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staatsmännisches Geschick, und zugleich eignete er sich damals eine gründliche Kenntnis der englischen Institutionen und des britischen Volkscharakters an. Als 1761 die Regierung des Bistums Osnabrück [* 1] an den Prinzen Friedrich, den minderjährigen Sohn des Königs Georg III. von England, fiel, war Möser von da an (obschon er erst 1768 offiziell zum Geheimen Referendar ernannt wurde) 20 Jahre hindurch die Seele der gesamten Landesverwaltung. Seine einflußreiche Thätigkeit hatte mit ungemeinen, in den eigentümlichen Verhältnissen von Osnabrück begründeten Schwierigkeiten zu kämpfen.
In dem kleinen Ländchen, wo sich mehr als irgend anderswo Reste altgermanischen Lebens in Verfassung und Volkssitte erhalten hatten, fand sich ein seltsames Gemisch von Freiheiten und Einschränkungen des öffentlichen Wesens, und gerade die Eigentümlichkeit dieser Zustände war es, welche Mösers politische Einsicht zu einer Höhe gelangen ließ, auf der er geradezu alle seine deutschen Zeitgenossen überragte. Er starb Möser war eine Persönlichkeit von kerngesundem Schlag, stark und groß von Gestalt, humoristisch und voll festen Ernstes, treuherzig und Vertrauen weckend, ein deutscher Mann im besten Sinn des Wortes.
Als Schriftsteller nimmt er im Fach der Publizistik und Geschichtschreibung eine hervorragende Stellung ein. Er begründete 1766 die »Wöchentlichen Osnabrückischen Intelligenzblätter«, welche von ihm bis Mitte 1782 geleitet, bis 1792 mit Beiträgen ausgestattet wurden. Aus den für diese Zeitschrift verfaßten Abhandlungen stellte er 1774 eine Auswahl unter dem Gesamttitel: »Patriotische Phantasien« (4. Aufl., hrsg. von seiner Tochter J. ^[Johanne/Jenny Wilhelmine Juliane] v. Voigt, Berl. 1820, 4 Bde.; neue Ausgabe mit Einleitung und Anmerkungen von R. Zöllner, Leipz. 1871, 2 Bde.) zusammen.
Diese Aufsätze sind in ihrer Mehrheit unvergleichliche Muster populärer Behandlung der verschiedenartigsten Gegenstände, kleine Meisterwerke voll klarer Gedankenfülle, humoristischer Laune, psychologischen Tiefblicks, politischer und volkswirtschaftlicher Weisheit, gründlichen Wissens und sittlichen Ernstes. Zugleich bekunden die kleinen Abhandlungen ein entschieden künstlerisches Talent ihres Verfassers, wie denn auch durch seine gegen Gottsched gerichtete Abhandlung »Harlekin, oder Verteidigung des Grotesk-Komischen« in dem Aufsatz »Über die deutsche Sprache und Litteratur« sehr helle ästhetische Einsichten an den Tag legt. Am bewundernswürdigsten erscheint er jedoch in der Klarheit und dem divinatorischen Tief- und Scharfblick seiner volkswirtschaftlichen und politischen Überzeugungen.
Der Einfluß, den er als gelehrter und zugleich echt populärer Schriftsteller geübt hat, war außerordentlich und wirkt noch jetzt nach. Nicht geringere Bedeutung als der Publizist hat der Historiker Möser. Mitten in den Stürmen des Siebenjährigen Kriegs und seinen mühseligen Geschäften entwarf er seine ausgezeichnete »Osnabrückische Geschichte« (Osnabr. 1768, 2 Bde.; 2. umgearb. Aufl., Berl. 1780; 3. Aufl. 1819). Auch als Dichter hat sich Möser versucht, doch zeigt er in seinem Trauerspiel »Arminius« (Hannov. 1749) sich noch gänzlich in der Enge Gottschedscher Ästhetik befangen. Die sämtlichen Werke Mösers gab Abeken in 10 Bänden (Berl. 1842-44, neue Ausg. 1858) heraus.
Vgl. Nicolai, Leben Justus Mösers (Berl. 1797, neue Ausg. als 10. Bd. von Mösers »Werken«);
Kreyssig, Justus Möser (das. 1857).
Am wurde ein Denkmal Mösers (von Drake) in seiner Vaterstadt aufgestellt.
2) Albert, lyrischer Dichter, geb. zu Göttingen, [* 2] studierte daselbst klassische Philologie und ward dann Lehrer der alten Sprachen an der Krauseschen Lehr- und Erziehungsanstalt zu Dresden, [* 3] in welcher Stellung er sich noch zur Zeit befindet. Mit seinen »Gedichten« (Leipz. 1864, 2. Aufl. 1869) erwarb er sich rasch einen Ruf als Vertreter reiner Form im Platenschen Sinn, während der Inhalt derselben nur in der elegischen Stimmung eine gewisse Eigentümlichkeit zeigte. Auch in seinen »Neuen Sonetten« (Leipz. 1866),
in der Gedichtsammlung »Nacht und Sterne« (Halle [* 4] 1872),
den »Idyllen« (das. 1875) und den neuen Gedichten: »Schauen und Schaffen« (Stuttg. 1881),
interessierte vorzugsweise die schöne Form. Er schrieb noch: »Das Dresdener Hoftheater 1862-1869« (Dresd. 1869) und »Totenopfer. Gneisenaus Enkel, dem Grafen L. von Hohenthal« (das. 1870).