seismologische
Gesellschaft, schuf ein
Netz von Beobachtungsstationen und konstruierte geeignete
Apparate. Experimentelle Untersuchungen
mit
Dynamit und fallenden schweren
Massen führten ihn zur genauern Kenntnis der
Erscheinungen, welche die
Erderschütterungen
begleiten. Auch beteiligte er sich an den
Studien über Mikroseismologie und schrieb: »Earth quakes and other earth
movements« (1886).
Der Zusammenhang der Färbungen und
Zeichnungen der
Tiere mit dem
Schutz, den er ihnen gegen
ihre Feinde gewährt, hat in den letzten
Jahren den Gegenstand zahlreicher systematischer
Beobachtungen und
Versuche gebildet,
welche die
Erkenntnis des Nutzens und der Entstehungsweise dieser Färbungen durch die natürliche
Auslese weiter vervollständigt
haben. Im besondern hat sich der
Engländer Poulton mit diesen
Fragen mehrere Jahre hindurch eingehend
beschäftigt und mehrere wichtige
Punkte sicher festgestellt.
Manche durchsichtige Wassertiere nehmen jederzeit die Färbung der
Algen
[* 1] an, von denen sie leben, weil der Mageninhalt durch
die Körperbedeckungen hindurchschimmert
und sie rosenrot erscheinen läßt, wenn sie Rotalgen
(Florideen) fressen, grün,
wenn sie von grünen
Algen leben. Sie gleichen dadurch stets der Futterpflanze, auf der sie gerade weiden, und sind schwer
zu entdecken. So ist von den auf niedern
Pflanzen lebenden
Raupen der Spannergattung Eupithecia bekannt, daß sie meist annähernd
die
Farbe ihrer Futterpflanzen haben, und
Rühl will sich noch 1888 überzeugt haben, daß die jungen Räupchen
schon nach der ersten
Häutung sich der
Farbe der Futterpflanze näherten, auf welche man sie setze. So würden
Raupen von Eupithecia
scabiosata auf
Skabiosen nach der ersten
Häutung schiefergrau, auf
Johanniskraut
(Hypericum) dagegen nahmen sie eine zwischen
der
Blüten- und Blätterfarbe stehende gelbgrüne Färbung an. Man hatte vielfach dasselbe von der großen
Raupe unsers Abendpfauenauges behauptet, die auf gelbgrünen
Weiden gelbgrün, auf blaugrünen blaugrün aussehen. Der Mehrgehalt
von
Blattgelb
(Xanthophyll) in den Blättern der Korbweide sollte die
Raupe gleichfalls gelber machen. Poulton fand aber, daß
die
Raupen zunächst blieben, wie sie waren, mochten nun gelbgrüne auf dunkle
Weiden oder umgekehrt gebracht
werden; erst nach einer
Reihe von
Generationen war eine
Anpassung zu bemerken, wahrscheinlich infolge einer
Auslese der nicht
dem
Laube gleichartig gefärbten
Raupen durch
Vögel.
[* 2]
Dagegen stellte er eine unmittelbare
Anpassung der
Farben bei den
Puppen und
Kokons gewisser
Schmetterlinge
[* 3] an ihre Umgebung
fest. Ebenso wie die
Puppen verschiedener Eckfalter größere Metallflecken erhielten, wenn sie auf hellem oder glänzendem
Grundevor derVerpuppung gehalten wurden, lieferte das kleine Nachtpfauenauge
[* 4] dunkelbraune
Kokons, wenn es sich in einem dunkeln
Behälter einspann, weiße dagegen, wenn die
Larven an einem hellen
Orte gehalten wurden. Dasselbe Verhalten stellte
Newmann beim Wollafter (Eriogaster lanestris), dessen in der Helligkeit gehaltene
Raupen lauter cremefarbige
Kokons lieferten,
während sie zwischen den Blättern der Futterpflanze stets braune
Kokons gaben. Es findet hier eine Einwirkung der Umgebungshelligkeit
auf die gesamte
Haut
[* 5] der
Raupen statt, denn das Bedecken der Punktaugen mit dunklem
Firnis hinderte in Poultons
Versuchen an Eckflüglerraupen die
Wirkung nicht.
Derselbe Beobachter hat auch die
Wirkung der Verkleidungen und
Schutzeinrichtungen der
Insekten
[* 6] auf verschiedene insektenfressende
Tiere,
namentlich
Eidechsen
[* 7] und
Affen
[* 8] geprüft. Er bemerkte z. B., daß die gewöhnliche grüne
Eidechse eine Spannerraupe, die
sich dicht vor ihren
Augen wie ein steifes Ästchen ausstreckte, nicht erkannte, sobald es sich aber bewegte,
fuhr sie gierig darauf los und verzehrte sie.
Interessant war das Verhalten von
Eidechsen sowohl als eines kleinen Äffchen
der
Raupe unsers
Buchenspinners (Stauropus Fagi) gegenüber, die sich auf eigentümliche Art in Verteidigungsstellung setzt
und die langen Vorderbeine wie eine
Spinne spielen läßt.
Beide
Tiere sahen sich die
Pseudo-Spinne erst ganz genau an, bevor sie zugriffen, ließen sich dann aber
den fetten
Bissen gut munden.
SchonHermannMüller hatte das Spinnengebaren dieser
Raupe mit
Speyer
[* 9] als ein Schutzmittel gegen
die
Stiche der Ichneumoniden erkannt, welche
Spinnen
[* 10] nicht angreifen; Poulton fügte noch die Bemerkung hinzu,
daß sie in der Angriffsstellung eine
Reihe schwarzer
Punkte sehen läßt, die gerade so aussehen wie Ichneumonidenstiche,
und er meint, daß Ichneumoniden, die schon belegte
Raupen nicht mehr angreifen, dadurch noch im letzten
Augenblick getäuscht
würden.
In der That findet sich diese
Raupe seltener als die andern von Ichneumoniden heimgesucht. Übrigens hat
sich Poulton überzeugt, daß alle diese
Künste nichts nützen, wenn der
Insektenfresser
[* 11] unerfahren oder hungrig ist, und
dies ist auch eine notwendige Voraussetzung für die
Theorie der
Trutzfarben, deren Bedeutung wohl halb und halb instinktiv
erkannt werden, aber sicher doch erst durch
Erfahrung probiert werden muß. Eine in den Eidechsenkäfig
gesetzte
Raupe des Schlehenspinners
(Orgyia antiqua) wurde angegriffen, obwohl sie ihre bürstenförmigen Haarbüschel so weit
wie möglich hervorspreizte. Aber die unerfahrene
Eidechse ließ sofort von ihr ab, sobald sie einige dieser Haarbüschel
in den
Mund bekommen hatte, und ihre ganze Sorge bestand jetzt darin, die widrigen
Haare
[* 12] wieder los zu
werden. Sie nahm sich jedenfalls vor, nie wieder einen solchen Büschelträger anzugreifen.
Den Nutzen der eigentümlichen
Auswüchse der sogen.
Buckelzirpen (Membraciden), von denen einige auf der Tafel zum
Artikel
»Cikaden« (Bd. 4) dargestellt sind, hat
Schweinfurth bei einer arabischen Art sehr deutlich zu erkennen vermocht. Er bemerkte
in
Aden
[* 13] an den
Zweigen von
Acacia hamulosa eine solche Membracide (Oxyrrhachis
Tarandus), welche sich mit
ihrer flachen Unterseite an die
Zweige schmiegt und mit ihrem am Vorderrücken in drei
Dornen ausgezogenen Leibe eine genaue
Nachahmung der am Akazienaste unter jedem Blattansatz erkennbaren drei
Stacheln tragenden Anschwellung darstellt.
Auch die amerikanischen
Arten ahmen offenbar solche von breiter
Basis sich erhebenden einfachen oder verzweigten
Aststacheln nach, und ihre bald gelbbräunlichen, bald dunklern
Farben geben offenbar die Rindenfarben ihrer hauptsächlichsten
Nahrungspflanzen
[* 14] getreu wieder. Sie gehören daher derselben
Gruppe von
Nachahmungen an wie die
Raupe des gelben
Ordensbandes
(Catocala paranympha), die auf Schlehdornbüschen lebt und durch mehrere lange
Dornen ihres
Rückens den
gleichfarbigen dornigen
Ästen ähnlicher wird.