in welchem man die Mißwirtschaft verkörpert sah, so groß, daß
Celman, nachdem es ihm nicht gelungen war, ein neues
Ministerium
zu bilden, 6. Aug. seine Entlassung einreichte, die von den
Kammern angenommen wurde. Der bisherige Vizepräsident Pellegrini
wurde zum
Präsidenten gewählt und
GeneralRoca mit der
Bildung eines neuenMinisteriums beauftragt, das
aus den verschiedenen
Parteien zusammengesetzt wurde. Der neue Finanzminister
Vicente F.
Lopez beantragte sofort die
Ausgabe
von 60 Mill.
Schatzscheinen und die Ausnahme einer auswärtigen
Anleihe von 20 Mill.
PesosGold,
[* 1] um die fälligen Schuldenzinsen
bis Ende 1891 voll bezahlen zu können. Dafür versprach er, im
Budget beträchtliche Ersparnisse durchzuführen
und die
Einnahmen durch hohe
Schutzzölle zu steigern. Der
Kongreß genehmigte seine
Vorschläge. Der Wohlstand des
Landes hatte
einen schweren
Schlag erlitten, die
Einwanderung und der Schiffsverkehr gingen stark zurück.
Neuere Litteratur: Latzina,
Géographie de la République
Argentine (Par. 1890);
Lehmann, Die Rechtsverhältnisse der
Fremden
in Argentinien (Hamb. 1890);
Alcorta, La Republica Argentina
[* 2] en la Esposicion universal de
Paris
[* 3] de 1889 (Par.
1890);
G. Modrich, Repubblica Argentina, note di viaggio da
Buenos
[* 4]
Aires alla
Terra del fuoco
(Mail. 1890);
(Dithymoldijodid), von
Messinger und Vortmann dargestellte
Verbindung, welche durch
Versetzen einer
Lösung von
Jod in
Jodkalium mit einer alkalischen Thymollösung entsteht und als amorphes, äußerst zartes, rötlichbraunes, geruchloses
Pulver mit 45,8 Proz.
Jod erhalten wird. Es ist leicht in
Äther, auch in fetten
Ölen, wenig in
Alkohol,
nicht in
Wasser und
Glycerin löslich und wird durch
Licht,
[* 5] in
Lösungen auch durch
Wärme
[* 6] leicht zersetzt. Man benutzt Aristol gegen
Hautkrankheiten
[* 7] und rühmt seine vollkommene Unschädlichkeit, so daß üble Nebenwirkungen ausbleiben.
Als arm bezeichnet man denjenigen, der nicht so viel an wirtschaftlichen
Gütern besitzt,
als zur
Deckung des zur Lebenserhaltung notwendigsten
Bedarfs erforderlich ist. Das
Maß dieser notwendigsten
Güter bestimmt
sich entweder durch die menschliche
Natur
(Nahrung,
Kleidung,
Wohnung), oder durch außerhalb des
Individuums liegende
Anschauungen
sozialer Art; so kann man z. B. heute die elementare
Bildung zu solchen notwendigen Lebensgütern zählen.
Es dürfte wohl mit jeder Gesittung oder
Kultur von jeher die
Neigung vorhanden gewesen sein, den Mitmenschen solche fehlende
notwendigste
Güter aus freiem Antrieb zukommen zu lassen.; die
Anschauung von einer Pflichtmäßigkeit einer solchen Überführung
der notwendigsten Lebensgüter von den sie Besitzenden zu den sie Entbehrenden oder
Armen entstand aber
in ausgesprochenerm
Maße erst durch die
christliche Religion.
Seit der Christianisierung
Europas bildete die Sorge für die
Armen eine wesentliche Aufgabe der Klöster und
Stifte, und mit
Entstehung der
Städte entstand fast gleichzeitig eine auf religiösem
Motiv beruhende
Fürsorge für die verarmten Gemeindegenossen,
welcher die zahlreichen
Bürger-, Geistspitäler u. dgl.
ihre Entstehung verdanken. Nach der
Kirchenspaltung war es insbesondere die helvetische
Konfession, welche diesen
Inhalt der
katholischen
Religion als wesentlichen
Bestandteil
übernahm.
Bis heute noch lebt dieses
Prinzip der religiösen Pflichtmäßigkeit der
Fürsorge für die
Armen, allerdings wesentlich an
Intensität und
Umfang geschwächt, fort. Neben dasselbe und vielfach an dessen
Stelle trat, vornehmlich
in der sogen. Aufklärungszeit, das humanitäre
Prinzip, welches die Pflichtmäßigkeit der Sorge für die
Armen in dem
Gedanken
der allgemeinen Menschlichkeit begründet findet. Dessen Bedeutung war verhältnismäßig ziemlich gering und seine praktische
Ausführung infolge der Verschwommenheit des
Begriffs eine meist unmögliche; wir sehen es heute noch
vorwiegend z. B. in den freimaurerischen humanitären Vereinigungen und Anstalten und dann
in den nichtkonfessionellen
Vereinen zur Abhilfe gegen die
Armut nachwirken. Im laufenden
Jahrhundert macht sich ein neues
Prinzip
der Pflichtmäßigkeit der
Fürsorge für die
Armen geltend.
Dieses beruht einerseits aus der
Erkenntnis des sozialen Zusammenhanges der
Menschen inVolk,
Staat,
Gemeinde
und der Bedingtheit der
Existenz dieser
Verbande durch die Individuen, deren
Erhaltung somit durch die erstern zur
Notwendigkeit
wird, und anderseits in der
Erkenntnis des Umstandes, daß die
Armut in erster
Linie eine
Folge der gegenwärtigen wirtschaftlichen
Organisation der menschlichen
Gesellschaft ist und demgemäß, falls diese Einrichtung der
Gesellschaft
als berechtigt angesehen wird, aus derselben heraus ihre Abhilfe finden muß; dieses
Prinzip läßt sich als das sozial-ökonomische
bezeichnen.
Allerdings wird die Wirksamkeit dieses modernen
Prinzips vornehmlich von dem religiösen, dann aber auch von dem humanitären
gestützt, begleitet und durchkreuzt. Die wirtschaftliche
Organisation derGesellschaft sieht ihre letzteWurzel
[* 8] darin, daß jedes
Individuum sich die Lebensgüter selbst zu beschaffen habe, wozu im allgemeinsten
Sinne die
Arbeit dient.
Die
Fürsorge für die
Armen muß daher zunächst dahin gerichtet sein, die Individuen in stand zu setzen, entlohnte
Arbeit,
die Grundbedingung der Existenzmöglichkeit, in zureichendem
Maße vorzufinden und erst in zweiterLinie,
falls dies infolge von in der
Gesellschaft oder im
Individuum liegenden
Gründen unmöglich ist, die
Erhaltung der Individuen
schlechthin vorzunehmen.
Dieser
Gedanke, der sich in der heutigen bürgerlichen und in der jüdisch-konfessionellen Armenfürsorge in ausgesprochenem
Maße vorfindet, hat in der christlichen
Anschauung keine zureichende Ausgestaltung erfahren, und es ist dies
einer der Hauptumstände, welche dieselbe auf dem Gebiet der Armenfürsorge zu
Falle brachten. Im allgemeinen handelt es sich
dabei um Zuführung von so viel entlohnter
Arbeit, resp. Lebensgütern, daß die dringendsten Bedürfnisse befriedigt werden
können. Die
Gesellschaft sieht hierin eine
Notwendigkeit, woraus sich für die öffentlich rechtliche
Organisation derselben,
den
Staat und den Inbegriff seiner
Organe, eine administrative
Pflicht ergibt. Derselben steht jedoch ein
Recht des
Individuums nicht gegenüber. Damit ist unleugbar eine
Lücke der öffentlichen
Organisation gegeben, welche zu überbrücken
erst versucht werden müßte.
Man nennt nun den Inbegriff aller derjenigen von der öffentlich organisierten
Gesellschaft ergriffenen Maßregeln, welche
auf die Aufhebung der
Armut abzielen, die Armenverwaltung; dieselbe ist ein Teil der innern
Verwaltung und zwar derjenigen,
welche sich auf das gesellschaftliche
Leben, die Klassenbewegung, bezieht. Der Inbegriff der auf die
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