Störungan.In reiferm und höherm
Alter findet es sich seltener als in der
Jugend. Die gewaltige Macht, welche das Heimweh auf
den davon Befallenen ausübt, erhellt unter anderm aus der
Thatsache, daß es in
Frankreich bis über die Mitte des 18. Jahrh.
hinaus bei
Todesstrafe verboten war, denKuhreigen zu singen oder zu pfeifen, weil die schweizerischen
Soldaten durch das
Hören desselben haufenweise in Heimweh verfielen, desertierten oder starben. Gründlich beseitigt wird das Heimweh in
seinen schweren
Formen in der
Regel nur durch die Rückkehr in die
Heimat. Zur Verhütung des Heimwehs in
Armeen,
Lagern,
Garnisonen,
Spitälern und auf
Schiffen dient alles, was Heiterkeit,
Mut und
Hoffnung zu erwecken und zu erhalten im
stande ist: humane Behandlung, Vermeidung von Müßiggang, von übermäßiger Anstrengung und Neckereien, gymnastische Übungen,
nützlicher
Unterricht,
Spiele,
Musik etc.
Der
Ausdruck wurde erst 1774 von M.
Claudius,
wahrscheinlich in Anlehnung an eine im
Niederdeutschen gebräuchliche volkstümliche Bezeichnung (Heinenkleed ist daselbst
s. v. w. Totenkleid), eingeführt und dann schnell populär.
LudwigFriedrich, Philolog, geb. zu
Berlin,
[* 5] gebildet auf dem Köllnischen
Gymnasium daselbst, an
welches er, nachdem er in
Halle
[* 6] unter
Wolf studiert hatte, 1796 als Subrektor zurückkehrte, wurde 1810
Professor an derUniversität
daselbst, ging aber 1811 als solcher nach
Breslau
[* 7] und im Frühjahr 1816 nach
Halle, wo er bereits 23. Juni d. J. starb. Er gab
heraus: »Platonis dialogi selecti« (Berl. 1802-10, 4 Bde.;
Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl.
von
Ph.
Buttmann, 1827-29);
»Horaz'
Satiren« (Bresl. 1815; 3. Aufl. vonDöderlein, Leipz. 1859) und
Ciceros
»De natura deorum« (das. 1815).
1)
Salomon, verdienter
BürgerHamburgs, geb. 1767 zu
Hannover
[* 8] von unbemittelten jüdischen Eltern, war seit 1784 in
Wechselgeschäften zu
Hamburg
[* 9] beschäftigt, wurde dann
Wechselmakler und richtete 1797 mit
Heckscher ein Bankiergeschäft ein,
mit
dem er den
Grund zu seinem spätern
Reichtum legte. Durch seine Opferwilligkeit und Entschlossenheit
wendete er die schlimmsten
Folgen des furchtbaren
Brandes vom von der
Hamburger Geschäftswelt ab; zugleich stellte
er dem
Staat unaufgefordert ½
Million zur
Verfügung. Überhaupt war Heines
Wohlthätigkeit eine wahrhaft großartige. Das
Krankenhaus
[* 10] für jüdische
Arme ist ganz aus seinen
Mitteln gebaut worden; ebenso verdanken die Vorschußanstalt für
jüdische
Handwerker sowie andre milde Anstalten ihm ihre Entstehung. Er starb
Nachdem er schon 1825 zum
Christentum übergetreten, heiratete er später eine Pariserin,
MathildeMirat (gest. in
Passy bei
Paris).
Deutschland
[* 17] besuchte er nur noch zweimal flüchtig im
Herbst 1843 und im
Sommer 1844. Nachdem er für
ein Rückenmarksleiden, das ihn 1845 befiel, in einem Pyrenäenbad vergeblich
Heilung gesucht, fesselte ihn die
Krankheit seit
dem
Frühling 1848 gänzlich an seine martervolle »Matratzengruft«. Trotz
seines jammervollen körperlichen Zustandes wußte er sich die Beweglichkeit und
Frische seines
Geistes zu bewahren.
Freunde, die ihn in der letzten Zeit besuchten, schilderten ihn als einen Bekehrten, bei dem aber
noch zuweilen die Weltlust hervorbreche. »Sonst nannte man mich einen
Heiden«, sagte er lächelnd einem dieser Besucher, »jetzt
bin ich nichts weiter als ein armer, kranker
Jude.« Er erlag seinen körperlichen
Leiden
[* 18] In die litterarische
Welt
war er durch seine »Gedichte« (Berl.
1822),
denen im folgenden Jahr die
Tragödien:
»Almansor« und »Ratcliff« mit dem
»LyrischenIntermezzo« folgten, eingetreten.
Doch hatten diese Erzeugnisse keine besondere
Aufmerksamkeit erregt und waren bald vergessen worden.
Um so größeres
Glück
machten die beiden ersten
Bände der »Reisebilder« (Hamb. 1826-1827),
die später durch zwei neueBände vermehrt wurden (das. 1830-31, zusammen 4 Bde.; 5. Aufl.
1856). Selten hat in der Litteratur ein Reisetagebuch voll flüchtiger Einfälle und
Empfindungen so großes Aufsehen gemacht
wie dieses.
Die das
Publikum, namentlich das jugendliche, fesselnden
Momente desselben waren: »die in reizenden Naturbildern schwelgende
Wanderlust, die lyrischen
Klänge aus Herzenstiefen, kokett melancholisch oder skeptisch frivol«, vor
allem aber der treffende, schonungslose
Witz, der den damals grassierenden Wortwitz der Theaterjournalisten an geistiger
Energie
weit übertraf. Leider trat aber schon in den letzten
Bänden der »Reisebilder« ein »cynischer
Trotz« und eine »renommierende Liederlichkeit« hervor, welche später
ein charakteristisches Merkmal der Heineschen
Muse wurde. Die eingestreuten, zum Teil sehr originellen
Lieder samt einer
Reihe neu hinzugefügter gab er gesammelt in seinem
»Buch der
Lieder« (Hamb. 1827, 32. Aufl. 1872) heraus,
welches, immer neu aufgelegt, als die glanzvolle
Offenbarung eines großen dichterischen
Talents bis auf die Gegenwart bei
der
Nation¶