Bildung ihrer Zöglinge wesentlich gesteigert, und Ausländerinnen können denselben meist nicht mehr oder doch nur auf
der niedrigsten Altersstufe und für den besondern
Zweck der Aneignung ihrer Muttersprache genügen. Die Erzieherin wird daher heute
fast stets im
Kreis
[* 1] der pädagogisch vorgebildeten und geprüften
Lehrerinnen (s. d.) gesucht. Nötig ist dies jedoch,
wenigstens in
Preußen,
[* 2] nicht, denn Erzieherinnen (Hauslehrerinnen) bedürfen (nach der
Instruktion des
Staatsministeriums vom
zur Ausübung ihres
Berufs nur eines Befähigungsscheins, den die zuständige
Regierung nach
Prüfung des sittlichen und politischen
Vorlebens, also ohne
Prüfung der beruflichen Vorbildung, ausstellt.
Dagegen haben die zuständigen staatlichen
Schulinspektoren dasRecht, von dem
Unterricht der Erzieherin Kenntnis
zu nehmen und seine Erfolge zu prüfen, da nach dem allgemeinen
Landrecht (Teil II,
Titel 11, § 7) Eltern den
Unterricht ihrer
Kinder nur dann im
Haus besorgen lassen dürfen, wenn derselbe wenigstens dem
Lehrplan einer öffentlichen
Volksschule entspricht.
Nach dem allgemeinen
Landrecht (Teil II,
Titel 5, § 187 ff.) sind Erzieherinnen nicht für bloße Hausoffizianten
(Dienstboten) zu halten; ihre
Rechte und
Pflichten sind nach der
Natur, Absicht und Erfordernis des übernommenen
Geschäfts und
nach den allgemeinen Vorschriften über
Verträge etc. zu beurteilen. In keinem
Fall sind sie zu häuslichen
Diensten verbunden,
haben aber, als
Glieder
[* 3] der
Familie, Anspruch auf anständige Bedienung durch das
Gesinde. Wegen bloßer,
nicht in
Mißhandlung ausartender
Züchtigung der
Kinder können sie nur dann entlassen werden, wenn im
Vertrag körperliche
Züchtigungen ausdrücklich ausgeschlossen worden sind.
Kündigung kann von beiden Seiten mit vierteljähriger
Frist erfolgen,
wenn nicht im
Vertrag etwas andres bestimmt worden ist. - Im
Interesse der zahlreichen deutschen Erzieherinnen
im
Ausland, die nicht immer die ihnen gebührende
Stellung finden, bemüht man sich neuerlich, an den Hauptorten Heimstätten
zu gründen, in denen stellenlose oder bedrängte Erzieherinnen Unterkunft,
Rat und
Stütze finden können. Ein derartiges
Heim besteht in
London
[* 4] und seit 1886 auch in
Paris.
[* 5]
der Abstammung des
Wortes und dem allgemeinen Sprachgebrauch wie dem lateinischen educare nach, dessen wörtliche
Übersetzung es ist, das »Emporziehen« der
Unmündigen durch die mündigen Erwachsenen. Man versteht demgemäß unter Erziehung die
absichtliche und planmäßige Einwirkung der Erwachsenen auf die
Unmündigen, welche den natürlichen Vorgang
des Erwachsens begleitet und wie dieser in der natürlichen
Reife, so ihrerseits in der geistigen
Mündigkeit der Erzogenen
ihren Zielpunkt findet.
Fast ganz fällt der
Begriff der Erziehung mit dem der
Bildung zusammen; nur sind die zu
Grunde liegenden bildlichen
Anschauungen verschiedene
und ist der
Begriff der
Bildung insofern näher bestimmt, als derselbe das
Bewußtsein eines
Ideals voraussetzt,
nach welchem der Bildner den noch gestaltlosen
Stoff des zu bildenden
Menschen zu formen sich bemüht. Nimmt man auch den
Begriff
der Erziehung in diesem bestimmtern
Sinn, so kann man mit
Herbart sagen, daß derselben die
Ethik das
Ziel, die
Psychologie den
Weg weise.
Ebenso ist es unbestreitbar, daß dem
Geschäfte der Erziehung die
Annahme der Erziehungsbedürftigkeit und der Erziehungsfähigkeit
der
Kinder zu
Grunde liegt. Allein in der Wirklichkeit nimmt die Erziehung nicht von derartigen theoretischen Voraussetzungen
ihren
Ausgang, sondern von dem natürlichen
Trieb der Eltern, namentlich der
Mutter, für das hilflose
Kind
zu sorgen und es mit dem Erstarken an
Körper und
Geist allmählich zur selbstthätigen Mitarbeit an seiner
Erhaltung zu befähigen.
Diese durch die
Nötigung des
Lebens unmittelbar bedingte Thätigkeit geht naturgemäß mit dem Heranwachsen des
Kindes in das
Bestreben über, die
Kinder zu
Gehilfen in der häuslichen
Arbeit und im
Beruf der Eltern zu befähigen oder,
wenn in der häuslichen
Gemeinschaft für erwachsene
Gehilfen kein
Raum ist, ihnen die Möglichkeit des demnächstigen eignen
Fortkommens durch
Ausbildung ihrer Fähigkeiten zu gewähren. Mit dem Fortschreiten der Erziehung scheidet sich dieselbe naturgemäß
in die beiden
Richtungen der leiblichen und der geistigen Erziehung und diese wieder in unmittelbare Erziehung durch
Zwang, Anleitung und Gewöhnung im praktischen Verhalten (Erziehung im engern
Sinn;
Zucht) und in mittelbare Erziehung durch Belehrung und
Unterricht.
Neben beiden unterscheidet
Herbart noch die
Regierung der kleinen
Kinder als den gemeinsamen
Stamm, aus dem jene erwachsen, da
in dem unmündigenAlter der ersten Kindheit nach ihm von eigentlicher Erziehung, d. h. von geistiger
Einwirkung, noch kaum die
Rede sein kann. Dieser Unterscheidung liegt ein richtiger
Gedanke zu
Grunde; allein sie ist doch nicht
unbedenklich, wenn unter
Regierung etwas von der
Zucht wesentlich Verschiedenes verstanden werden soll. Die Erziehung beginnt mit
demEintritt des
Kindes in das
Leben; sie soll mit der
Mündigkeit des erwachsenen
Menschen schließen. Zu
später Beginn der erziehenden Thätigkeit beruht auf Sorglosigkeit der Eltern und läßt bei den
Kindern leicht eine falsche
Freiheit und verfrühte Selbständigkeit entstehen, deren nachträgliche Bekämpfung selten ganz gelingt. Zu weite
Ausdehnung
[* 6] der erziehendenFürsorge, mag sie auf
Selbstsucht oder auf übertriebener Zärtlichkeit der
Erzieher beruhen,
schädigt dagegen die
Freiheit des Erzogenen, die dabei entweder verkümmert, oder sich dagegen auflehnt.
Bei reicherer Gestaltung des
Lebens und seiner Anforderungen an den Einzelnen kann die Erziehung, namentlich die mittelbare Erziehung durch
Unterricht, von den natürlichen
Erziehern in der
Familie nicht mehr allein beschafft werden; das
Bedürfnis
drängt zu besondern Veranstaltungen für den
Unterricht der
Jugend. Daraus entsteht der Unterschied der häuslichen und der
Schulerziehung. Beide pflegen unter regelrechten Verhältnissen ergänzend nebeneinander herzugehen; doch rechtfertigen außergewöhnliche
Umstände auch die Verlegung der ganzen Erziehung oder wenigstens des wesentlichsten Teils derselben
in die Schulanstalten (Anstaltserziehung, Alumnate) oder umgekehrt die Verlegung der
Schule ins
Haus (Erziehung durch
Hofmeister,
Hauslehrer,
Erzieherinnen etc.). Wenn auch noch nach dem
Zweck die Erziehung für die
Familie, die
Gesellschaft, den
Staat und die
Kirche unterschieden
wird, so hat doch nur falsche
Einseitigkeit diese
Richtungen inGegensatz zu einander bringen können, während
gesunde Erziehung bemüht sein wird, dieselben zu vereinigen und den Zögling fürs
Leben, so wie es in seiner Gesamtheit sich ihm
voraussichtlich bieten wird, vorzubilden. Dasselbe gilt von der allgemein menschlichen und der
Berufs- und Standesbildung,
zwischen denen, wo beide recht aufgefaßt werden, keinWiderspruch (wie
Rousseau annahm), sondern eine
natürliche Wechselbeziehung besteht.
Die
Wissenschaft von der Erziehung ward zuerst bei den Griechen gepflegt und wird daher gewöhnlich griechisch als
Pädagogik (s. d.) bezeichnet.
Ihre Geschichte hat, wenn auch beide nicht zusammenfallen, viele
Punkte gemein mit derjenigen
der Erziehung selbst. Zur Ergänzung der nachfolgenden
Skizze der Geschichte der Erziehung ist daher auf den
Artikel
»Pädagogik« zu verweisen.
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