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Zuteilung, wobei es sich allerdings meist um Versetzung in eine niedrigere, selten in eine höhere Tarifklasse handelt, nicht zu umgehen sind. Begreiflicherweise wird hierdurch die Schwierigkeit, die verschiedenen einander oft direkt widerstreitenden Interessen der einzelnen Kreise [* 1] der Verkehrsinteressenten objektiv abzuwägen und auszugleichen, für die Verwaltung wesentlich erschwert. Daß auch in andrer Beziehung das gegenwärtige Gütertarifsystem mit vielfachen Mängeln behaftet ist, von welchen die angedeutete Unsicherheit und der durch zahllose Verschiebungen und Sonderbestimmungen hervorgerufene Wirrwarr nicht die geringsten sind, wird auch in den Kreisen der Eisenbahnverwaltungen nicht verkannt, doch ist es bisher nicht gelungen, etwas Besseres an die Stelle zu setzen.
Beachtenswerte Fingerzeige für eine Verbesserung des gegenwärtigen Systems sind in dem 1890 (bei L. Simion, Berlin) [* 2] erschienenen Buche des frühern Regierungsrates Braesicke (jetzt Oberbürgermeister in Bromberg) [* 3] über »Die Reform der Eisenbahngütertarife« enthalten. Abgesehen von der dort vorgeschlagenen anderweiten Bildung und Abstufung der einzelnen Tarifklassen (nach mit der Entfernung fallender Skala) und einer Berücksichtigung der endlich in größerm Umfange in Angriff genommenen Erhöhung der Tragfähigkeit der Güterwagen, ist auch die Presse [* 4] mehrfach für eine Zum Teil sehr erhebliche Ermäßigung der Frachtsätze, namentlich für minderwertige Rohmaterialien, eingetreten.
Ferner wird einer erhöhten Pflege des Stückgutverkehrs unter weiterer Verbilligung desselben, wenigstens für minderwertige Güter, und Beseitigung des durch die erwähnten allgemeinen Wagenladungsklassen hervorgerufenen sogen. Sammelgutverkehrs das Wort geredet. Letzterer besteht bekanntlich darin, daß im Verkehr zwischen größern Handelsplätzen (bei kleinen verlohnt es sich nicht) seitens der Spediteure die ihnen von den verschiedenen Versendern zugeführten Stückgüter aller Art angesammelt, zu Wagenladungen vereinigt und nun von der Eisenbahn zu den Sätzen der mehrerwähnten allgemeinen Wagenladungsklassen befördert werden, so daß sich der Transport wesentlich billiger stellt als bei Beförderung jedes einzelnen Frachtstückes für sich nach dem eigentlichen Stückguttarif.
Nach dem Urteil unbefangener Sachverständigen hat diese Einrichtung für die Eisenbahnverwaltung (in Bezug auf bessere Ausnutzung des Wagenparkes und Vereinfachung des Abfertigungsverfahrens) nur geringe Vorteile, die zum Teil auf anderm Wege, z. B. durch stärkere Ausbildung des Kurswagenverkehrs, zu erreichen sind und jedenfalls zu der erheblichen Einbuße an Frachteinnahmen, selbst bei wesentlicher Ermäßigung des Stückguttarifs, nicht in dem richtigen Verhältnis stehen.
Anderseits wird hervorgehoben, daß die fragliche Einrichtung für den kleinen Verkehrsinteressenten mit keinerlei Vorteilen, wohl aber vielfach mit Nachteilen (durch verspätete Lieferung der Güter u. dgl.) verbunden sei und im wesentlichen nur einigen wenigen großen Firmen, auch diesen aber nur teilweise, und in der Hauptsache den bei diesem Verkehr als entbehrliches Mittelglied zwischen Publikum und Eisenbahnverwaltung eingeschobenen Spediteuren zu gute kommen.
Als Ausgleich für die geforderten Tarifermäßigungen wird vielfach, teilweise auch in dem vorerwähnten Buch von Braesicke, die durchgängige Erhöhung der Tragfähigkeit der Güterwagen zur Erzielung eines vorteilhaften Verhältnisses zwischen Nutz- und toter Last und sonstiger Ersparnisse in
Bezug auf Betriebseinrichtungen, ferner die Beschleunigung der Güterzüge im Interesse einer wirtschaftlichern Ausnutzung des Wagenparkes und endlich zu dem gleichen Zweck thunlichste Wiederbeladung der leer zurücklaufenden Wagen und dahin wirkende allgemeine Einführung von Rückladungstarifen empfohlen. Ob nicht auch hier notwendige Rücksichten auf die Finanzlage des Staates einer baldigen Durchführung der verschiedenen, zum Teil als wahlberechtigt anzuerkennenden Wünsche und Forderungen hindernd in den Weg treten werden, bleibt abzuwarten.