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der Reichstag im Oktober 1887 wieder eröffnet wurde, legte die Regierung dies provisorische Finanzgesetz dem Folkething sofort zur nachträglichen Genehmigung vor, ebenso den Voranschlag des Budgets für 1888/89, aus welchem die Ausgaben für die Befestigung Kopenhagens ausgeschieden und damit auch das Defizit fast beseitigt war; die Einnahmen betrugen 53,778,000 Kr., die Ausgaben 55,878,000 Kr. Die Kosten der Landesverteidigung wurden vom Folkething durch Vorlage des vom Landsthing genehmigten Gesetzes verlangt.
Obwohl die Mehrheit der bisherigen Opposition zu einer Versöhnung geneigt schien, lehnte sie 18. Okt. das provisorische Finanzgesetz für 1887/88 doch rundweg ab, da es die Ausgaben für die Befestigung Kopenhagens enthielt, worauf das Folkething vertagt wurde. Nach dem Wiederzusammentritt des Reichsrats verhandelte das Folkething im Januar 1888 über die Befestigungsvorlage, wobei besonders die kostspielige Landbefestigung Kopenhagens von der Linken als überflüssig, ja als schädlich angegriffen wurde.
Der Entwurf wurde einem Ausschuß überwiesen, der sich mit der Beratung nicht beeilte. Auch über das Budget konnte zwischen beiden Häusern keine Einigung erzielt werden, so daß, nachdem die Sitzungen geschlossen worden, 1. April abermals ein provisorisches Finanzgesetz verkündet wurde. Die Regierung sah mit Gleichmut einer noch mehrjährigen Dauer dieses Provisoriums entgegen, bis die Landbefestigung Kopenhagens in der Hauptsache vollendet sei; dann werde man sich mit dem Folkething verständigen.
Einstweilen kam sie dem Volk entgegen, indem der König an seinem 70. Geburtstag, 8. April, eine Amnestie für politische Vergehen erließ und der Staatsrat die Verschärfung des Strafgesetzes vom und das Preßgesetz von 1886 aufhob. Im Mai wurde die große Ausstellung für nordische Industrie, Landwirtschaft und Kunst in Kopenhagen, [* 1] welche die Erinnerung an die vor 100 Jahren erfolgte Aufhebung der Leibeigenschaft verherrlichen sollte, eröffnet; dieselbe hatte großen Erfolg, und viele Fürsten, auch Kaiser Wilhelm II. von Deutschland, [* 2] besuchten den dänischen Hof. [* 3]
Die Mehrheit des Folkethings blieb allerdings unversöhnt und beteiligte sich auch nicht am 25jährigen Regierungsjubiläum des Königs Christian das dennoch glänzend gefeiert wurde. Auch 1889 wurde daher noch kein gesetzmäßiges Budget zu stande gebracht. Die Regierung konnte diesen Zustand ruhig ansehen, da sie keiner neuen Einnahmequellen bedurfte. Trotzdem wäre ihr ein günstigerer Ausfall der Neuwahlen sehr erwünscht gewesen, weswegen sie das Folkething auflöste und für den 21. Jan. Neuwahlen anordnete, nachdem sie verschiedene Reformen, namentlich im Finanzwesen, ferner die Anlegung eines Freihafens in Kopenhagen in Aussicht gestellt hatte. Dennoch fielen die Wahlen ungünstig für die Regierung aus. Die Rechte verlor 4 Sitze, davon 3 in Kopenhagen, und sank auf 24 Mitglieder, die Opposition stieg auf 78 Stimmen, also mehr als drei Viertel des Things. Auch mehrere Sozialisten wurden gewählt. Die Lage der Dinge blieb also unverändert.
Zur Litteratur: Weitemeyer, Dänemark, [* 4] Geschichte und Beschreibung etc. (Kopenh. 1888);
Goos und Hansen, Das Staatsrecht des Königreichs Dänemark (Freiburg [* 5] 1889).