Diese Teppichgärtnerei und die bauliche Gartengestaltung der Italiener vereinigten die Franzosen in ihrer Gartenkunst, deren
größter Meister Andre Lenôtre
(1613-1700) ist. Der französische Garten bleibt zwar in Beziehung zum Hauptbau, erscheint
aber doch weit mehr selbständiges Kunstwerk als der italienische. Die Plananlage erfolgt unter baulichen Gesichtspunkten,
mit Rücksicht auf perspektivische Wirkung, die Naturgebilde werden sozusagen wie Baustoffe verwendet,
man formt aus den zugeschnittenen Bäumen Mauern mit Nischen, aus dem Rasen Flächenzierwerk, das in Linienführung und Musterung
den baulichen ähnelt, kurz die Natur wird ihrer eigenen Erscheinungsform entkleidet und muß jene annehmen, welche den Absichten
des Künstlers entspricht. Zierbauten, Bildnereiwerke und namentlich Wasserkünste bilden wesentliche
Bestandteile der Anlage.
Die englische Gartenkunst stellte sich andere Ziele. Während die französische offenkundig die Absicht darlegt, aus der Natur ein erdachtes Kunstwerk zu schaffen, in welchem jede Einzelheit nach einem vorherbestimmten Plane seinen Platz und seine Rolle erhält, geht die englische darauf aus, durch künstlerische Anordnung der Einzelheiten eine nur «verbesserte», aber sonst «wirkliche» Natur zu bieten. Die Absicht der Umgestaltung soll möglichst verdeckt werden, es soll Alles wie zufällig erstanden erscheinen; man vereinigt nur Naturerscheinungen, die zwar einzeln in Wirklichkeit vorkommen, aber nicht zusammen sich finden, künstlich zu einem malerischen Gesamtbilde. Die französische Gartenkunst geht bildnerisch vor, indem sie dem Stoff - der Natur - eine neue Form giebt, die englische dagegen malerisch, beläßt der Natur im Wesentlichen ihre eigenen Formen und beschränkt sich auf deren Anordnung, um künstlerische Wirkung zu erzielen, ohne den Eindruck eines Kunstwerkes hervorzurufen.
^[Abb.: Fig. 653. Bernini: Denkmal Alexander VII.
Rom. St. Peter.] ¶