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die komparative oder vergleichende Darstellung der in verschiedenen Kirchen geltenden Lehren. Den zu bearbeitenden Stoff ordnete man protestantischerseits entweder nach der ökonomischen Methode, d. h. man teilte denselben nach den Personen der Dreieinigkeit ein, welchem Schema sich das gesamte Material fügen mußte (so besonders die Dogmatiker aus der spekulativen Schule), oder nach der Föderalmethode, d. h. man teilte den Stoff ein nach dem Schema der drei Bündnisse (s. Bundestheologie) oder nach der am häufigsten befolgten Lokalmethode, welche in besondern Artikeln (s. Loci communes) von der Bibel, von Gott, vom Menschen, von Christus, von dem Heiligen Geist etc. den Stoff abhandelt.
Hiernach werden die verschiedenen Teile der Dogmatik besonders bezeichnet als: Bibliologie (Lehre von den heiligen Urkunden);
Theologie im engern Sinn (Lehre von Gott mit Einschluß der Lehre von den göttlichen Werken), wozu die Lehre von den Engeln (Angelologie und Dämonologie) als Anhang kommt;
Anthropologie (Lehre von der Schöpfung des Menschen, seiner Natur und höhern Würde) mit Einschluß der Ponerologie (Lehre von Sündenfall, Erbsünde und sündigem Verderben);
Soteriologie mit Einschluß der Christologie (Lehre von der Person und dem Werk Christi, aber auch von der Heilsordnung mit Einschluß der Lehre von der Kirche und deren Gnadenmitteln) und Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen, dem Tode, der Auferstehung, dem Weltgericht und Weltende).
Erst neuerdings sind, teilweise im Zusammenhang mit der von Schleiermacher und Rothe versuchten Umwandlung der Dogmatik in eine lediglich historische Disziplin, welche »von dem Zusammenhang der in einer christlichen Kirchengemeinschaft zu einer gegebenen Zeit geltenden Lehre« Rechenschaft geben solle, an die Stelle der alten Einteilungsgründe ganz andre Gesichtspunkte, wie Sünde und Gnade oder Naturordnung, sittliche Weltordnung und Heilsordnung etc., getreten, wie denn auch der Name Dogmatik seit Schleiermacher vielfach dem Ausdruck »Glaubenslehre« Platz gemacht hat.
Was aber die von letztgenanntem Theologen datierende moderne Entwickelung der Dogmatik von dem gesamten veralteten Betrieb derselben grundsatzmäßig unterscheidet, ist die angestrebte Unterscheidung zwischen dem wirklichen Inhalt des von religiös-ethischen Interessen geleiteten christlichen Glaubens und jenen lediglich physikalischen und metaphysischen Fragen, welche die alte Dogmatik in naiver Weise in die religiösen hinein- und mit denselben zu einem oft recht monströsen mixtum compositum verarbeitet hatte.
Von einer apriorischen Konstruktion absehend, beruft sich die Dogmatik seither in ihren bessern Vertretern zunächst auf die christliche Erfahrung, um auf dem kritisch gesicherten Grunde dieser Thatsache den Inhalt des christlichen Glaubens zur systematischen Darstellung zu bringen. Die hauptsächlichsten Lehrbücher der protestantischen Dogmatik sind: Schleiermacher, Der christliche Glaube nach dem Grundsätzen der evangelischen Kirchen (5. Aufl., Berl. 1861, 2 Bde.);
Nitzsch, System der christlichen Lehre (6. Aufl., Bonn 1851);
Twesten, Vorlesungen über die Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche (4. Aufl., Hamb. 1838, 2 Bde.);
Schweizer, Die christliche Glaubenslehre (2. Aufl., Leipz. 1877, 2 Bde.);
Lipsius, Lehrbuch der evangelisch-protestantischen Dogmatik (2. Aufl., Braunschw. 1879);
Biedermann, Christliche Dogmatik (2. Aufl., Berl. 1884-85, 2 Bde.).
Vgl. Schwarz, Zur Geschichte der neuern Theologie (4. Aufl., Leipz. 1869);
Gaß, Geschichte der protestantischen Dogmatik (Berl. 1854-67, 4 Bde.).