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Kurzgestielte Alpenweiden, sehr niedrige, auf dem Boden liegende, meist wurzelnde Sträucher mit kleinen, rundlichen, ganzrandigen oder gezähnelten, unbehaarten Blättern (S. retusa L. auf den Alpen, [* 1] S. herbacea L. auf den Hochgebirgen Europas, S. polaris Wahlb. im höchsten Norden). [* 2] Die Weidenkultur als forstwirtschaftlicher Betrieb hat große Bedeutung für kleinere Grundbesitzer, in Örtlichkeiten mit hohem Grundwasserspiegel, in Flußthälern und Niederungen.
Anbauwürdige Weidenarten sind besonders folgende: unter den Baumweiden, welche meist zu Kopfholzbetrieb benutzt werden, die Silberweide (S. alba L.), die Dotterweide (S. vitellina L.) und die Knackweide (S. fragilis L., besonders an Flußufern);
unter den Strauchweiden besonders die Korb- oder Bandweide (S. viminalis L., s. Tafel »Gerbmaterialien liefernde Pflanzen«), [* 3]
die Purpurweide (S. purpurea L.), die Mandelweide (S. amygdalina L.), die Lorbeerweide (S. pentandra L.), die Dotterweide (S. vitellina L.), die kaspische Weide [* 4] (S. acutifolia Willd.) u. a.
Die Weidenkultur erfolgt meist durch Einzelsteckung auf gelockertem Boden, indem man 2-4 junge Stecklinge, etwa 35 cm lang geschnitten, in einem Verband [* 5] von 0,5-0,7 m mittels eines Weidenpflanzers einsteckt. Dieselben entwickeln sich rasch zu nutzbaren Weidenstöcken. An Flußufern legt man die Stecklinge auch in Nestern zusammen; zur Erziehung von Kopfstämmen wählt man Satzstangen, 2½ m lang, 5-6jährige Ausschläge, und pflanzt sie mittels des Pfahleisens.
Bei der Kopf- und Schneidelholznutzung wird die ganze Krone oder die Seitenäste (unter Erhaltung des herrschenden Mitteltriebs) mit glattem Hieb [* 6] am Stamm alle 2-4 Jahre hinweggenommen. In den Weidenhangern, wo es sich um die Gewinnung von Flechtruten oder Bandruten handelt, erfolgt der Schnitt alljährlich oder alle 2-3 Jahre. Die Ruten werden am Gewinnungsort mittels eines Weidenschälers entrindet, sofern sie in diesem Zustand in den Handel gebracht werden sollen, in Bunde gebunden und vor Regen, auch vor zu raschem Austrocknen bewahrt.
Mit der Weide werden vielfach Landwirtschaftliche Zwischennutzungen verbunden, indem man die Stecklinge in 2 m voneinander entfernte Rigolgräben einlegt und zwischen den Gräben Hackfrüchte baut. Man pflanzt die Weiden auch häufig zur Befestigung von Wasser- und Uferbauten, Dämmen etc. an. Das Holz [* 7] ist weiß, weich, wenig dauerhaft, wird aber (von S. alba, fragilis, caprea) zu verschiedenen Geräten, Sparterie, Schachteln, Sieben, Schuhen etc. benutzt. Man verkohlt es auch zur Gewinnung von Reißkohle u. Pulverkohle.
Die Rinde mehrerer Weidenarten dient zum Gerben feinen Leders (vgl. Weidenrinden); früher waren die bitter schmeckenden Rinden offizinell; sie enthalten Salicin, welches besonders aus S. Helix und purpurea dargestellt wird. Weidenbast dient zu Stricken, Matten etc. Zweige und Äste von S. viminalis, auch von S. Helix, purpurea, alba, daphnoides etc. benutzt man zum Binden und namentlich zum Flechten [* 8] von Korbwaren, zu Faschinen etc. Manche Weiden geben den Bienen reichliches Futter, und viele werden als Zierpflanzen kultiviert.
Die weiße Weide (S. alba) galt im Altertum als Symbol der Keuschheit und Unfruchtbarkeit, weshalb die Frauen bei den Thesmophorien ihr Lager [* 9] mit unfruchtbaren (männlichen) Zweigen bestreuten.
Vgl. Hoffmann, Historia salicum (Leipz. 1785-91, 2 Bde.);
Koch, De salicibus europaeis (Erlang. 1828);
Wichura, Die Bastardbefruchtung im Pflanzenreich, erläutert an den Bastarden der Weiden (Bresl. 1865);
Wimmer, Salices europaeae (das. 1866);
Andersson, Monographia salicum (Stockh. 1867).
Über Korbweidenkultur schrieben: Nöthlichs (Weim. 1875), Breitenlohner (Prag [* 10] 1877), Dochnahl (Frankf. 1881), Schulze (Bresl. 1885), Krahe (4. Aufl., Aachen [* 11] 1886) u. a.