Malerei hatte deshalb im Cinquecento nur eine ziemlich untergeordnete
Rolle gespielt und auch jetzt war es ein Fremder, der
ihr zu Ansehen und Geltung verhalf. Der Spanier Jusepe de
Ribera (1588-1652) genannt lo
Spagnoletto, war nach Neapel (das
damals der spanischen Krone gehörte) gekommen und hatte unschwer bald die einheimischen Zunftgenossen
überflügelt. Die Annahme, daß er von Caravaggio, der nur kurze Zeit in Neapel geweilt hatte, erheblich beeinflußt worden
sei, erscheint mir nicht zutreffend. In der älteren spanischen Schule finden wir auch die Neigung zur Naturwahrheit hervortreten,
und
Riberas Lehrer in der Heimat, Ribalta, hatte sich von dem «Idealismus»
der Italiener auch schon ziemlich frei gemacht. Es dürfte daher richtiger anzunehmen sein, daß
Ribera
aus eigenem Antriebe sich der naturalistischen Richtung zuwandte, und die teilweise Uebereinstimmung mit Caravaggio eben
eine zufällige oder vielmehr durch die Sachlage bedingte war.
Zwischen Beiden ist der Unterschied größer als die Verwandtschaft.
Ribera ist weniger hart und derb
als Caravaggio, vor allem aber malerischer und wirkt mehr durch die scharfen Gegensätze in der kräftigen Farbengebung,
als durch eine an das Bildnerische gemahnende Zeichnung. In der Wirklichkeitstreue giebt er dem
Römer nichts nach, er bevorzugt
aber doch das Schöne und verleugnet auch niemals gänzlich seine volkliche Auffassung; seine Madonnen
stehen denen Murillos
weit näher, als irgend einem italienischen Vorbild. Bezeichnend für seine Weise ist ein Zug
von schwärmerischer
Verzückung bei seinen Heiligengestalten; eine starke innere Leidenschaftlichkeit kommt stets zum
^[Abb.: Fig. 676. Tiepolo:
Gastmahl der Cleopatra.
Venedig. Palazzo Labia.] ¶