Bürgermeister, verständige Richter und angesehene Ratsherren. Es gibt noch bei Feldkyrch in den Alpen adelige Strölin, von denen ich einige kenne. Ob sie von unsern Ulmern stammen, darüber vernahm ich keine Kunde. Ich wollte, daß von diesem herrlichen Geschlecht noch einige vorhanden wären, denn dieses ganze große Geschlecht ist bis auf einen Nachkömmling, der ohne Frau und Kinder ist, herabgekommen.
Geßler.
Die höchst angesehene und adelige Familie der Geßler
, einst marktberechtigt in der Markgrafschaft Burgau, leistete unter
den Herzögen von Österreich Kriegsdienste und hatte daselbst ihre Wohnsitze.
Von Alters her aber war diese Markgrafschaft,
deren Vogtei die auf der Risenspurg 1) sitzenden Geßler
inne hatten, reich an sehr berühmten
Adeligen. Als aber Kriege ausbrachen, verließen sie das Land, kanten nach Ulm als einem sicheren Zufluchtsort, wurden, nachdem
sie dort eine Wohnung gekauft, Bürger und förderten durch ihre mitgebrachten Güter sehr das dortige Gemeinwesen.
Und da sie in der vorgenannten Markgrafschaft noch mehr Güter und Lehen vom Herzog von Österreich hatten,
so erbauten sie in dem Dorf Büchel 2) eine Burg nicht sowohl als Feste als vielmehr zur Wohnung, welche nach Beendigung
der letzten Kriege noch jetzt infolge der Brandlegung öde liegt und dem Verfall entgegengeht. Diese Familie brachte lange
Zeit in der Ulmer Gemeine zu, erhielt die
Ader ihres
Adels rein von plebejischem
Blut und nahm zu, mit Adeligen
durch Ehebündnisse verschwägert. So hat heute Johannes Geßler
als Gattin aus der hochberühmten Familie der Clamar, Frau
Felicitas, die, wie durch ihr
Blut, so auch durch ihre Sitten und die Ehrbarkeit ihres Lebens viel geltend,
diese Familie, soweit es an ihr liegt, noch berühmter macht. Auf die Familie der Clamar kommt die Rede, wenn von der Familie
der Lewen wird gesprochen werden.
3) Ferner gibt es außer der schon berührten Familie noch eine andere in Ulm wohnende angesehene Familie von altem
Geschlecht, die denselben Namen, aber ein anderes Wappen führt und einst in Güntzburg (pag. 90) ihren Wohnsitz hatte. Diese
zwei Familien der Geßler
haben bei den Predigern ihre abgesonderten Begräbnisstätten. Ich habe auch in noch mehr Städten
und Dörfern Schwabens Familien dieses Namens selbst von den jüngsten Plebejern gesehen. Denn vielen
ist dieser Name Geßler
gemeinsam, was aus dem folgenden herrühren soll. Im Jahr des Herrn 1348 wütete eine ganz schreckliche
Pest, von welcher die ganze Welt angesteckt war, von Indien bis nach Britannien, sodaß kaum der Zehnte von je tausend Menschen
übrig blieb; dieser Pest ist auch oben Erwähnung getan.
Von dieser Trübsal bedrängt eilten viele Männer und Frauen, Adelige und Nichtadelige, zusammen und, um Gott zu versöhnen,
zogen sie mit entblößten Rücken in Prozession einher mit Geschrei und Wehklagen, zerfleischten sich unmenschlich mit Geißeln
und boten allen ein wunderbares und staunenswertes Schauspiel. Nachher als diese Pest aufhörte, behielten
den Namen viele, die mit diesen Züchtigern herumzogen und wurden von den Geißeln Geißler genannt, hierauf aber nannten
sie sich mit Änderung des Namens Geßler
, andere aber nannten sich Gaiser. Aber die Ulmer Bürger Geßler wurden lange vor
der Sekte der Geißler so genannt, aus welcher Veranlassung, weiß ich nicht.
1) Jetzt Reisensburg, ganz nahe bei Günzburg.
2) Veesenm.: jetzt Bühl, an der Biber, k. bayerischen Landgericht Neu-Ulm.
3) Siehe Seite 63. ¶