mehr
Bruder seinen Vater Zeus, [* 1] daß er mit jenem die Unsterblichkeit teilen dürfe, indem beide einen Tag in der Oberwelt, den andern in der Unterwelt zubrächten. Nach einer andern Auffassung setzte Zeus zum Lohn für ihre Bruderliebe beide als Zwillinge oder als Morgen- und Abendstern an den Himmel; [* 2] ja, man will in dieser letztern Vorstellung (wie auch in dem mit ihnen in Verbindung gebrachten St. Elmsfeuer) ihre ursprüngliche Naturbedeutung (das immer wieder aufstrahlende Licht, [* 3] das nur periodisch unterliegt) sehen.
Andre erklären die Dioskuren
[* 4] wie die indischen
Açvins (s. d.) für das Zwielicht. Die Dioskuren
wurden als hilfreiche
Horte verehrt und hießen deshalb Anakes (»Schirmherren«);
besonders riefen die
Schiffer sie an und gelobten ihnen weiße
Lämmer, wofür sie, auf
Rossen durch die
Luft einherjagend, das
baldige Aufhören des
Sturms bewirkten. Auch als
Helfer in der
Schlacht erschienen sie auf weißen
Rossen. Als Schirmherren der
Reisenden waren sie Beschützer der
Gastfreundschaft und haben die
Theoxenien gestiftet.
Als Heroen sind sie Vorsteher der Gymnastik, daher in Sparta, wo sie als die Schutzgötter des Landes galten, ihre Standbilder am Eingang der Rennbahn standen. Polydeukes ist als Faustkämpfer, Kastor vorzugsweise als Rossebändiger ausgezeichnet; doch erscheinen auch beide als Reiter oder als Wagenlenker. Desgleichen galten sie als Erfinder des Waffentanzes. Ihr uraltes Symbol, welches die Spartaner, wenn sie zu Felde zogen, stets mit sich führten, waren zwei parallele, durch Querhölzer verbundene Balken.
Athen

* 5
Athen.
Auch in
Mantineia, zu
Athen
[* 5] u. a. O. hatten sie
Tempel
[* 6] und
Feste, die mit
Pferderennen gefeiert wurden. Auf
Samothrake flossen
sie mit den
Kabiren (s. d.) zusammen. Die
Kunst pflegte die Dioskuren
darzustellen als edel gestaltete Heldenjünglinge
von schlanken, aber kräftigen
Formen. Ihr charakteristisches Merkzeichen ist der halbeiförmige
Hut,
[* 7] an dessen
Spitze ein
Stern
glänzt, oder wenigstens ein auf dem Hinterhaupt anliegendes, um
Stirn und
Schläfe mit starken
Locken hervortretendes
Haar,
[* 8] wie es auch die nachfolgend erwähnte Kolossalgruppe zeigt.
Gewöhnlich werden sie nackt gebildet oder nur mit einer leichten
Chlamys
[* 9] bekleidet.
Fast immer treten sie in
Verbindung mit
ihren
Rossen auf und zwar neben ihnen stehend, selten als
Reiter. Erhalten sind zahlreiche
Denkmäler (meist Votivreliefs) aus
dem alten
Sparta, wo ihr Kult besonders angesehen war. Die berühmteste aus dem
Altertum stammende
Darstellung der
Dioskuren
sind die sogen.
Kolosse von
Monte
Cavallo in
Rom,
[* 10] 6 m hohe, in schönen Verhältnissen ausgeführte Marmorstatuen nebst den
dazu gehörigen
Rossen, mit welchen sie vermutlich im
Altertum um die
Ecken des Eingangs eines öffentlichen Gebäudes nicht
weit von ihrem heutigen Standort gruppiert waren.
Münzen I (Altertum)

* 11
Münzen.
Ihre jetzige
Aufstellung erhielten sie 1589 auf dem nach ihnen benannten Platz vor dem
Quirinal, wo sie die herrliche
Fontana di
Monte
Cavallo schmücken. Sie sind wahrscheinlich nach
Augustus in Anlehnung an griechische
Originale der nachlysippischen (pergamenischen?)
Kunst gearbeitet. Die
Inschriften, welche sie als Werke des
Phidias und
Praxiteles bezeichnen, sind spätern
Ursprungs. Die kapitolinische Dioskuren
gruppe ist von geringerm Wert;
Polydeukes wird hier durch das Lockenhaar des
Zeus und
die zerschlagenen
Ohren der
Faustkämpfer unterschieden. Als
Faustkämpfer
erscheint
Polydeukes auch auf der
Ficoronischen Ciste
(s. d.) und in einer schönen Bronzefigur von Paramythia. Auf
Münzen
[* 11] finden sich die Dioskuren
als
Reiter mit
Palmen
[* 12] in den
Händen dargestellt (s. Abbildung).
Vgl.
Welcker,
Griechische Götterlehre, Bd. 1, S. 606 ff.;
Bd. 2, S. 416 ff.; Myriantheus,
Die
Açvins oder arischen Dioskuren
(Münch. 1876);
Albr. Weber in der »Jenaer Litteraturzeitung« 1876, Nr. 42.