Lehranstalt der Rechtswissenschaft, wie z. B. die berühmte Rechtsschule zu Bologna im Mittelalter und die noch jetzt
bestehenden Inns of Court (s. d.) in England; dann Bezeichnung für die Anhänger eines gewissen Systems und einer besondern
Richtung in der wissenschaftlichen Bearbeitung des Rechts. In letzterer Beziehung traten namentlich zur Zeit des
klassischen römischen Rechts die beiden Rechtsschulen der Prokulianer und der Sabinianer (s. d.) in den Vordergrund, ebenso
im Mittelalter die sogen. Glossatoren (s. Glosse). Zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts war es die historische
Rechtsschule, als deren Begründer Gust. Hugo (s. d.) gelten kann, welche auf eine Neubelebung der
deutschen Rechtswissenschaft durch das Studium der Rechtsgeschichte und Würdigung der historischen Grundlage des geltenden
Rechts hinwirkte.
Die dabei allerdings hervortretende Einseitigkeit wurde von den Gegnern dieser an deren Spitze Thibaut (s. d.) stand, durch
ein ebenso einseitiges Betonen der philosophischen Grundlage des positiven Rechts erwidert, bis, namentlich durch F. K.
v. Savigny (s. d.) und G. F. Puchta (s. d.), die Verschmelzung beider Systeme in der glücklichsten Weise herbeigeführt ward.
Vgl. Bluntschli, Die neuern Rechtsschulen der deutschen Juristen (2. Aufl., Zürich
1862).
(Rechtsparömie), eine im Munde des Volkes in der Gestalt eines Sprichworts lebende Rechtsregel.
Solche
Rechtssprichwörter bilden eine wichtige Erkenntnisquelle des Gewohnheitsrechts, wenn sie bei ihrer Kürze
auch oft ungenau und vieldeutig sowie oft nicht sowohl der Ausdruck einer Rechtsidee als vielmehr der einer bloßen Volkssitte
sind.
Vgl. Hillebrand, Deutsche Rechtssprichwörter (Zürich
1858);
Graf und Dietherr, Deutsche Rechtssprichwörter (2. Ausg., Nördling.
1869);
Osenbrüggen, Die deutschen Rechtssprichwörter (Vortrag, Basel
1876).
(Justizverweigerung), das Versagen oder rechtswidrige Verzögern der in Anspruch genommenen Rechtshilfe
seitens der Gerichte. In derartigen Fällen hat die dadurch betroffene Partei zunächst das Recht zur Beschwerde (querela denegatae
s. protractae justitiae) bei dem zuständigen Obergericht oder bei der betreffenden Staatsregierung. Für das Deutsche Reich
ist im Art. 77 der Reichsverfassung vom bestimmt, daß es, wenn in einem Bundesstaat im Fall einer Rechtsverweigerung auf gesetzlichem
Weg keine ausreichende Hilfe erlangt werden kann, dem Bundesrat obliegen soll, Beschwerden über verweigerte
oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen und darauf die gerichtliche Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß
gegeben hat, zu bewirken.
Verfolgung eines Rechtsanspruchs durch Anstrengung eines Rechtsstreits oder Prozesses (s. d.).
Vom Rechtsweg ausgeschlossen
ist eine Angelegenheit dann, wenn dieselbe nicht zum Gegenstand eines Prozesses gemacht werden kann, wie
dies bei vielen Verwaltungssachen und namentlich da der Fall ist, wo das Verwaltungsstreitverfahren nicht eingeführt.
Auf
den Rechtsweg verwiesen wird eine Angelegenheit dann, wenn sie sich als eine Justizsache zur Verhandlung vor den Verwaltungsbehörden
nicht eignet.
(Rechtsgelehrsamkeit, Jurisprudenz), im
subjektiven Sinn die wissenschaftliche Erkenntnis und Kenntnis
der Rechtssatzungen, im objektiven Sinn ihre wissenschaftliche Bearbeitung und Darstellung. Es ist die hauptsächlichste Aufgabe
des Rechtsgelehrten, die Normen des geltenden Rechts kennen zu lernen und wissenschaftlich festzustellen, welche Rechtssätze
die Lebensverhältnisse der Menschen normieren, und insofern hat die Rechtswissenschaft einen vorwiegend praktischen Charakter.
Wer sich namentlich dem praktischen Dienste der Rechtspflege widmet, was ja von dem größten Teil der Juristen
gilt, hat sich vornehmlich die Kenntnis derjenigen Rechtssatzungen anzueignen, welche in dem Staate, dem er angehört, positive
Geltung beanspruchen und bei der Entscheidung einzelner Rechtsfälle zur Anwendung zu bringen sind. Jedoch durch eine wissenschaftliche
Darstellung der Normen des geltenden Rechts allein (Dogmatik des Rechts) und durch eine wissenschaftliche
Gliederung und Abgrenzung der einzelnen Gebiete desselben (Systematik des Rechts) wird der Gegenstand der Rechtswissenschaft keineswegs erschöpft.
Denn alles positive Recht, wie es sich in den Gesetzbüchern eines Volkes und in seinen Rechtsgewohnheiten darstellt, ist historischen
Ursprungs; nur aus der Vergangenheit aber können wir die Gegenwart recht erkennen und ebendarum Zweck
und Bedeutung und überhaupt den Sinn einer Rechtsnorm nur dann richtig erfassen, wenn wir auf ihre historische Entstehung
und Entwickelung zurückgehen. Wie daher die Rechtsgeschichte ein wichtiger Teil der Volks- und Kulturgeschichte überhaupt ist,
so erscheint sie auch als integrierender und wesentlicher Teil der Rechtswissenschaft, und zwar
pflegt man hierbei zwischen äußerer und innerer Rechtsgeschichte zu unterscheiden, indem man unter ersterer die chronologische
Aufzählung der Rechtsquellen eines Volkes, seiner Gesetze und Rechtsbücher und die Geschichte derselben versteht, während
sich die innere Rechtsgeschichte mit der historischen Entwickelung der einzelnen Rechtsinstitute zu beschäftigen
hat.
Sieht man aber von dem Recht, welches historischen Ursprungs ist, ab, also von dem Recht, welches als der Ausdruck des Staatswillens
erscheint und ebendarum den Einzelwillen bindet, so ist es der Vernunftthätigkeit des Einzelnen unbenommen, sich ein eignes
Rechtssystem zu konstruieren oder doch darüber nachzudenken und philosophische Erörterungen darüber
anzustellen, wie das geltende Recht weiter auszubilden und wie es mit den menschlichen Lebensverhältnissen, aber auch mit
der Rechtsidee selbst mehr und mehr in Einklang zu bringen sei.
Diese Geistesthätigkeit wird Rechtsphilosophie, ihr Resultat Natur- oder Vernunftrecht (s. d.) genannt. Indem sie sich mit einem
der höchsten Zwecke der Menschheit überhaupt beschäftigt, bildet die Rechtsphilosophie einen wichtigen
Teil der allgemeinen Philosophie, und gleichwohl ist sie doch auch von praktischem Wert für die Rechtswissenschaft. Denn sie eröffnet
dem Rechtsgelehrten den philosophischen Sinn; sie verleiht ihm jene Unbefangenheit und Klarheit, welche für die Prüfung der
positiven Rechtsnormen erforderlich ist; sie ermöglicht das Eindringen in den Geist des Rechts und in
die logischen Grundlagen der bestehenden Rechtsordnung, fördert eine selbständige Prüfung ihrer Zweckmäßigkeit, ein Aufdecken
ihrer Mängel und eine wissenschaftliche Vorbereitung ihrer Fortentwickelung, und ebendarum soll in der Rechtswissenschaft die
philosophische Lehr- und Lernmethode mit der historischen Hand in Hand gehen. Freilich kann das Produkt rechtsphilosophischer
Thätigkeit allgemeine Geltung nicht