Hefe
Hefe

* 1
Hefe.
[* 1] (Bärme,
Germ), die bei der Alkoholgärung auftretende schmutzig weiße bis bräunliche, breiige
Masse, welche
als
Ferment der
Gärung wirkt und dieselbe hervorruft. Bei der etwa zwischen +4 u. 10° C. langsam verlaufenden
sogen.
Untergärung der Bierwürze setzt sich die Hefe
in einer dichten
Schicht auf dem
Boden des Gärungsgefäßes
ab (Unterhefe
). Bei der
Obergärung des
Biers aber, welche bei 14-18° C. rasch und stürmisch verläuft, wird die Hefe
von den
aufsteigenden Kohlensäureblasen großenteils mit aufgetrieben und als ein gelbbrauner Schaum an der Oberfläche abgeschieden
(Oberhefe
).
Beide benutzt man immer nur wieder zum Hervorrufen derselben
Gärung. Die Hefe
besteht aus einzelligen
Pflanzen,
welche wachsen und durch einen Zellteilungsprozeß sich vermehren. Es sind rundliche oder ovale
Zellen von ungefähr 0,01
mm größtem
Durchmesser, mit dünner, aber derber
Haut
[* 2] und farblosem
Protoplasma, welches einige mit Zellsaft erfüllte
Vakuolen
einschließt
[* 1]
(Fig. a). Die
Zellen liegen einzeln oder paarweise oder zu mehrzelligen
Gruppen
[* 1]
(Fig. d) verbunden.
Mikroskop

* 3
Mikroskop.
Fixiert man ein wenig unter dem
Mikroskop
[* 3] in einem
Tropfen
Flüssigkeit, so kann man das
Wachsen und Vermehren der Hefe
zellen
direkt verfolgen. Die
Zellen bekommen an einem oder mehreren
Punkten einen knopfförmigen Fortsatz, welcher nach u. nach bis
zur
Größe der Mutterzelle heranwächst, sich vom
Inhalt derselben füllt u. zuletzt durch
Bildung einer
Scheidewand von ihr sich abgrenzt
[* 1]
(Fig. b
u. c). Die neue
Zelle
[* 4] bleibt mit der alten entweder noch im
Verband,
[* 5] oder löst sich
ab; jedenfalls ist sie nun selbst gleicher
Vermehrung fähig.
Wegen dieser eigentümlichen Zellenbildung
(Sprossung) gehört die Hefe
in die
Gruppe der Saccharomyceten
(Hefepilze) und wird mit andern Organismen in eine
Gattung,
Cryptococcus Ktzg.
oder
Saccharomyces
Meyen, vereinigt. Einige
Schimmelpilze können, wenn ihre
Sporen oder Mycelien in
Flüssigkeiten gebracht werden,
hefe
ähnliche
Sprossungen zeigen; dies gilt besonders von
Mucor racemosus. Die
Sprossungen desselben sind durch ihre
Größe
und kugelrunde Gestalt (sogen. Kugelhefe
oder
Gemmen)
[* 6] leicht von echter Hefe zu unterscheiden.
Pilze I

* 7
Pilz.Nach Brefeld tritt am Mucor diese Erscheinung nur dann ein, wenn er in einer Flüssigkeit kultiviert wird und dieselbe sich bei Zunahme der Vegetation mit Kohlensäure sättigt, wobei der Pilz [* 7] zugleich an seiner Fruchtbildung gehindert wird. Es läßt sich daher jederzeit aus Kugelhefe wieder der typische Mucor erziehen, wenn die normalen Bedingungen gegeben werden. Echte Hefe dagegen läßt sich unter keinen Verhältnissen weder aus irgend einem Schimmelpilz ziehen, noch in einen solchen verwandeln; die Sprossung ist ihr unveräußerlicher Charakter.
An der Luft, auf nährstoffarmem Substrat bilden die Hefezellen durch freie Zellbildung zwei oder mehrere rundliche Sporen in ihrem Innern, welche nach Auflösung der Mutterzellhaut frei werden [* 1] (Fig. e) und nach einer Ruheperiode in zuckerhaltiger Flüssigkeit wieder unter hefeartiger Sprossung aufkeimen. Wegen dieser Art der Sporenbildung werden die Hefepilze neuerdings in die Verwandtschaftsreihe der Askomyceten gestellt, unter denen sie sich am nächsten an Exoascus anschließen.
Die Lebensbedingungen der Hefe sind ziemlich genau ermittelt. Bierhefe wächst und vermehrt sich, wenn ihr neben Wasser Kohlenstoff in Form von Zucker, [* 8] Stickstoff als Eiweißverbindung oder Ammoniaksalz und eine Reihe von Aschenbestandteilen zu Gebote stehen, unter denen phosphorsaures Kali und schwefelsaure Magnesia die unentbehrlichsten sind. Fehlt dem Pilz ein entsprechendes Medium, und ist er dabei vor Fäulnis geschützt, so kann seine Vegetation viele Monate lang ruhen, ohne daß sein Tod eintritt; ebenso erträgt er einen Verlust von über zwei Dritteln seines normalen Wassergehalts, der etwa 40 Proz. seiner Gesamtsubstanz beträgt, wenn ihm dasselbe langsam entzogen wird, während rasche und zu reichliche Wasserentziehung ihn tötet, ein Verhalten, auf welchem die Methode, Hefe zu konservieren, und insbesondere die Preßhefefabrikation beruht.
Die mittlere Vegetationstemperatur der Hefe liegt etwa zwischen +8 und 35° C.; unterhalb +3° beginnt die Vegetation zu erlöschen, ohne daß der Pilz getötet wird. Auch Temperaturerhöhung auf 100° C. und selbst 130° C. ist in der Dauer einiger Stunden trockner Hefe unschädlich; in Wasser dagegen wird letztere schon über 75° C. getötet. Für die vegetierende Hefe ist auch Anwesenheit von Sauerstoff erforderlich; über die Form, in welcher derselbe aufgenommen wird, bestehen aber verschiedene Ansichten.
Nach Pasteur bedarf die Hefe des freien atmosphärischen Sauerstoffs nicht, sondern entzieht denselben dem Zucker und bewirkt dadurch dessen Gärung. Nach Brefeld dagegen ist ihr der freie Sauerstoff unentbehrlich, und sie besitzt eine so große Anziehung zu demselben, daß sie z. B. aus einem Kohlensäurestrom die beigemengten minimalsten Mengen desselben noch absorbieren kann und erst zu vegetieren aufhört, wenn der Sauerstoffgehalt auf 1/6000 des Volumens abnimmt. Traube hat aber gezeigt, daß Hefekeime zwar nicht ohne freien Sauerstoff sich entwickeln können, daß aber entwickelte Hefe ohne jede Spur desselben sich vermehrt und Gärung erregt; nach ihm entzieht sie aber den ihr nötigen Sauerstoff nicht dem Zucker, sondern den beigemengten Eiweißverbindungen. - Daß die Hefe die Alkoholgärung erregt, wird von allen Naturforschern zugegeben; aber über das Wie dieser Wirkungen sind die Ansichten geteilt. Während Liebig, Traube und andre Chemiker die Erscheinung durch einen in den Hefezellen enthaltenen, als Ferment wirkenden Stoff erklären, erblicken Pasteur und die Botaniker darin einen Lebensprozeß der Hefezelle. Nach den neuern Untersuchungen muß man die Pilzspezies, welche ausschließlich, wie die Hefepilze, oder nur unter besondern Verhältnissen, wie Exoascus, Mucor, Ustilago, Fumago, Dematium, sich durch Sprossung vermehren (Sproß-
[* 1] ^[Abb.: Zellen der Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae). a Einzelne Hefezelle, b Hefezelle mit Anfang der Sproßbildung, c Nebenzelle, die neben der erstentwickelten Sproßzelle eine zweite angelegt hat, d Sproßkolonie, e Hefezelle mit Sporenbildung.] ¶