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die Sensualisten, die schottischen und deutschen Skeptiker rechnet, als welche ihm Kant und Fichte [* 1] erscheinen) und der deutschen Schule nimmt, als deren Repräsentanten er Schelling und Hegel, seine »deux illustres amis«, betrachtet. Jene opfert der Psychologie die Ontologie und führt zum Skeptizismus, diese der Ontologie die Psychologie und verwandelt jene dadurch in eine bloße Hypothese. Cousin dagegen beginnt mit der Psychologie und wird durch diese selbst (aus sicherm Weg) zur Ontologie geführt.
Die Identität des Denkens und Seins, zu welcher die Skeptiker niemals gelangen, und die von den spekulativen Philosophen, welche sie zu ihrem Ausgangspunkt machen, niemals bewiesen worden sein soll, ist nach Cousin eine Thatsache des Bewußtseins, welche durch Analyse des letztern außer Zweifel gesetzt wird. In dem unmittelbaren und spontanen Akte der reinen Vernunft erlösche (ähnlich wie in Schillings intellektualer Anschauung) jede Spur subjektiver Beschränktheit.
In den Vorlesungen von 1828, in welchen alle Wissenschaft auf drei Fundamentalideen der Vernunft: das Unendliche, das Endliche und die Beziehung zwischen diesen beiden, zurückführte, näherte er sich dem Standpunkt des deutschen (absoluten) Idealismus so sehr, daß ihm dieselben den Vorwurf zuzogen, er habe die Philosophie in Frankreich entnationalisiert. Um demselben zu entgehen, knüpfte er in der 1845 erfolgten Umarbeitung seines zuerst 1817 erschienenen Hauptwerks: »Le [* 2] Vrai, le Beau et le Bien« (23. Aufl. 1881) an den Begründer der Philosophie in Frankreich, Descartes, an, indem er die psychologische Methode als Basis der philosophischen Fassung beibehielt.
Getreu dem idealistischen Prinzip, den Ursprung der Ideen im Geiste statt in der äußern Sinneswelt aufzusuchen, verwarf er auch in der Kunst die gemeine Nachahmung der äußern Natur und empfahl deren Verschönerung nach dem Vorbild der im Geist lebendigen Idee. Von dieser Zeit an wurde seine Philosophie mehr eine Bekämpfung der sensualistischen und materialistischen Lehren, [* 3] zu welcher er auch die Hilfe der Religion in Anspruch nahm, als eine strenge Wissenschaft. Um die Belebung des sittlichen Ernstes auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kunst hat sich Cousin sehr verdient gemacht.
Die größten Verdienste aber hat er sich um die Verbreitung des Studiums der Geschichte der Philosophie (nach seinem von Leibniz entlehnten Grundsatz, daß in jedem System ein Funke Wahrheit enthalten sei), namentlich der französischen des Mittelalters, und um die Hebung [* 4] des öffentlichen Unterrichtswesens (nach deutschem Muster) erworben. Außer seinen Übersetzungen des Platon (Par. 1822-38, 12 Bde.), des Cartesius (das. 1824, 6 Bde.) und der Tennemannschen »Geschichte der Philosophie« (das. 1831, 2 Bde.) nennen wir von seinen Schriften: die »Fragments philosophiques« (das. 1826);
die »Nouveaux fragments« (das. 1829);
»De la métaphysique d'Aristote« (das. 1837);
die »Fragments de philosophie Cartésienne« (das. 1845) und »Études sur Pascal« (1842, 6. Aufl. 1877).
Die Resultate seiner Reise nach Deutschland [* 5] teilt er mit im »Rapport sur l'état de l'instruction publique dans quelques pays de l'Allemagne« (Par. 1832, 2 Bde.; 3. Aufl. 1840; deutsch von Kröger, Altona [* 6] 1832-37, 3 Bde.),
die seiner Reise nach den Niederlanden in der Schrift »De l'instruction publique en Hollande« (Par. 1837; deutsch von Kröger, Altona 1838, 2 Bde.). Außerdem besorgte er eine Ausgabe des Proklos (Par. 1820 f., 5 Bde.) und der Werke Abälards (mit Jourdain und Despois, 1849-59, 2 Bde.),
nachdem er 1839 den bisher unveröffentlichten Traktat Abälards: »Sic et non« herausgegeben hatte. Seine öffentlichen Vorlesungen, von Stenographen nachgeschrieben, erschienen als »Cours de philosophie« (Par. 1836) und »Cours de l'histoire de la philosophie moderne« (7. Ausg., das. 1866, 8 Bde.). Letzteres Werk bildet zugleich die erste und zweite Abteilung einer Gesamtausgabe von Cousins Schriften. Die dritte Abteilung ist betitelt: »Fragments philosophiques« (Par. 1847-48, 4 Bde.),
die vierte: »Littérature« (das. 1849, 3 Bde.),
die fünfte: »Instruction publique« (das. 1850, 3 Bde.). In der letzten Zeit seines Lebens widmete er sich mit Vorliebe der Schilderung hervorragender Frauen und des geistigen Lebens des 17. Jahrh., so in den Schriften: »Jacqueline Pascal« (1844);
»Madame de Longueville« (1853);
»Madame de Hautefort« (1856);
»La société française au XVII. siècle« (1858, 2 Bde.);
»La jeunesse de Mazarin« (1865).
Seine Bibliothek, im Wert von 1 Mill. Frank, vermachte er der Sorbonne. Unter seinen Schülern sind Jouffroy, Ch. de Rémusat, Bartholméß, Janet die bekanntesten. Letzterer hat ihn nach seinem Tod in der »Revue des Deux Mondes« gegen die heftigen Angriffe seitens der Schule. A. Comtes und des Materialismus verteidigt. Über Cousins Philosophie vgl. Rob. Zimmermann, Studien und Kritiken, Bd. 1, S. 384 ff. (Wien [* 7] 1879); Janet, Victor Cousin et son œuvre (Par. 1885).