(Commotio cerebri) entsteht durch einen starken
Schlag an den
Kopf, durch einen
Sturz von beträchtlicher
Höhe und ähnliche Einwirkungen. Der Getroffene stürzt zusammen, ist bewußtlos, kommt aber bald
zum
Bewußtsein zurück und klagt nun über
Schwindel, Verwirrung der sinnlichen
Vorstellungen,
Ohrensausen,
Neigung zum
Schlaf.
Bei schwerer Gehirnerschütterung hält die
Bewußtlosigkeit längere Zeit an, der Getroffene liegt unbeweglich in tiefem
Schlaf, sein
Gesicht
[* 4] ist blaß,
Hände und
Füße fühlen sich kalt an, die
Respiration ist leicht, der
Pins klein und gleichmäßig.
Die
Augen sind unempfindlich gegen Lichteindrücke, der Kranke reagiert nicht auf Hautreize. Kommt er dann zum
Bewußtsein,
so dauern einzelne Sinnesstörungen noch an, das eine oder andre
Glied
[* 5] kann nicht nach Belieben bewegt werden, die
Sprache
[* 6] ist gestört etc. Häufig hat der Kranke nicht die geringste
Erinnerung von dem, was sich mit ihm zugetragen
hat. Stets ist bei der Gehirnerschütterung mehr oder weniger heftiges
Erbrechen vorhanden, welches sich einigemal zu wiederholen pflegt.
Trotz der schweren
Symptome, welche selbst in den
Tod ausgehen können, findet man bei reiner und einfacher Gehirnerschütterung keine gröbere
anatomische Veränderung imGehirn,
[* 7] und hierin unterscheidet sich die
Erschütterung von der
Gehirnquetschung
(Contusio cerebri), bei welcher stets
Substanz zerdrückt wird und
Blut austritt. Die einzige, nur mit dem
Mikroskop
[* 8] zu ermittelnde,
aber doch höchst bedeutungsvolle Veränderung ist die von
Virchow entdeckte
Verkalkung der Ganglienzellen
[* 9] am
Orte der Gewalteinwirkung,
durch welche der Verlust der höchsten Lebensthätigkeiten völlig erklärt wird, da eine spätere
Verkalkung
nur dann Platz greifen kann, wenn die
Zellen vorher für ihre
Funktion abgestorben sind. Je nach dem
Grade der
Erschütterung
kann sofort der
Tod eintreten, oder es kann infolge einer nachfolgenden
Gehirnentzündung nach
Tagen eine
Gehirnlähmung das
Leben beschließen, oder die Gehirnerschütterung kann ohne
Schaden in völlige
Heilung übergehen.
(Encephalomalacia), Kollektivbezeichnung für sehr verschiedenartige Zustände, welche jedoch das
Gemeinsame haben, daß dabei irgend ein Hirnabschnitt seine
Textur eingebüßt hat und zu einer breiigen
Masse erweicht ist.
Man unterscheidet gewöhnlich nach einem rein äußerlichen Merkmal, nämlich dem Farbenunterschied, eine rote Gehirnerweichung, welche
später zur braunen Gehirnerweichung werden kann, eine gelbe und weiße Gehirnerweichung 1) Die rote
Gehirnerweichung entsteht jedesmal dadurch, daß
Blut aus arteriellen
Gefäßen austritt und sich in der weichen
Substanz des
Gehirns durch
Zerreißung und Zertrümmern der nervösen
Elemente seinen
Raum verschafft.
Der so entstandene Blutherd gleicht einem roten Brei. Die Entstehungsursache der roten Gehirnerweichung kann
in vielen
Fällen auf eine äußere Gewaltwirkung,
Quetschung oder Gegenschlag
(contre-coup) zurückgeführt werden, wobei dann
die
Herde in der Rindensubstanz gelegen sind, oder sie kann in der Berstung erkrankter, aneurysmatisch erweiterter oder durch
Blutgerinnsel
(emboli) verschlossener
Gefäße beruhen. Ist die
Masse des ergossenen
Bluts nicht so groß,
daß augenblicklich der
Tod in Form eines
Schlagflusses erfolgt, so verfällt der rote Brei einer Rückbildung.
Das
Blut wird aufgelöst, großenteils aufgesogen, zum andern Teil in Form von körnigem, seltener kristallinischem
Pigment
deponiert, wodurch der
Herd in eine braune
Erweichung umgewandelt wird. Die nervösen
Bestandteile verfallen
der Fettentartung und werden gleichfalls von den
Lymphgefäßen fortgeführt; die Umgebung liefert ein sparsames durchfeuchtetes
Bindegewebe, womit dann die
Bildung einer gelbbraunen
Narbe (plaque jaune der französischen
Autoren) vollzogen, der höchste
Grad der
Heilung erzielt ist.
2) Die gelbe hat ihren
Namen von der gelben
Farbe verfetteter Teile der Gehirnsubstanz. Zuweilen ohne nachweisbaren
anatomischen
Grund, zuweilen bei schleichend verlaufenden
Entzündungen, Verdickungen oder Verödungen von Gehirnarterien verfällt
derjenige
Bezirk, der in seiner
Ernährung auf dieses
Gefäß
[* 10] angewiesen ist, dem langsamen Gewebstod (Necrobiosis). Die
Funktion
hört auf, die abgestorbenen Teile
fallen derFettmetamorphose anheim, und solange dieses
Fett in Form von
sogen. Fettkörnchenzellen an
Ort und
Stelle liegen bleibt oder benachbarte Hirnabschnitte mit in den Zustand chronischer
Entzündung
hineinzieht, spricht man von gelber Gehirnerweichung. Sofern sich eine
Heilung anbahnt, wird das
Fett resorbiert, es bleibt auch hier eine
Narbe zurück.
3) Als weiße Gehirnerweichung bezeichnete man früher eine Auflockerung der sehr blassen
Marksubstanz, welche die Gehirnhöhlen begrenzt, wenn diese letztern mit wässeriger
Flüssigkeit
(Hydrocephalus internus)
stark angefüllt gesunden wurden. Diese Gehirnerweichung ist aber ein nach dem
Tode durch Maceration entstehender Fäulniseffekt. Als wirklich
krankhafte weiße Gehirnerweichung darf man wohl hin und wieder Erweichungsherde ansehen, welche ihrer
Natur nach zu den gelben
gehören, bei denen aber das
Fett nicht so butterähnlich dicht, sondern mehr milchähnlich mit
Wasser untermischt angeordnet
liegt.
Die
Symptome einer Gehirnerweichung hängen ganz und gar
ab: a) Von ihrem Sitz. Ein
Herd im Streifenhügel bedingt
Lähmung, ein solcher im
Sehhügel Erblindung, eine Gehirnerweichung der zweiten linken Schläfenwindung Verlust der
Sprache, Gehirnerweichung der Rautengrube lähmt zuweilen auf der
StelleAtmung und
Herzthätigkeit, an andern
Stellen entstehen
Krämpfe, an
noch andern
Schmerzen und Verlust jeder Art höherer Seelenthätigkeit, welchem Gebiet der psychischen Leistung, dem
Willen,
der
Erinnerung etc., sie dienen mögen. b) Von derAusdehnung,
[* 11] den die Zerstörung erreicht hat.
Eine kleine verletzte
Stelle im linken Streifenhügel bedingt z. B.
Lähmung der rechten Gesichtshälfte;
ist der
Herd links größer, so wird der Oberarm der rechten Seite, bei totaler Zertrümmerung der linken großen
Ganglien
die ganze rechte Körperhälfte gelähmt.
Ferner kann eine kleine
Erweichung weit leichter ausheilen als eine große; die
Funktion der einen
Region wird von einer andern mit übernommen, wie die experimentellen Untersuchungen der Physiologen
bewiesen haben. c) Von großem Einfluß ist die plötzliche oder allmähliche Entstehung der Gehirnerweichung.
Alle die zahlreichen
Fälle,
bei welchen durch Hineinfahren eines Blutpfropfes (embolus) in eine Gehirnarterie bei Herzkranken eine Zerreißung und eine
momentane Zertrümmerung von Nervensubstanz zu stande kommt, werden wegen dieser jähen
Wirkung als Schlaganfälle,
Schlagflüsse bezeichnet. Man meint hiermit eben das plötzliche und ganz unvermittelt
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