Brand von 1340, gaben Veranlassung zu scharfen Feuervorschriften. Das erste steinerne Privathaus erstund 1385 an der Weggisgasse. Das Material zu den Steinbauten lieferten meist die «oberkeitlichen» Steinbrüche im Bruch und Wey zu Luzern und der wetterharte Baustoff vom Hertenstein (Hofkirche, Rathaus etc.).
Der erste Vorstoss auf dem Gebiet der baulichen Erstwickelung blieb erst dem 19. Jahrhundert vorbehalten. Dem Geiste der Neuzeit fielen der Reihe nach zum Opfer das Sentitor 1833, das Hoftor 1836, das äussere Weggistor, das obere Tor und der Kesselturm 1860, der Schwarzturm, Haberturm und das Baslertor 1862, das Bruchtor, der Graggen- und Bürgerturm 1864. Zwischen 1833 und 1870 wurde der bis zur Seebrücke reichende Jesuitenquai angelegt. 1836-1852 verschwand dann die Hofbrücke stückweise; an ihren Platz rückte der jetzt viel genannte Schweizerhofquai, dem 1871 noch der Nationalquai angeschlossen wurde.
Der Hirschengraben war zwischen 1853 und 1860 und der Rest des Grendelkanals 1835 überwölbt worden. Nach Einführung der städtischen Wasserversorgung endlich (1876) dehnte sich die Bautätigkeit schnell auf die umliegenden aussichtsreichen Hügel Musegg, Hitzlisberg, Wesemlin etc. aus. Es entstanden neue Quartiere mit breiten Strassenzügen und modernen Häusergevierten, worunter sich eine stattliche Auslese von Stilarten aber auch langweilige Mietskasernen finden.
Wie sich das alte Luzern im Geiste seiner Zeit mit Mauern und Türmen bewehrte und gegen das Fremde abschloss, so öffnet jetzt das neue Luzern - unter veränderten Rechts- und Verkehrsverhältnissen - den Fremden Tür und Tor. Es arbeitet rastlos weiter an seiner Ausschmückung, unterstützt durch hochentwickelte Gärtnerkünste und durch die unter dem Einfluss der Kunstgewerbeschule aufblühende Bildhauerei und Kunstschlosserei. Es sind prächtige Villenquartiere mit zum Teil bemerkenswerten Bauten (Haldenstrasse Obergrund etc.) im Entstehen begriffen.
Die grössern Kirchen, das Rathaus, der Weinmarktbrunnen und viele Privatbauten sind gediegenen Renovationen unterzogen worden. Das reizende Landschaftsbild trägt das seinige dazu bei, die Stadt bei Einheimischen und Fremden in angenehmer, traulicher Wohnlichkeit erscheinen zu lassen. Von den Bollwerken des alten Luzern haben sich als würdige und malerische Ueberreste erhalten die neuntürmige Museggmauer, der Bagharzturm an der Seebrücke und das gewaltige, altersgraue Oktogon des Wasserturms im Reussfluss. Dieser wurde im 13. Jahrhundert gebaut, misst 39 m im Umfang und 20 m in der Höhe. Er diente früher als Gefängnis und Schatzkammer, jetzt wird dort ein Teil des städtischen Archives und das Wertschriftendepot plaziert.
Unter den Kirchen nennen wir an erster Stelle die Stiftskirche im Hof. Sie wurde nach dem Brand vom unter Leitung des Jesuitenbruders Jakob Khurer aus Ingolstadt in den Jahren 1633-35 neu erstellt. Die zwei 75 m hohen gothischen Türme blieben erhalten. Der Bau ist beachtenswert für die deutsche Renaissance da er in die Zeit des 30 jährigen Krieges fällt, während welcher in deutschen Landen die Kunst darnieder lag. Den Choraltar, in schwarzem Marmor mit Alabasterdekorationen und einem Gemälde von Lanfranco, schenkte der päpstliche Geschäftsträger Ranutius Scotti.
Das Chorgestühl ist reich in Gestalten und Plastik. Die Kirche schmücken ein aus Stabeisen kunstvoll geschmiedetes Chorgitter von über 8 m Breite, ein reich durchbrochenes, vergoldetes Taufsteingitter, zwei vortreffliche Renaissancereliefs («Pieta» und «Mariä End») und andere schöne Skulpturen und Kunstwerke. Die 1650 durch Johann Geissler erstellte und wiederholt verbesserte Orgel zählt heute 95 Register und 4950 Pfeifen. Auf drei Seiten ist die Kirche von toskanischen Säulenhallen umgeben, unter denen zu Füssen der altehrwürdigen Hofkirche die alten Bürgergeschlechter den letzten Schlaf schlummern und wo manch' kurzes Epitaph ein vollbeschriebenes Blatt aus der Landesgeschichte bedeutet.
An der Reuss erheben sich die neuen Türme des imposanten Barokbaues der Jesuitenkirche. Sie wurde 1667-1673 erstellt, hat 8 Kapellen und 2 Seitenemporen und überrascht durch die kühne Wölbung der Decke und den 21 m hohen Hochaltar, der mit einem Votivgemälde von Domenico Torriani aus Mendrisio geschmückt ist. Die Altäre und Kanzel in Porphyrstukk sind von Christ. Brack ausgeführt worden.
Der gotische Chor der Franziskanerkirche gehört zu den ältesten Bauten der Stadt (Anfang des 14. Jahrhunderts). Er besitzt ein massives Steingewölbe, Glasgemälde und ein prächtiges Chorgestühl. Im Schiff der Franziskanerkirche pflegte die kriegsgeübte Mannschaft des alten Luzern die auf Feldzügen und in Schlachten erbeuteten Fahnen auszustellen. Es finden sich hier 42 getreu nach den bis 1622 in der Kirche aufbewahrten Originalen gemalte Trophäen aus der Sempacherschlacht, den Burgunder-, Schwaben- und Soldkriegen und aus der Seeschlacht von Lepanto. Die schöne, reichgeschnitzte Kanzel erstellte 1628 Niklaus Geiser von Schweinfurt. Durch zwei Spitzbogen gelangt man auf der linken Seite zur Muttergotteskapelle, einem reichdekorierten Renaissancebau aus dem Jahr 1626. An die Vorhalle schliesst sich die 1434 errichtete und 1656 umgebaute Antoniuskapelle an; der achteckige Bau mit Laternenkuppel und einem Altarbild von Paul Deschwanden ist 1894 köstlich renoviert worden.
Der berühmten Kapellbrücke und dem Kapellplatz hat die St. Peterskapelle, ein bescheidenes Bauwerk von sonderbarer Gestalt, den Namen verliehen. Sie bestund schon vor 1178 und wurde im alten Luzern als Versammlungsort für die Gemeinde benützt. Heute schmücken dieses kleine Gotteshaus fünf Altargemälde ¶