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nach überein, und das jetzt französische Corsica
ist auch in dieser Hinsicht, wie seiner geographischen
Lage, seinem
Klima
[* 1] und
seinen
Produkten, der
Sprache
[* 2] und Geschichte seiner Bewohner nach, ein italienisches Land: mit
Italien
[* 3] verknüpft es ein unterseeischer,
wohl nirgends unter 100
Faden
[* 4] sinkender
Rücken, auf welchem sich ihm die toscanischen
Inseln entgegenstrecken,
während es von der
Provence durch Tiefen von 1000
Faden getrennt ist. Eigentümlich aber ist es, daß gerade die Ostküste
flach, von
Lagunen begleitet, fieberschwanger, unnahbar ist und nur im äußersten
Süden und
Norden
[* 5] sich gute Häfen, der von
Malaria heimgesuchte von
Porto Vecchio und
Bastia, finden, letzterer der bei weitem wichtigste, das
Organ,
durch welches Corsica
[* 6] von jeher den lebhaftesten
Verkehr mit
Italien
(Genua
[* 7] und
Livorno)
[* 8] unterhalten hat.
Bei Bastia setzt sich an den Rumpf der Insel die gebirgige, 38 km lange Halbinsel von Kap Corso, so nach der Nordspitze benannt, an, die an ihrer westlichen Basis den Hafen von San Fiorenzo hat. Sehr viel reicher gegliedert, reicher an Buchten und malerischen, steilen Vorgebirgen ist die Westseite der Insel; es folgen aufeinander die Buchten von Calvi, Porto, Sagona, Ajaccio und Valinco, alle wiederum mit kleinern Buchten, denen freilich meist eine anschließende Ebene fehlt.
Nur bei Ajaccio ist eine kleine Küstenebene vorhanden, mit Recht Campo dell' Oro, das Goldfeld, genannt, welche im Verein mit dem dort mündenden Gravone, der einen Weg ins Innere bot, der Stadt besondere Bedeutung verliehen hat. Auf steilem Felsen, einen kleinen Hafen zur Seite, erhebt sich das Emporium der Meerenge Bonifacio. Das Innere der Insel ist von rauhen Bergen [* 9] erfüllt, welche deutlich eine Hauptkette mit Meridianrichtung, eine Fortsetzung derjenigen von Sardinien, [* 10] erkennen lassen, aber in der Weise, daß die schwer zu übersteigende Wasserscheide im nördlichen Teil der Insel sich nahe der Nordwestküste, im südlichen näher der Ostküste hält.
Dadurch zerfällt die
Insel in zwei Teile, die Ostseite, eine sanfte und regelmäßige
Abdachung, mit
Heiden
und
Sümpfen bedeckt, weithin unbewohnt, außer im N. ohne entwickeltere
Thäler, die Westseite, eine fortgesetzte
Bildung von
tief eingeschnittenen Parallelthälern und bis zum
Meere reichenden Bergrücken. Die
Scheidung Corsicas
in das Land diesseit
und jenseit der
Berge ist uralt historisch, auch der
Charakter der Bewohner beider Landeshälften ist verschieden:
jenseits herrscht mehr Wildheit, diesseits mehr
Kultur, geistige und materielle.
Die ganze Ostseite, bis wo am Golf von Porto Vecchio reichere Gliederung beginnt, besteht aus Kreidegesteinen, meist Kalk, an der Küste auch aus tertiären und quartären Bildungen, während der bei weitem größte Teil der Insel westlich einer Linie, welche etwas westlich von Corte in nordwestlicher Richtung gegen Belgodere verläuft, aus altkristallinischem Gestein, vorzugsweise Granit, besteht. Hier liegen denn auch die mächtigsten Erhebungen, rauhe Granitspitzen, den größten Teil des Jahrs von Schnee [* 11] bedeckt, der zentrale Monte Rotondo 2625 m, der noch höhere, nördlichere Monte Cento 2710 m, der südlichere Monte d'Oro 2391 m und der südlichste, treffend nach seiner Gestalt benannt, Incudine (»Amboß«) 2136 m. Dies sind die Ursprungsstätten der zahlreichen kleinen, im Sommer meist trocknen Flüsse. [* 12]
Die größten sind der Golo und der Tavignano, die zur Ostküste, der Taravo, Gravone und
Liamone, die
zur Westküste gehen. Das
Innere der
Insel ist ein Gewirr von
Bergen, nur steile Pfade, oft
Treppen,
[* 13] führen von Dorf zu
Dorf,
selbst die
Straße an der Westküste entlang besteht nur aus steilen Auf- und Abstiegen; die Hauptstraße von
Ajaccio nach
Bastia durch das
Innere der
Insel hat im
Paß
[* 14] von Vizzavona eine
Höhe von 1145 m, ja der Weg aus dem bis
nahe an die Westküste heranreichenden Golothal nach dem
Golf von
Porto hat im
Paß von Vengio sogar 1532 m zu übersteigen.
Diese
Zahlen zeugen von der Wildheit des
Landes und den
Wirkungen, die es notwendig auf die Bewohner haben
muß, von der Schwierigkeit des
Verkehrs; sie erklären, daß Corsica
noch keine
Eisenbahn hat und, obwohl eine solche von
Bastia
nach
San Fiorenzo und nach
Porto Vecchio projektiert ist, noch für längere Zeit keine haben wird. Sie erklären namentlich
auch den
Gegensatz zwischen
Ost- und Westseite.
Das Klima der Insel ist, von der Ostküste abgesehen, ein herrliches, die Mitteltemperatur des Jahrs beträgt an der Küste 17,7° C., im Sommer 24,5, im Winter 11,2° C., und wenn auch Temperaturen unter Null vorkommen, so dauern sie doch nicht an, und Schnee fällt selten. Wohl aber sind die Berge die Hälfte des Jahrs mit Schnee bedeckt. Es regnet reichlich genug, 630 mm im Jahr, und nur der Sommer ist regenarm. So können hier alle Gewächse der südlichen Mittelmeerländer gedeihen, Agrumen, Opuntien, Agaven, ja selbst Dattelpalmen; Agrumenkultur ist sogar in einzelnen Gegenden, z. B. bei Ajaccio und in den Thälern von Kap Corso, von Wichtigkeit.
Der Charakterbaum Corsicas
ist aber der
Ölbaum, der in einzelnen Gegenden, wie in der Balagna, ganze
Wälder bildet und bis 700 m
hoch steigt; gegen 12,000
Hektar sind seiner
Kultur gewidmet, die bis 300,000
hl
Oliven, resp. 400,000 kg
Öl liefert.
Höher hinauf
steigen die Edelkastanien, welche noch ungeheure
Wälder bilden (zusammen 27,000
Hektar) und so reich tragen,
daß sich die
Bevölkerung
[* 15] wesentlich davon nährt und dadurch von einer intensivern Bodenkultur zurückgehalten wird.
Sonst sind aber die Urwälder, welche ehemals die Insel so dicht bedeckten, daß sie Ansiedelungsversuche der Römer [* 16] gänzlich vereitelten, bedeutend gelichtet worden, namentlich durch die Hirten, welche Feuer anlegen, um im Frühjahr frische Weide [* 17] zu haben. Noch gibt es einzelne dichte Wälder von herrlichen Laricio-Kiefern, wohl auch von Lärchen, Eichen und Buchen; aber sie schwinden jetzt rasch dahin, und von den offiziellen 125,000 Hektar Wald besteht der größte Teil aus Buschwald und Gestrüppe, in der Küstenzone meist aus immergrünen Sträuchern gebildet, die sogen. Macchien, der sicherste Zufluchtsort der corsischen Banditen. Über der Zone der Wälder breiten sich die Alpenwiesen aus, auf denen im Sommer die Schafe [* 18] und Ziegen weiden, wo auch noch der Muflon vorkommt. In dieser Region fehlt es auch im Sommer nicht an rieselnden Bächen und Quellen.
Corsica
hat eine
Bevölkerung von (1881) 272,639
Seelen. Die
Insel ist also schwach bevölkert (31 Bewohner pro QKilometer), doch
ist in diesem
Jahrhundert die Zunahme eine bedeutende. Die Bewohner Corsicas
sind, von einer im 17. Jahrh.
eingewanderten griechischen
Kolonie und von einigen
Tausend
Franzosen in den
Städten abgesehen, als
Italiener
anzusehen; namentlich in den Küstenstädten tragen sie auch physisch den italienischen
Typus, während man im Innern breitere,
fleischigere
Köpfe, kleine
Nasen, lichtere Gesichtsfarbe und öfter braune als schwarze
Haare
[* 19] bei kräftig gedrungenem
Körper
findet. Ob sie von Ligurern oder Iberern stammen, ist schwer zu entscheiden; jedenfalls haben sie sich
in verschiedenen
Perioden mit Griechen,
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