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Gebäudeschaden wurde auf 4600000 Fr., der Mobiliarschaden auf 4120000 Fr. geschätzt; der Gesamtschaden überstieg 10 Millionen Fr. Die Liebesgaben erreichten den Betrag von 2500000 Fr., und der Bund stellte dem Kanton 1 Million Fr. für 10 Jahre zinslos zur Verfügung.
Unterstützt durch diese Hilfeleistungen, die eines der grossartigsten Beispiele nationaler Bruderliebe bilden, wurde von der Bevölkerung der Wiederaufbau der Stadt mit grosser Tatkraft durchgeführt. Um einen ebenen und mehr in die Breite ausgedehnten Baugrund zu gewinnen, wurde der 23 m hohe Tschudirain, ein Bergsturzhügel, der sich vom Bolen her in nö. Richtung mitten in den alten Flecken hinein erstreckte und den Bauplan des alten Glarus bedingt hatte, abgetragen und dann die Ortschaft nach einem neuen rationellen Plane gebaut.
Das neue Glarus folgt in seiner Längenentwicklung der Richtung des Thales und wird von S. nach N. von drei Hauptstrassen (Hauptstrasse, Burgstrasse und Bolenstrasse) und 4 Nebenstrassen durchzogen, die von einer Reihe von Querstrassen rechtwinklig durchkreuzt werden. Mit seinen breiten, wohlgepflegten Strassen und öffentlichen Plätzen, die Licht und Luft reichlich zuströmen lassen, seinen zwar eines reichern architektonischen Schmuckes meistens entbehrenden, aber doch saubern und mancherorts von freundlichen Gärtchen umgebenen Häusern, macht es auf den Besucher einen angenehmen Eindruck. An die regelmässigen Strassencarrés schliessen sich im S. und W. die vom Brande verschont gebliebenen alten Quartiere an, die zum Teil (Oberdorf, Eichen, Langenacker) ihren ursprünglichen dorfartigen Charakter bis heute bewahrt haben. Eine Reihe von Villen mit prächtigen Gartenanlagen sind im N. und W. zwischen diese alten Stadtteile eingestreut.
Glarus ist nicht reich an Sehenswürdigkeiten, da der grosse Brand fast alle historisch und architektonisch interessanten Gebäude des alten Fleckens zerstört hat. Wir erwähnen in erster Linie die am W.-Rand der Stadt gelegene neue Kirche, eine im romanischen Stile ausgeführte Basilika mit zwei Türmen, in der beide Konfessionen ihren Gottesdienst abhalten. Sie ist mit einem prachtvollen, aus 8 Glocken bestehenden Geläute und einem vorzüglichen Orgelwerke ausgestattet. In der Sakristei wird der Zwinglibecher gezeigt, ein uralter Abendmahlskelch, dessen sich Zwingli bei der Messe bediente.
Auf dem Marktplatz steht das Regierungsgebäude mit hübscher, im Renaissancestil ausgeführter Façade. Es enthält im Treppenhaus ein Relief des Kantons Glarus in 1:25000 von Professor Becker und im Landratssaale ein Relief des Bergsturzes von Elm in 1:4000 von Professor Heim. Das architektonisch schmucklose Gerichtsgebäude am Spielhofplatz enthält das glücklicherweise durch den Brand nicht zerstörte Landesarchiv mit vielen wertvollen historischen Antiquitäten, worunter sich die alten Bundesbriefe und das ehrwürdige Näfelser Schlachtbanner befinden; ferner die Gemäldesammlung des Kunstvereins und die Landesbibliothek mit etwa 14000 Bänden und vielen für die Landesgeschichte wertvollen Handschriften.
Eine Zierde der Stadt bildet das im Jahr 1896 eröffnete neue eidgenössische Postgebäude an der Bahnhofstrasse. In seinem obern Stockwerke ist das kantonale naturhistorische Museum untergebracht, das unter anderm durch eine vollständige Sammlung der Fischversteinerungen des tertiären Glarnerschiefers ausgezeichnet ist. In prächtiger Lage am S.-Fuss des Sonnenhügels befindet sich der im Jahr 1881 eröffnete, 1899 durch einen Neubau erweiterte, vorzüglich eingerichtete Kantonsspital mit etwa 100 Betten. Im Jahr 1900 wurden darin 671 Kranke mit zusammen 29140 Krankentagen verpflegt und überdies in seiner Poliklinik noch 815 Kranke behandelt. ¶