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Kadettenkorps in Petersburg, [* 1] verheiratete sich bald darauf mit einer natürlichen Tochter der Kaiserin Katharina und wurde bei dem Regierungsantritt Pauls 1799 Direktor der Ritterakademie mit Majorsrang. In der Katastrophe, die Alexander I. auf den Thron [* 2] hob, spielte Klinger die Rolle des Beobachters. Alexander I. ernannte ihn in der Folge zum Generalleutnant, zum Präsidenten der wichtigsten Departements der Militärverwaltung und zum Oberaufseher des Kadetteninstituts sowie des Fräuleinstifts und des St. Katharinenordensstifts.
Kraft [unkorrigiert]
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Kraft.Auch erhielt er die Rente eines Kronguts in Kurland [* 3] auf Lebenszeit und wurde 1811 zum Kurator der Universität Dorpat [* 4] ernannt, welche Stelle er bis 1817 bekleidete. Im J. 1820 suchte er um Enthebung von allen seinen Ämtern nach, zog sich aber erst 1830 ganz zurück und starb in Petersburg. Von seinen dramatischen Werken, welche meist in die erste Hälfte seines Lebens fallen, heben wir hervor die Trauerspiele: »Die Zwillinge« und »Konradin«, ersteres eine Dichtung voll übersprudelnder Kraft, [* 5] Leidenschaftlichkeit und hochtragischer Elemente, letzteres hervorstechend durch energische Charakterzeichnung;
ferner das wild verworrene renommistische Schauspiel »Sturm und Drang«, von dem die ganze Epoche, in der es entstand, den Namen empfing, »Simsone Grisaldo«, »Der Günstling«;
einige Stücke, welche antike Stoffe behandeln: »Medea in Korinth«, [* 6] »Medea auf dem Kaukasus«, »Damokles« etc., sowie einige Lustspiele: »Die Spieler«, »Der Schwur«, »Die zwo Freundinnen«.
Inhaltreicher und bedeutender als die Dramen Klingers (gesammelt als »Theater«, [* 7] Leipz. 1786-87, 4 Bde., und »Neues Theater«, das. 1790, 2 Bde.) waren seine von Rousseauschen Anschauungen erfüllten, zu gleicher Zeit derb-realistischen und philosophisch-reflektierenden Romane: »Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt« (Petersb. 1791),
»Geschichte Giafars, des Barmeciden« (das. 1792),
»Geschichte Raphaels de Aquilas« (das. 1793),
»Reisen vor der Sündflut« (Riga [* 8] 1795),
»Geschichte eines Deutschen der neuesten Zeit« (Leipz. 1798),
»Der Faust der Morgenländer« (Riga 1797),
»Der Weltmann und der Dichter«, sein bestes Werk, in der That eine unvergängliche Leistung voll Kraft und psychologischer Feinheit (Leipz. 1798),
und »Sahir, Evas Erstgeborner im Paradies« (das. 1798). Eine Sammlung des Besten seiner Werke hat Klinger selbst veranstaltet (Königsb. 1809-15, 12 Bde.; neue Ausg., Stuttg. 1842, 12 Bde.); eine andre Auswahl erschien in 8 Bänden (Stuttg. 1878-80).
Vgl. Erdmann, Über Klingers dramatische Dichtungen (Königsb. 1877);
E. Schmidt, Lenz und Klinger, zwei Dichter der Geniezeit (Berl. 1878);
M. Rieger, in der Sturm- und Drangperiode (Darmst. 1880, mit vielen Briefen).