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Aarberg ab, in viele Arme sich zerteilend und zahlreiche Schlingen bildend, dem Ostrande des grossen Mooses entlang gegen Büren hin, wo die ebenfalls träge dahin schleichende alte Zihl, der Ausfluss des Bielersees, sich mit ihr vereinigte. Die Ueberschwemmungen bei Hochwasser der Aare und lange andauernden Regenperioden führten schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zu Versuchen, durch Korrektionsarbeiten dem Uebel zu steuern. Die grosse Ueberschwemmung von 1816 veranlasste dann die Regierung von Bern, durch den badischen Ingenieur Tulla eine Expertise vornehmen zu lassen, deren Vorschläge aus Mangel an Beteiligung seitens der andern Kantone nicht zur Ausführung kamen.
Infolge politischer Wirren unterblieben weitere Schritte bis 1834, in welchem Jahre wiederum im Auftrage der Berner Begierung, Lebwel ein Gutachten über die Austrocknung des Seelandes abgab. Auch seine Propositionen wurden verlassen. 1835 tauchte zum erstenmal die Idee auf (Merian), die Aare in den Bielersee abzuleiten, um so der stetigen Schotteranhäufung bei Büren und damit der Stauung des Wassers Einhalt zu gebieten. Der Staat Bern überliess indessen im Jahre 1839 die Initiative einer zu bildenden Aktiengesellschaft. Diese berief 1840 den Kantonsingenieur von Graubünden La Nicca. Nach eingehenden Studien machte derselbe im Jahre 1842 folgende Vorschläge: 1. Ableitung der Aare von Aarberg via Hagneck in den Bielersee. 2. Stauwehr an der Rappenfluh bei Aarberg, welches etwas Oberwasser in die alte Aare entlässt.
![vergrössern: Aare-Korrektion. ^[Karte: 4° 50’ O; 47° 5’ N; 1:100000]. vergrössern: Aare-Korrektion. ^[Karte: 4° 50’ O; 47° 5’ N; 1:100000].](/meyers/teile/41/41_0022-2.jpg)
3. Führung von Aare und
Zihl von
Nidau nach
Büren in korrigiertem
Bett. 4. Korrektion der obern
Zihl und untern
Broye. 5. Entwässerung
des grossen
Mooses. - So wurde die Idee Merians, den
Bielersee zum Regulator der Gewässer zu machen, wieder
aufgenommen. Es sollte aber noch lange gehen, bis das Projekt La Nicca zur Ausführung gelangte. Nachexpertisen, Abänderungsbeschlüsse,
die Kriegsereignisse von 1847/48, Finanzschwierigkeiten, Uneinigkeit der Kantone, Zwischenprojekte für partielle Korrektionen,
Vorschläge für Teilung der Aare bei
Aarberg etc. etc. erfüllten die Zeit bis 1863, in welchem Jahr
der Bundesrat das revidierte Projekt von La Nicca und
Bridel guthiess und eine eidgenössische Subvention von 4760
000 Fr.
an die auf 14 Millionen Fr. veranschlagten Baukosten proponierte.
Nochmals versuchte die Opposition unter General Ochsenbein, das Projekt, zu gunsten einer partiellen Korrektion zu Falle zu bringen, bis endlich im Jahre 1867 die Kantone sich verständigten und die Bundesversammlung definitiv 5 Mill. der Baukosten übernahm. 1868 wurde der Hageneckkanal begonnen und genau 10 Jahre später floss die Aare in den Bielersee. 1889 war das letzte Kanalstück Meienried-Büren fertig und somit das ganze Werk nach 20 jähriger Arbeit vollendet.
Dasselbe hat gehalten, was es versprach, die Ueberschwemmungen haben aufgehört und das ungeheure Gebiet des grossen
Mooses
wie das Thal der obern
Zihl und der untern
Broye sind definitiv der Kultur erschlossen. Die Kosten beliefen sich auf 17400
000
Fr. Allerdings erweist sich der Kanal
Nidau-Büren als etwas zu eng, indem bei Hochwasser der Aare und
anhaltendem Regenwetter der
Bielersee derart ansteigt, dass die
Zihl in den
Neuenburgersee sich ergiesst statt umgekehrt und
auch dieser aus Mangel an jeglichem Abfluss seine Ufer überflutet.
Man glaubt diesem Uebelstand durch Anlegung einer Schleuse zwischen Neuenburger und Bielersee, Teilung der Aare bei Aarberg und Korrektion der Schlingen zwischen Büren und Solothurn abhelfen zu können.
Von Solothurn 429 m bis Aarburg 392 m folgt die Aare dem Fusse des Jura. Sie weist auf dieser Strecke wieder ein stärkeres Gefälle auf und zwar sprungweise z. B. bei Attisholz, unterhalb Solothurn, bei Wangen a/d. Aare, bei Winau und oberhalb Aarburg. Die beiden letztern Stellen sind deshalb bereits zur Anlage der Elektrizitätswerke von Winau und Ruppoldingen benutzt worden, für das Gefäll von Wangen ist eine ähnliche Anlage projektiert. Bei Wangen durchschneidet die Aare die grossen Endmoränen des Rhonegletschers aus der letzten Eiszeit; ja diese Schuttwälle haben den Fluss von seinem ursprünglichen Bette, das im jetzigen Thale der Dünnern gegen Olten zu ging, in die jetzige Richtung abgedrängt. Von bedeutenderen Zuflüssen empfängt die Aare auf der Strecke Solothurn-Aarburg die grosse Emme unterhalb Solothurn, die Langeten bei Murgenthal, die Pfaffnern und die Wigger vor Aarburg. Auf der Strecke Biel-Aarburg treffen wir auch zum ersten Mal eine Reihe grösserer Ortschaften direkt am Flusse wie: Büren, Solothurn, Wangen, Aarwangen, Aarburg. Hier ist die Aare als Verkehrsweg für die Anlage der Siedelungen bestimmend geworden.
3. Jurassischer Anteil.
Bei Aarburg wendet die Aare sich nordwärts und durchbricht in einer Kluse die südlichste Jurakette Born-Engelberg. Bei Olten 386 m, wo sie die Dünnern aufnimmt, gewinnt sie wieder ihr ursprüngliches, voreiszeitliches Thal, das bis Wildegg den südlichen Juraketten entlang führt. Zunächst durchfliesst sie in vielen Windungen die fruchtbare Ebene des Niederamtes; bei Schönenwerd ermöglicht die Ausnützung des Gefälles durch eine Stauwehr den Betrieb der grossen Schuhfabriken der Gebr.
Bally, 5 km, unterhalb Schönenwerd bespült die Aare die Garnison- und Fabrikstadt Aarau, 364 m, wo ein Kanal das durch Abschneiden einer grossen Schlinge gewonnene Gefälle ebenfalls der Industrie nutzbar macht. Unterhalb Aarau empfängt die Aare die Suhr und bei Wildegg die Aa, den Abfluss des Hallwilersees. Nun wendet sich die Aare wieder nordwärts, durchbricht in breitem Querthal zwei Juraketten, deren eine die Habsburg trägt, geht bei Schinznach noch einmal in die N.-E.
Richtung über, passiert das malerische Städtchen Brugg und erhält unterhalb desselben, wo sie sich definitiv nordwärts wendet, ihre beiden gewaltigsten Zuflüsse: die Reuss und 1 km unterhalb die Limmat. Dann quert die Aare von Lauffohr bis Coblenz die hier dicht gedrängten Juraketten. In dem meist gegen 3 km breiten Thal hat sie grosse Schottermassen abgelagert, auf denen sie sich im vielfach gewundenen Lauf und oft Ueberschwemmungen veranstaltend hin und herverlegte, bis sie auf einer Strecke von 7187 m von Böttstein bis zur Mündung eingedämmt wurde und nun mit einem Gefälle von 1,2‰ ihre Wasser- und Geschiebemassen dem Rhein zuführt. Die Mündung liegt zwischen den Ortschaften Coblenz und Waldshut und ist derart, dass eher der bedeutend kleinere Rhein sich in die Aare zu ergiessen scheint (Aare 508 m3 Rhein 425 m3 pro Sekunde im Durchschnitt).
[Dr R. Zeller.]