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Die Felswände der mittleren Zone tragen dagegen meistens den Weissdorn, die Zwergmispel (Cotoneaster vulgaris), strauchige Kronwicke (Coronilla emerus), Gebüsch von Mehlbeerbäumen, skandinavischen Ebereschen, Alpenkreuzdorn und Wachholder, während auf den schmalen Rasenbändern («vires») das Laserkraut (Laserpitium siler und L. latifolium) grosse Büschel bildet und daneben Alpendistel (Carduus defloratus), Mauer-Habichtskraut (Hieracium murorum), Hasenohr (Bupleurum falcatum), geruchlose Nelke (Dianthus inodorus), blaue Seslerie (Sesleria cœrulea) und Sonnenröschen (Helianthemum vulgare) blühen.
Von den für die Schutthalden des Jura charakteristischen Arten können wir nennen die Hundsbraunwurz (Scrophularia canina) und die spezifisch jurassische Hoppe'sche Braunwurz (Scrophularia Hoppei), den Bergbaldrian (Valeriana montana), die niedrige und rundblätterige Glockenblume (Campanula pusilla und C. rotundifolia), stinkende Niesswurz (Helleborus fœtidus), Zypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias), das basilienartige Seifenkraut (Saponaria ocymoides), den blassgelben Schotendotter (Erysimum ochroleucum) u. a. Die Karrenfelder oder nach allen Richtungen hin ausgewaschenen und mit Spalten durchsetzten Kalksteinflächen, die grossen Klüfte und feuchten Schluchten, die oft mit üppig vegetierenden Farnen mit Adenostyles und Mulgedium ausgekleidet sind, bilden alle für sich besondere Standorte mit eigenartiger Florenentwicklung, die aber im ganzen Gebirge ziemlich allgemein sich wiederholt.
Die Hochmoore nehmen zwar im Juragebirge als Ganzes keinen grossen Raum in Anspruch, bilden aber unbestreitbar seine interessanteste Pflanzenformation und zugleich diejenige, die uns die wertvollsten Aufschlüsse über die Entwickelungsgeschichte der jurassischen Flora an Hand gibt. Während sumpfige Wiesenmoore (saignes, sagnes, mouilles, laichères) beinahe überall im ganzen Gebirge und in fast allen Höhenstufen vorkommen, sind die eigentlichen Hochmoore mit über das Wasser aufragenden Pflanzeninseln und -polstern beinahe ausschliesslich auf den zentralen Jura beschränkt. Vom Berner Jura und den Freibergen an werden diese Hochmoore nach S. zu immer häufiger und erreichen ihre bedeudendste Entwicklung da, wo das Gebirge am breitesten ist, d. h. im Neuenburger und Waadtländer Jura. Sie liegen hauptsächlich in den Hochthälern zwischen 700 und 1000 m, die zwischen den parallelen Ketten des Jura oft stundenlang, aber in geringer Breite sich hinziehen.
Die bekanntesten dieser von Lesquereux, Charles Martins, Gagnebin u. A. untersuchten und beschriebenen Hochmoore sind die von Bellelay, La Chaux d'Abel, Les Pontins, La Sagne, Les Ponts de Martel, La Brévine, La Vraconnaz, Les Rousses etc. Die Physiognomie dieser Formation ist ausserordentlich charakteristisch und erinnerte Charles Martins an die von ihm besuchten Landschaften Lapplands. Es gibt nichts niederdrückenderes und melancholischeres als eine an einem trüben Herbsttag unternommene Wanderung durch diese Gebiete mit ihren von tief herabhängendem Nebel umwallten weiten Sumpfflächen und gespenstig vom Horizont sich abhebenden dunkeln Kiefergruppen.
Diese verkrüppelten und gleichsam rhachitisch gekrümmten Stämme mit ihren auf dem Moose aufliegenden und nach oben zu einem rundlichen Wipfel sich schliessenden Aesten werden begleitet von einigen kümmerlichen Ebereschen und Birken, deren weissglänzendes Laubwerk einen lebhaften Gegensatz zu den dunkeln Koniferen bildet. Rund herum stehen auf den schwammigen, grünen, grauen oder rötlichen Moos- und Riedgraspolstern als weitere Vertreter der holzartigen Gewächse zahlreiche niedrige Sträucher, wie Heidel-, Rausch- und Preisselbeere (Vaccinium myrtillus, V. uliginosum und V. vitis idaea), schwarze Rauschbeere (Empetrum nigrum), blaue Lonizere (Lonicera coerulea), kriechende und Ohr weide (Salix repens und S. aurita), Zwergbirke (Betula nana) und die seltene Betula nana × pubescens, Andromeda (A. polifolia), die Moosbeere (Oxycoccus palustris) mit ihren entzückend rosenroten Kronblättern und endlich die über Wasser rasch grosse Flächen erobernde Besenheide (Calluna vulgaris).
Hier und da unterbrechen die Eintönigkeit des Hochmoores grosse Wasserlachen, an deren Rändern sich die weissflockigen Wollgräser dicht aneinander drängen. Binsen und Seggen bilden allmählig feste kleine Raseninseln, die dem nach den schwimmenden Algen und Wasserschlaucharten (Utricularien) begierigen Botaniker zwischen dem schwammigen Moos einen willkommenen festen Anhalt bieten. Leider büssen diese jurassischen Hochmoore ihren ursprünglichen Charakter mehr und mehr ein.
Regelmässige und tiefe Einschnitte, an deren Grund schwarzbraunes, mit Wasserlinsen bedecktes Wasser ruht, entwässern den Boden und schaffen allmählig andere Vegetationsverhältnisse. Mit der zunehmenden Zahl der unter Bretterhütten aufgeschichteten Torfziegel trocknet der Boden aus und überzieht sich mit Seggen und Heidekraut, auf die dann langsam eine immer dichter werdende Grasnarbe folgt. Damit verschwinden nun endgiltig die Torfmoorpflanzen, deren durch Jahrhunderte fortgesetzte Arbeit das einstige Hochmoor langsam aufgebaut hatte.
Von den für die Hochmoore am meisten bezeichnenden Kräutern und Gräsern sind zu nennen Carex heleonastes, C. pauciflora und C. chordorrhiza, Scheuchzeria palustris, Calamagrostis neglecta und Saxifraga hirculus, die mit ihren schönen gelben Blüten oft Flächen von mehreren Quadratmetern überzieht; ferner Orchis Traunsteineri, Sagina nodosa, Alsine stricta, Comarum palustre, Viola palustris, Sweertia perennis, Gentiana campestris und G. pneumonanthe, Cineraria spathulaefolia und C. campestris, Trichophorum alpinum, T. vaginatum und T. gracile.
Auf den über Wasser aufragenden Moospolstern öffnen sich neben den Andromeden und Sumpfmoosbeeren die zarten Blattrosetten des Sonnentaus (Drosera) mit ihrem Kranz von Drüsenhaaren, in denen sich die Sonnenstrahlen farbig brechen. Aus den Wasserlachen erheben sich mitten zwischen Algen und Utricularien die langen Stengel des Igelkolbens (Sparganium natans). Alle die genannten Pflanzen sind arktische Formen aus dem nördlichen Europa oder sogar (wie Empetrum nigrum, Alsine stricte, Viola palustris, Saxifraga hirculus) ¶