mehr
liehen, worauf 1837 auch die
Regierung in ihrem
Sinn bestellt wurde. Jetzt schloß sich Freiburg
[* 1] den übrigen ultramontanen
Kantonen
aufs engste an; 1845 wurden die höhern Lehranstalten den
Jesuiten übergeben, und beschloß der
Große
Rat nach erregten
Verhandlungen, welche zuerst die
Existenz des
Sonderbundes öffentlich in der
Schweiz
[* 2] bekannt machten, den
Beitritt zu demselben. Ein
Aufstand der liberalen
Bezirke
Murten,
Estavayer und
Bulle wurde mit Waffengewalt unterdrückt
worauf viele der angesehensten
Männer eingekerkert oder zur
Flucht getrieben wurden.
Das isolierte Freiburg
wurde von
Dufour zuerst angegriffen und kapitulierte nach kurzem
Gefecht schon 14. Nov. Nach
dem Einzug der eidgenössischen
Truppen setzte eine Versammlung im
Theater
[* 3] eine provisorische
Regierung ein, welche die
Jesuiten
vertrieb, ihre
Güter einzog und von dem neuen, unter dem
Eindruck des
Kriegs in freisinnigem
Geist bestellten
Großen
Rat bestätigt
wurde. Um die
Kriegskosten zu bestreiten, hob dieser die Klöster auf, belastete die
Urheber des
Sonderbundes
mit einem unverzinslichen Zwangsanlehen von 1,600,000
Fr. und setzte ohne Volksabstimmung eine neue
Verfassung in
Kraft,
[* 4] welche
direkte
Wahlen einführte, jeden
Zensus abschaffte, das Unterrichtswesen zur
Sache des
Staats machte, den Primärschulbesuch
für obligatorisch und unentgeltlich erklärte, die
Immunitäten der
Geistlichkeit und (zuerst in der
Schweiz)
die
Todesstrafe abschaffte.
Vermittelst Festsetzung langer Amtsdauer des
Großen
Rats und der
Regierung hofften die
Liberalen, die freisinnigen Zustände
auf die Dauer begründen zu können, aber vergeblich. Als die
Regierung auf einer
Konferenz der zur
Diözese
Lausanne
[* 5] gehörigen
Kantone eine Neuorganisation des
Bistums vorschlug, welche den
Bischof von den
Regierungen abhängig gemacht
hätte, erhoben die Ultramontanen einen
Aufstand, worauf
Truppen von Bern
[* 6] und Waadt
den
Kanton
[* 7] besetzten und das
Volk entwaffneten,
Bischof Marilley aber verhaftet, von den Diözesanständen (Freiburg
, Genf,
[* 8] Bern,
Neuenburg,
[* 9] Waadt)
entsetzt und als Verbannter nach
Frankreich gebracht wurde.
Inzwischen gründete der
Große
Rat aus dem konfiszierten
Vermögen der Klöster eine
Irrenanstalt, ein Greisenasyl,
eine Rettungsanstalt, ein Arbeitshaus, ein Kantonspital. Nachdem ein zweiter und dritter
»Putsch« und
gescheitert waren und die
Bundesversammlung die Gesuche der Ultramontanen um Herstellung der
Volksrechte ebenfalls abgewiesen
hatte, kam es zu einem vierten
Aufstand.
Die Insurgenten besetzten unter der Führung des Obersten Perrier die Kantonschule, den höchst gelegenen Punkt der Stadt, wurden aber nach blutigem Kampf von der Bürgerwehr besiegt. Die Anführer traf 5-30jährige Verbannung. Glücklicher waren die Ultramontanen in den Wahlen. Schon 1854 gehörte ihnen die ganze Vertretung des Kantons im Schweizer Nationalrat an, und Eisenbahninteressen veranlaßten 1855 die Liberalen, zur Wahl zweier Führer derselben in den Staatsrat die Hand [* 10] zu bieten. 1856 wurde dem Bischof Marilley die Rückkehr gestattet, immerhin unter genauer Begrenzung der bischöflichen Gewalt.
Unmittelbar darauf erlangten die Ultramontanen bei der Erneuerung des
Großen
Rats einen vollständigen
Sieg, und eine neue, 24. Mai vom
Volk angenommene
Verfassung trug den
Wünschen der
Kirche Rechnung. Aus
der
Regierung wurden alle
Liberalen entfernt; Perrier wie den übrigen Verbannten wurde die Rückkehr gestattet, das
Dekret über die Aufhebung der Klöster
zurückgenommen und die Jugendbildung aufs neue in die
Hände des
Klerus gelegt. So gewährt seit 1857 Freiburg
auf
allen Gebieten den Anblick einer reaktionären
Bewegung. 1868 wurde die
Todesstrafe wieder eingeführt.
Die Bundesrevisionen von 1872 und 1874 verwarf der Kanton mit großem Mehr, ebenso mit wenigen Ausnahmen die seither zur Abstimmung gekommenen Bundesgesetze. Infolge der unbedingten klerikalen Parteiherrschaft petitionierte der protestantische Bezirk Murten bei der Bundesversammlung 1870 um Trennung von und Anschluß an Bern, wurde jedoch abgewiesen. Anerkennenswert ist die Geschicklichkeit, womit die jetzige Regierung dem Kanton aus der finanziellen Krisis, in welche er durch die Eisenbahnbauten der 60er Jahre geraten war, geholfen hat. In jüngster Zeit hat sich die herrschende Partei in Ultramontane und gemäßigt Konservative gespalten, die nach ihren Zeitungsorganen »Libertards« und »Bienpublicards« genannt werden.
Während sich die
Hoffnung auf ein Zusammengehen der letztern mit den
Liberalen nicht erfüllt hat, gelang es den erstern 1880,
durch ihre
Umtriebe in
Rom
[* 11] die Ersetzung des
Bischofs Marilley, der sich den Gemäßigten zugeneigt hatte,
durch Cosandey zu bewirken, der indes schon 1882 starb. Daß sein Nachfolger
Mermillod (s. d.) mäßigend auf das rücksichtslose
Parteitreiben in Freiburg
einwirken werde, ist nach seiner Vergangenheit kaum zu erwarten.
Vgl. Kuenlin, Der
Kanton Freiburg
(St.
Gallen
1834) und
»Dictionnaire géographique, statistique et historique du canton de Fribourg« (Freib. 1832, 2 Bde.);
Werro, Recueil diplomatique du canton de Fribourg (das. 1839-44);
Berchthold, Histoire du canton de Fribourg (das. 1841-1852, 3 Bde.);
Raemy, Mémoires pour servir à l'histoire du canton de Fribourg 1796 à 1866 (Basel [* 12] 1869, Bd. 1);
Esseiva, Freiburg
, die
Schweiz und der
Sonderbund (deutsch, Freib. 1885).