1879 das Gesetz angenommen, welches jeden Unterschied der Religion hinsichtlich der bürgerlichen Rechte aufhob, für Fremde
aber die Erwerbung des Indigenats, das zum Ankauf von Grundbesitz berechtigte, von einem zehnjährigen Aufenthalt in Rumänien abhängig
machte. Hierauf erfolgte die Anerkennung der Souveränität Rumäniens durch die Mächte. Die Unabhängigkeit des Landes wurde
ferner gefördert durch den Ankauf der Eisenbahnen und die Auflösung der rumänischen Eisenbahnaktiengesellschaft.
Das Tabaksmonopol wurde in Staatsregie übernommen, eine Nationalbank sowie Bodenkreditanstalten gegründet. Das Gleichgewicht
der Ausgaben und Einnahmen im Staatshaushalt wurde hergestellt und der Staatskredit dadurch außerordentlich gehoben. Die Territorialarmee
ward reorganisiert und endlich, da die Ehe des Fürsten kinderlos war, ein Thronfolgegesetz beschlossen,
welches einen Neffen des Fürsten, Prinz Ferdinand von Hohenzollern, zum Nachfolger bestimmte.
Nachdem auf diese Weise der Staat befestigt und in seinem Ansehen erhöht worden, proklamierten die Kammern Rumänien als
Königreich. Fürst Karl wurde 22. (10.) Mai, 15 Jahre nachdem er die Regierung übernommen, in Bukarest feierlich
zum König gekrönt. 1884 wurde für den König eine Kronapanage geschaffen, bestehend aus 12 Gütern mit 700,000 Gulden Einkommen.
Das Ministerium Bratianu, das einer gemäßigt liberalen Richtung huldigte, aber ehrlich und eifrig thätig war, behauptete
sich mit einer kurzen Unterbrechung (1881) während dieser ganzen Zeit im Besitz der Regierungsgewalt und
verstand es, Gesetzlichkeit, Ordnung, Volksbildung und Wohlstand in Rumänien immer mehr zu heben. Von den orientalischen Wirren hielt
sich Rumänien fern. In seiner äußern Politik schloß es sich vielmehr Österreich-Ungarn und Deutschland an und hielt auch trotz
mancher Differenzen mit ersterer Macht in der Donaufrage (s. Donau, S. 56) u. in Handelsangelegenheiten
an diesem Bündnis fest.
Deswegen wurde das Ministerium Bratianu von der sogen. konservativen Partei (den Bojaren), welche mit panslawistischen Wühlern
aus Rußland in Verbindung stand, aufs heftigste angegriffen, doch lange ohne Erfolg, da bei allen Wahlen das Volk fast ausschließlich
Anhänger der Regierung wählte, obwohl eine neue Verfassungsrevision die alten Wahlkollegien beseitigt,
das Wahlrecht beträchtlich erweitert und den Einfluß der Regierung auf die Wahlen geschwächt hatte.
Erst nahm Bratianu infolge von Straßenkrawallen in Bukarest und Bauernaufständen seine Entlassung, zumal es seiner
Partei, den Nationalliberalen, an Einigkeit fehlte und der Kriegsminister Angelescu der eindringenden Korruption
nicht energisch entgegentrat, ja sich sogar an ihr beteiligte. An die Spitze der Regierung trat Th. Rosetti von der Partei der
Junimisten, der von den Konservativen (Bojaren) unterstützt wurde; bei den Neuwahlen im Oktober erlangten die Konservativen die
überwiegende Mehrheit in den Kammern, weswegen die Junimisten drei wichtige Ministerien an die Führer
der Konservativen abtreten mußten.
Vgl. Laurianu, Istoria Romaniloru (4. Aufl., Jassy 1873);
Hasdeu, Kritische Geschichte der
Rumänen (Bukar. 1874, franz. 1878);
Cogalnitscheanu, Cronice (das. 1874, 3 Bde.);
Schinkai, Cronica (das. 1886, 3 Bde.);
Tocilescu, Istoria Romanici (1888);
Vacarescu, Rumäniens Anteil am Krieg der Jahre 1877 und 1878 (Leipz.
1887);
Hurmuzaki, Documente privitore la istoria romana (Bukar. 1882, 14 Bde.);
Derselbe, Fragmente zur Geschichte der Rumänen (das. 1878-84, 5 Bde.)
D. Sturdza, La succession au
trône de Roumanie (1886);
Sprache und Litteratur. Die rumänische oder walachische Sprache gehört zu den romanischen
Sprachen und zerfällt in drei Hauptdialekte: den dako-, makedo- und istrorumänischen. Der erstere wird von etwa 8 Mill.
Menschen gesprochen: in der ganzen Walachei und Moldau, einem Teil Siebenbürgens, des Banats, der Bukowina und Ungarns. Das Istrorumänische
wird in der Nähe der Ostküste von Istrien und an einer Stelle des innern Karstgebirges von etwa 3000 Personen
gesprochen, ist schon halb slawisch geworden und im Begriff, ganz kroatisch zu werden.
Das am Südufer der Donau bis nach Thessalien gesprochene Makedorumänische ist besonders stark durch das Griechische beeinflußt
worden; es hat keine litterarische Ausbildung erhalten und ist daher eine bloße Volksmundart geblieben.
Im (Dako-) Rumänischen haben auf Deklination, Konjugation und Wortbildung (nach Gaster) die turanischen Bulgaren vom Ende des 7. bis
zum 10. Jahrh. einen großen Einfluß ausgeübt, den man bisher auf eine thrakische Grundsprache
zurückführte, die mit dem Albanesischen nahe verwandt sein sollte. Später wirkten auf den Sprachschatz
namentlich das Slawische, Türkische und Neugriechische ein. Tiktin (in Gröbers »Grundriß der romanischen Philologie«, Bd. 1,
S. 440) nimmt für das Schriftrumänische nach einer ungefähren Schätzung 3800 slawische, 2600 volkslateinische, 700 türkische, 650 griechische, 50 albanesische
Wörter u. 500 ungewissen Ursprungs an. Das Rumänische wurde früher mit dem Cyrillischen
Alphabet geschrieben wie das Russische.
Die erste Schreibung mit lateinischen Buchstaben nahm am Ende des 18. Jahrh. der Siebenbürge Klain vor; sie ist erst seit den
60er Jahren allgemein geworden. Leider ist dabei aus mißverstandenem Patriotismus, der den lateinischen Ursprung der Sprache
hervorkehren will, das etymologische Prinzip viel zu sehr auf Kosten des phonetischen Prinzips begünstigt,
als daß der Fremde sich von der wirklichen Aussprache eine Vorstellung machen könnte. Überdies herrscht große Schwankung
der Schreibweise nicht nur zwischen den verschiedenen Sprachgebieten, sondern in Rumänien selbst. Um die Erforschung der
Elemente des Rumänischen hat sich besonders Miklosich verdient gemacht, ferner Cihac (»Dictionnaire d'étymologie
daco-romane«; vgl. Gaster in Gröbers »Grundriß«, Bd. 1, S. 406 ff.);
eine Zusammenstellung der Lautlehre nach eignen und fremden Arbeiten gibt Tiktin (ebendas., S. 438 ff.). Wissenschaftliche
Grammatiken veröffentlichten: Cipariu (Bukar. 1870-77, 2 Tle.) und Nădejde (Jassy 1884). Andre praktische Lehrbücher lieferten
Cionca (3. Aufl., Bukar. 1885), Woitko (Wien 1883). Eine brauchbare theoretisch-praktische Grammatik ist
von Barcianu (Hermannstadt) vorhanden, der auch ein »Wörterbuch der rumänischen und deutschen Sprache« (das. 1886-88, 2 Bde.)
lieferte.
Phraseologisch reichhaltig ist das »Dictiunaru româno-frances« von Pontbriant
(Bukar. 1862). Das von Laurianu und Massimu 1871-76 im Auftrag der rumänischen Akademie herausgegebene Wörterbuch ist entstellt
durch die Sucht, selbstgemachte oder gelehrte lateinische Wörter mit Vernachlässigung der eingebürgerten
nichtlateinischen einzuführen. Ein neues großes, auf etwa zehn Bände berechnetes Wörterbuch (»Etymologicum magnum Romaniae«)
gibt seit 1885 unter den Auspizien der rumänischen Akademie P. Hasdeu heraus.
Eine rumänische Litteratur von ästhetischem Wert beginnt erst mit dem Anfang des 19. Jahrh.