mehr
Bildebene einen
Winkel
[* 1] von 45° einschließen, liegt der Verschwindungspunkt auf dem
Umfang eines
Kreises, des Distanzkreises,
dessen
Mittelpunkt der Hauptpunkt und dessen
Halbmesser der
Entfernung des
Zentrums von der Bildebene gleich ist. Dagegen fällt
für
Gerade, welche mit der Bildebene parallel
laufen, der Verschwindungspunkt in unendliche
Ferne; ihre Projektionen
laufen
dann ebenfalls mit ihnen und also auch unter sich parallel.
Mit Benutzung dieser
Sätze lassen sich perspektivische Abbildungen
leicht herstellen.
Solche Abbildungen geben eine anschauliche
Vorstellung von den Gegenständen und eignen sich daher für künstlerische
Zwecke;
sie haben aber den Nachteil, daß man die
Dimensionen und
Winkel nur sehr umständlich aus ihnen ersehen
kann. Dieser Übelstand ist nicht vorhanden bei der Parallel
projektion
, die man erhält, wenn man das Projektionszentrum
in unendliche
Ferne rückt, so daß die Projektion
sstrahlen alle parallel
gehen. Die zwei ersten der beiden obigen
Sätze bleiben
dann auch noch in Gültigkeit; statt des dritten hat man aber die beiden
Regeln: die Projektionen
von
parallelen
Geraden sind stets wieder parallel
, und das
Verhältnis zwischen zwei
Abschnitten, die auf einer und derselben oder
auf parallelen
Geraden liegen, wird durch die Parallel
projektion
nicht geändert.
Man unterscheidet zwei Unterarten der Parallel
projektion:
die schiefe (klinographische), bei welcher die Projektionsstrahlen
einen schiefen
Winkel mit der Bildebene einschließen, und die rechtwinkelige (orthogonale, orthographische)
Parallel
projektion
, bei welcher die Projektionsstrahlen senkrecht auf der Bildebene stehen. Als
Beispiel der schiefen Parallel
projektion
kann jeder durch die Sonnenstrahlen verursachte
Schatten
[* 2] dienen; sie findet heutzutage nur noch selten Verwendung, während
früher einzelne
Arten derselben, wie die sogen.
Militär- oder
Kavalierperspektive (Neigungswinkel = 45°),
zu besondern
Zwecken benutzt wurden. Dagegen findet die rechtwinkelige Parallelprojektion
allgemein zur
Darstellung von
Maschinen,
Bauwerken etc. Anwendung. Gewöhnlich projiziert man dabei die
Objekte auf zwei
Ebenen, eine horizontale (α,
[* 3]
Fig. 2) und eine
vertikale (β), von denen die letztere von dem Zeichner stehend gedacht wird.
Die Projektionen
auf diese zwei
Ebenen unterscheidet man als horizontale Projektion
[* 4] od.
Grundriß und vertikale
Projektion oder
Aufriß;
durch beide ist das räumliche Objekt vollständig bestimmt. In [* 3] Fig. 2 ist die Projektion einer geraden Linie PQ versinnlicht;
PP' u. QQ' sind die auf die horizontale Ebene α, PP« u. QQ" die auf die vertikale Ebene β gefällten Perpendikel, welche von den Endpunkten der Geraden PQ ausgehen;
P' u. Q' sind die horizontalen, P« u. Q" die vertikalen Projektionen von P und Q, P'Q' ist daher die horizontale, P"Q" die vertikale Projektion von PQ.
Legt man noch durch P und Q Ebenen, welche, senkrecht auf der Schnittlinie der Projektionsebenen, auf dem sogen. Grundschnitt AB stehen und denselben in M und N schneiden, so geben die in der horizontalen Ebene liegenden Geraden MP' und NQ' (beide senkrecht auf AB) die Abstände P"P und Q"Q der Punkte P und Q von der vertikalen Projektionsebene an, während MP« und NQ" (gleich P'P und Q'Q) die Höhen über der horizontalen Ebene angeben. Da man nicht wohl auf zwei senkrecht aufeinander stehenden Zeichenebenen arbeiten kann, so denkt man sich beide in eine einzige Ebene umgeklappt; so daß der Grundschnitt von links nach rechts läuft [* 3] (Fig. 3) und die obere Hälfte der Zeichenebene die (obere) vertikale, die untere Hälfte aber die (vordere) horizontale Projektionsebene darstellt.
Bemerkt werden mag noch, daß die Länge der Projektion einer Linie, wie P'Q' oder P"Q" [* 3] (Fig. 3), gleich ist der Länge der Linie selbst, multipliziert mit dem Kosinus ihres Neigungswinkels gegen die Projektionsebene. Die Projektion ist also im allgemeinen stets kürzer als die Gerade selbst; nur wenn letztere mit der Bildebene parallel läuft, ist die Projektion ebenso lang. Aus Grund- und Aufriß lassen sich mit leichter Mühe alle Dimensionen und Winkel des dargestellten Objekts abnehmen, auch lassen sich bequem räumliche Konstruktionen durch solche in den Projektionsebenen ersetzen.
Derartige Regeln waren schon seit langer Zeit bei Zimmerleuten und andern Handwerkern im Gebrauch; dieselben gesammelt, systematisch geordnet und zu einer neuen Wissenschaft, der darstellenden (deskriptiven) Geometrie, verarbeitet zu haben, ist das Verdienst von Gaspard Monge (s. d.). Häufig nimmt man zu den zwei betrachteten Projektionen noch eine dritte zu Hilfe, nämlich eine zweite vertikale Projektion auf eine zum Grundschnitt senkrechte Ebene (in [* 3] Fig. 2 durch ihre Durchschnitte AC u. AD mit α und β angedeutet); man bezeichnet diese Projektion als Querriß (Kreuzriß) oder Seitenansicht und kann sie aus Grund- und Aufriß entwickeln, wie in [* 3] Fig. 4 angedeutet ist, wo man die Projektionsebene CAD um AD gedreht und auf C1AB gelegt hat.
Die orthogonale Projektionen auf zwei (oder auch drei) aufeinander senkrechte Ebenen genügen indes zwar den Ansprüchen des Technikers in vorzüglichem Grad, gewähren aber kein anschauliches Bild; vielmehr muß derjenige, welcher Grund- und Aufriß eines Objekt vor sich hat, erst aus diesen beiden sich im Geist ein Bild zusammenstellen. Allerdings zeigt eine jede orthogonale Projektion den Gegenstand so, wie er, aus großer (eigentlich unendlicher) Ferne betrachtet, erscheint.
Beim Grundriß muß man sich dann das Auge [* 5] weit über dem Objekt denken, ein ungewöhnlicher Standpunkt. Beim Aufriß aber, wo das Auge in weiter Ferne vor dem Objekt zu denken ist, hat zwar der Standpunkt nichts Ungewöhnliches; es werden aber in der Regel viele Linien etc. durch andre verdeckt, weil man behufs bequemerer Herstellung der Zeichnung das Objekt gern so stellt, daß möglichst viele Flächen parallel zur vertikalen Ebene oder senkrecht auf ihr stehen. Diese Übelstände fallen weg, wenn man das Objekt auf eine schräg geneigte Fläche orthogonal projiziert; das Bild gewährt dann den Anblick, welchen das (in der Richtung der Pro-
Fig. 4. Prinzip der rechtwinkeligen Parallelprojektion] ¶