Generalsekretär im hannöverschen Kultusministerium. Nach der preußischen Okkupation war er Direktor des Kultusdepartements
bei der hannöverschen Ziviladministration, nahm aber 1868 seine Entlassung und stellte sich an die Spitze der welfischen
Agitationen. Er ließ sich zum Mitglied des Bürgervorsteherkollegiums in Hannover wählen und ward auch 1870 in den preußischen
Landtag, 1875 in den deutschen Reichstag gewählt, dem er bis 1884 angehörte. Er schloß sich als Hospitant
dem Zentrum an und leistete demselben, obwohl Protestant, eifrige Dienste im Kulturkampf, wie er denn neben Windthorst besonders
den Bund zwischen Ultramontanen und Welfen pflegt.
(spr. brüaß), David Augustin de, franz. Bühnendichter und Theolog, geb. 1640 zu
Aix, durch Bossuet zum Katholizismus bekehrt, wurde Geistlicher und schrieb theologische Streitschriften. Doch konnte er seiner
Vorliebe für das Theater nicht widerstehen; im Verein mit Palaprat (s. d.) brachte er mehrere Lustspiele auf die Bühne, die
sich großen Beifalls erfreuten. Er starb Ihre beste Komödie ist »Le Grondeur« (1691),
welche
Voltaire allen Possen Molières vorzog; in dem »Avocat Patelin« gaben sie eine glückliche Nachahmung dieser ausgezeichneten Posse
des Mittelalters. Außerdem werden gerühmt: »Le Muet«, »Le
sot toujours sot«, »Les Quiproquo«, »L'Important«.
Einige Stücke hat auch allein geschrieben. Die Werke beider Dichter sind zusammen herausgegeben (Par.
1755, 3 Bde.; 1812, 2 Bde.).
bei zoolog. Namen Abkürzung für J. G. ^[Jean Guillaume] Bruguière (spr. brughjähr), geb. 1750 zu Montpellier,
Arzt daselbst, Begleiter des Kapitäns Kerguelen in der Südsee, bereiste auch Persien, gest. 1798 in Ancona (niedere Tiere).
Bezirkshauptstadt im schweizer. Kanton Aargau,
in anmutiger Lage rechts an der merkwürdig eingeengten Aare, über welche eine
einbogige Steinbrücke führt, und an der Eisenbahn von Aarau nach Zürich,
betreibt Obst- und Weinbau, Baumwollweberei, Strumpfwirkerei
und hat (1880) 1435 Einw. Ganz in der Nähe, unweit der Mündung der Reuß in die Aare, liegen der ehemalige
Bischofsitz Windisch (s. d.), wo sich die Reste des alten Vindonissa finden, und die
ehemalige Abtei Königsfelden; 1 km aufwärts an der Aare das Schwefelbad Schinznach und diesem gegenüber Schloß Habsburg.
(franz. Bruges), Hauptstadt der belg. Provinz Westflandern, 14 km von der Nordseeküste bei Blankenberghe entfernt,
an der Vereinigung der Kanäle von Gent, Ostende, Sluis, Nieuport, Furnes und Ypern, durch Eisenbahnen mit allen bedeutenden Städten
des Landes verbunden, einst der Mittelpunkt des Welthandels, voll Glanz und Pracht, jetzt sehr heruntergekommen. Brügge ist von Wassergräben
umgeben und vielfach durchzogen und hat im Äußern noch ganz mittelalterliches Gepräge.
Die Straßen sind breit, aber tot, die altertümlichen Häuser reich verziert. Von Bauwerken sind anzuführen: die Hallen (Fleisch-
und Tuchhalle) mit dem 107,5 m hohen Hallenturm (Belfried, 1291 begonnen);
das zierliche gotische Rathaus mit sechs Türmchen
(von 1367, neuerlich restauriert), mit der städtischen Bibliothek (44,000 Bde.);
die Liebfrauenkirche mit 120 m
hohem Turm, den Grabmälern Karls des Kühnen und seiner Tochter Maria von Burgund, wertvollen Gemälden und einer Statue der heiligen
Jungfrau, welche Michelangelo zugeschrieben wird;
die im Innern reich ausgestattete, frühgotische Kathedrale St.
Salvator aus
dem 13. Jahrh., mit Gemälden;
die Kapelle zum heiligen Blut (auch St.-Basile genannt), eine kleine, zierliche
Kirche aus dem 12. Jahrh. (von den Sansculotten verwüstet, aber 1829 bis 1839 restauriert),
mit einem modernen Altar von vortrefflicher Bildhauerarbeit;
die Jerusalemerkirche, ein einfacher spätgotischer Bau aus dem 15. Jahrh.;
die gotische St. Annenkirche mit vielen Gemälden aus dem 17. u. 18. Jahrh.;
die Jakobskirche, ein spätgotischer Ziegelbau (1469 geweiht);
ferner das große bischöfliche Seminar
(Dünenabtei genannt);
das seit länger als 500 Jahren bestehende St. Johanneshospital mit berühmten Gemälden von Memling
und dem Reliquienkasten der heil. Ursula, auf dem das Martyrium der 11,000 Kölner Jungfrauen von Memling dargestellt ist;
der
große Beghinenhof (aus dem 13. Jahrh.);
der Justizpalast, wo einst die Residenz der Grafen von Flandern
gestanden, mit berühmtem, in Holz geschnitztem Kamin;
die Craenenburg am Großen Markt, wo drei Monate lang König Maximilian 1488 gefangen
gehalten ward (jetzt Schenke), u. a. Von dem Prinzenhof, dem alten Palast der Grafen von Flandern, in welchem die Hochzeit Karls
des Kühnen mit Margarete von York 1468 gefeiert wurde, sind nur wenige Trümmer übrig.
Unter den öffentlichen
Gebäuden neuern Ursprungs ragt hervor das Gefangenhaus mit 300 Zellen. Von Denkmälern sind das Standbild Jan van Eycks gegenüber
dem Rathaus, das Marmorstandbild Memlings auf dem frühern Mittwochsmarkt (von Pickery, seit 1871) und das
S. Stevins, des Erfinders des Dezimalsystems, zu nennen. Die Bevölkerung ist von (1816) 49,803 Einw. auf (1884) 45,073 gesunken;
fast die Hälfte derselben lebt in größter Dürftigkeit, und unverhältnismäßig viele sind auf die öffentliche Wohlthätigkeit
angewiesen.
Die Industrie der Stadt liefert besonders Spitzen, Leinwand, Baumwoll- und Wollzeuge, Leder, Tabak, Starke,
Seife; ferner werden Bierbrauerei, Branntweinbrennerei und Schiffbau umfangreich betrieben, und der Handel mit den Landes- und
Gewerbeprodukten, namentlich mit Korn, Flachs, Hanf und Öl, vorzüglich aber mit Leinwand, ist lebhaft. Obgleich Brügge nur an Kanälen
liegt, so werfen doch Seeschiffe von 200-300 Ton. vor der Stadt Anker, und 100 Schiffe haben Raum im Hafenbassin
Sluis am Zwin (im NO. der Stadt, schon in Holländisch-Zeeland gelegen), wohin ein Kanal führt.
Der Seehafen Brügges ist in Ostende. Die zwei messenähnlichen Jahrmärkte Brügges (4. Mai1. Okt.), jeder 14 Tage dauernd, versammeln
viele ausländische Geldkräfte, und auch die Vieh- und Pferdemärkte sind von Bedeutung. Trotz all dieser
Anstalten aber ist der Handel des heutigen Brügge nur noch ein Schatten gegen den im 13.-15. Jahrh., wo eins seiner Handelshäuser,
van den Beursen, so berühmt wurde, daß die »Börse« davon ihren Namen erhielt. Alle Handelsvölker der bekannten Welt hatten
hier ihre Konsulate. Faktoreien oder privilegierte Gesellschaften von Kaufleuten aus 17 Königreichen hatten
sich hier niedergelassen. Brügge war schon früh der Stapelplatz für die Städte des Hansabundes und für den englischen Wollhandel.
Mit der Entdeckung der großen Seewege und dem Emporkommen Antwerpens sank die Brügger Handelsmacht. An wissenschaftlichen,
Kunst- und Erziehungsanstalten befinden sich in ein königliches Athenäum, eine höhere Knabenschule,
Industrieschule, eine Schiffahrtsschule, ein bischöfliches Seminar, eine Kunstakademie mit Bildergalerie, ein Lehrerseminar,
eine vielbesuchte Erziehungsanstalt im Englischen