Lungen; bei
Kindern nicht selten der
Darm,
[* 1] die
Gelenke,
Knochen
[* 2] und Hirnhäute, während vielleicht in den
Lungen wenig oder gar
keine Veränderungen vorhanden sind; zuweilen ist der
Harn- u. Geschlechtsapparat zuerst befallen, selten die äußere
Haut,
[* 3] die
Zunge, der
Magen.
[* 4] Die Tuberkulose befällt vorwiegend
Kinder und schwächliche, schlecht genährte jüngere
Personen;
die
Anlage zur Erkrankung ist häufig ererbt (s.
Skrofeln), indessen kommt Tuberkulose auch bis ins höchste
Alter vor und ist unzweifelhaft
diejenige
Krankheit, welche bei uns die meisten
Opfer fordert, da etwa ein Siebentel aller
Menschen an Tuberkulose zu
Grunde geht.
Der Verlauf der Tuberkulose kann sich über Jahre und Jahrzehnte erstrecken, sofern die Tuberkulose auf
einen Teil der
Lungen oder eines andern
Organs beschränkt bleibt. Sehr gewöhnlich aber werden die Bacillen im Lymphstrom
fortgespült, die benachbarten
Lymphdrüsen werden ergriffen, die Bacillen gehen ins
Blut über, und es erfolgt Verbreitung
der Tuberkulose auf alle
Organe.
Wenn der übertritt großer
Massen von Bacillen ins
Blut auf einmal erfolgt, etwa
durch Durchbruch käsiger
Herde direkt in ein
Blutgefäß, so verläuft die Tuberkulose unter dem
Bild einer fieberhaften, typhösen
Erkrankung in wenigen
Wochen tödlich (akute Miliartuberkulose).
Die Behandlung der Tuberkulose erfordert, wenn der erkrankte Teil chirurgischen
Eingriffen zugänglich ist,
Entfernung der von
Tuberkeln durchsetzten
Gewebe,
[* 5] wodurch bei
Gelenkentzündungen, Lymphdrüsengeschwülsten,
Hoden-,
Brustdrüsen- und Hauttuberkulose
zuweilen völlige
Heilung erzielt wird. Bei Erkrankung innerer
Organe ist außer der lokalen Behandlung eine sehr wesentliche
Rücksicht auf
Hebung
[* 6] des Allgemeinbefindens, gute
Ernährung, frische
Luft etc. zu nehmen, um den
Körper nach Möglichkeit
gegen das Vordringen der Bacillen widerstandsfähig zu machen.
Unzweifelhaft können selbst weiter vorgeschrittene Zerstörungsprozesse in
Lungen und
Darm zum völligen Stillstand, d. h.
zu relativer
Heilung, kommen.
Vgl. Villemin, Études sur la tuberculose (Par. 1868);
Hérard u. Cornil, La phthisie pulmonaire
(das. 1867);
[* 8] Oberamtsstadt im württemb.
Schwarzwaldkreis, am
Neckar,
Knotenpunkt der
LinienPlochingen-Villingen und
Tübingen-Sigmaringen
der Württembergischen Staatsbahn, in schöner
Lage auf einem Bergrücken zwischen
dem
Neckar und der
Ammer, 340 m ü. M., ist
unregelmäßig gebaut und hat freundliche Vorstädte. Hervorragende Gebäude sind: das 1535 vollendete
Schloß Hohentübingen mit schönem
Portal, das 1845 vollendete Universitätsgebäude, das
Rathaus mit schöner
Freskomalerei
u. die 1469-1483 erbaute gotische Stiftskirche mit den Grabmälern von zwölf meist württembergischen
Fürsten, welche hier residierten. Die
Bevölkerung
[* 9] zählte 1885 mit der
Garnison (ein Füsilierbat. Nr. 127) 12,551
Seelen, darunter 1749 Katholiken und 106
Juden. Tübingen hat Fabrikation von chemischen
Artikeln,
Handschuhen,
Essig, physikalischen und chirurgischen
Instrumenten etc., eine bedeutende Dampfziegelei, Kunstmühlen,
Färberei, Buchdruckerei,
Buchhandel,
Obst-,
Hopfen- und Weinbau, besuchte Fruchtmärkte etc. Außer den Verwaltungsbehörden befindet
sich dort ein
Landgericht.
Unter den
Schulen steht die
Universität
(EberhardKarls-Universität) obenan. Sie wurde 1477 gestiftet und
mit derselben 1817 die katholisch-theologische
Studienanstalt zu
Ellwangen als katholisch-theologische
Fakultät vereinigt;
außer dieser kamen zu den vier alten
Fakultäten 1818 noch eine staatswirtschaftliche und naturwissenschaftliche. Die Gesamtzahl
der
Dozenten betrug 1888/89: 95, die der Studierenden 1228. Mit der
Universität in
Verbindung stehen: die Universitätsbibliothek
von 300,000
Bänden, ein physiologisches und ein anatomisches
Institut, ein botanischer
Garten,
[* 10] 2 chemische
Laboratorien, verschiedene
Kliniken und wissenschaftliche Sammlungen, ein bedeutendes
Münz- und Medaillenkabinett, eine große
geognostische Sammlung, eine
Sternwarte
[* 11] (im
Schloß) etc. Außerdem besitzt Tübingen ein höheres evangelisch-theologisches
Seminar (das sogen.
Stift, 1537 gegründet, im ehemaligen Augustinerkloster) und ein katholisches
Konvikt (Wilhelmsstift, in der
ehemaligen
Ritterakademie), ein
Gymnasium und eine
Oberrealschule. Zum Landgerichtsbezirk Tübingen gehören die 9
Amtsgerichte zu
Herrenberg,
Kalw,
Nagold,
Neuenbürg,
Nürtingen,
Reutlingen,
[* 12]
Rottenburg, Tübingen und
Urach. Am
Fuß des Österbergs die schöne Besitzung des Dichters
Uhland, der hier seinen
Wohnsitz hatte, und dem 1873 in Tübingen ein von
Kietz modelliertes Denkmal gesetzt wurde.
- Tübingen wird zuerst 1078 erwähnt und war frühzeitig der Sitz von
Grafen, die 1148 die Pfalzgrafschaft in
Schwaben erwarben,
doch erscheint es erst 1231 als Stadt.