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Umfang von den Grenzen [* 1] der Hügel- und Berglande Mittel- und Ostdeutschlands bis zu den Gestaden der Nord- und Ostküste, westwärts bis Sylt, ostwärts bis zu den Wasserscheiden zwischen Dnjepr und Don und zwischen Niemen und Düna, auf 4-5000 QM. geschätzt wird. In der Mark und Lausitz breitet sich die Braunkohlenformation auf einem Areal von 800 QM. aus. Mit ihm steht in unmittelbarem Zusammenhang das sächsisch-thüringische Becken von Halle, [* 2] welches sich nach der Goldenen Aue im W., Kamburg im S. und nach Zeitz [* 3] im O. ausbreitet, und zu dem sich noch andre kleinere thüringische Becken gesellen.
Hier ist der Braunkohlenbau am bedeutendsten in Deutschland. [* 4] Über das ausgedehnte Braunkohlenlager Böhmens s. d., S. 135. Andre Becken sind das Niederhessens (mit dem Meißner, Habichtswald etc.) und dasjenige der Rhön (Kaltennordheim, Bischofsheim). Ausgedehnt ist auch das Braunkohlengebirge der Wetterau, Oberhessens, des Westerwaldes und des Niederrheins, welches sich vom Siebengebirge bis in die Gegend von Aachen [* 5] und Düsseldorf [* 6] verfolgen läßt. Auch in der bayrischen Oberpfalz, in Mähren [* 7] und Oberschlesien gibt es Braunkohlen.
Das ungarische Becken setzt sich mit seinen Buchten in die östlichen Alpen [* 8] nach Süd- und Mittelsteiermark bis Kärnten hinein fort. Mitten im Alpengebirge gibt es einzelne isolierte kleine Becken (Leoben, Judenburg, Wochein, das ältere von Häring). Von Oberösterreich bis Südfrankreich schlingt sich um die Alpen das breite Band [* 9] der braunkohlenführenden Molasse und setzt auch nordwärts tief nach Oberschwaben fort. Italien [* 10] (Catibona, Sinigaglia) und Dalmatien (Monte Promina) besitzen ebenfalls Braunkohlen. In Frankreich sind vor allem die Auvergne und das Mündungsland des Rhône (Aix) wichtig; auch jenseit des Mittelmeers, [* 11] in Algerien [* 12] (Oran), finden wir Braunkohle. In England sind sie auf das kleine Becken von Bovey und den Südwesten des Landes beschränkt, während sie in den basaltischen Gegenden Ostirlands (Riesendamm) und auf den westschottischen Inseln (Mull) auftreten. Ausgedehnt ist auch ihr Vorkommen in Island [* 13] als sogen. Surtrbrandr zwischen basaltischen und palagonitischen Tuffen. Nordamerika [* 14] besitzt Braunkohlen im obern Missourigebiet und in Vancouver, und bis in diese Ferne ist der Florencharakter derselbe, ja es treten selbst noch europäische Arten, wie Acer trilobatum, auf. In Asien [* 15] kennt man sie von den hinterindischen Inseln und von Japan. [* 16]
Braunkohle dient allgemein zum Heizen von Stubenöfen, Dampfkesseln, Ziegel- und Kalköfen, Puddel- und Schweißöfen etc. Die erdige Kohle wird zu dem Ende wie Thon in der Ziegelfabrikation aus freier Hand [* 17] oder auf Maschinen in parallelepipedische (Sachsen [* 18] und Brandenburg, [* 19] Braunkohlensteinziegel) oder in abgestumpft kegelförmige Stücke (Klütten, Rheinprovinz) [* 20] gebracht. Die Hertelschen Naßpressen liefern 35-40,000 Ziegel in zehn Arbeitsstunden. Sehr zweckmäßig wird die Braunkohle aus einem heißen Mundstück gepreßt und deshalb der Preßcylinder durch eine eigne kleine Feuerung geheizt.
Häufig werden aus erdiger Kohle nach gehöriger Zerkleinerung und Trocknung derselben mittels einer starken Pressung Preßsteine (Brikette, Preßkohle) gefertigt, welche nicht mehr abfärben, eine glänzende Oberfläche und dunklere Farbe haben als das ursprüngliche Material, eine große Heizkraft besitzen und wegen ihrer Festigkeit [* 21] zu weitem Transport sich eignen. Die backenden Kohlenvarietäten werden bisweilen für Hüttenwerke und chemische Fabriken verkokt.
Geringe Braunkohlensorten verwertet man zur Gasfeuerung. [* 22] Unweit Elbogen dienen bituminöse Pechkohlen (Spiegelkohlen) zur Rußgewinnung. Als Färbemittel benutzt man die kölnische Umbra. Der Gagat dient zu Schmuckgegenständen. Eine der wichtigsten Verwendungen der Braunkohle ist diejenige zur Darstellung von Mineralölen und Paraffin. [* 23] Es werden hierzu vorzugsweise die bituminösen, hellbraunen, pyropissithaltigen oder ganz aus Pyropissit bestehenden Braunkohlen gewählt, welche an dem Ausgehenden der Erdkohlenflöze von Weißenfels, [* 24] Zeitz, Deutschenthal etc. oder in der obern Partie der Flöze sich finden und pro Tonne (125-140 kg) 10-25 kg Teer liefern.
Die Rückstände vom Abschwelen dieser Kohlen bilden unter dem Namen Grude ein koksartiges Brennmaterial. Die Produktion an Braunkohle betrug im Deutschen Reich 1884: 14,840,575 Ton. im Wert von 39,2 Mill. Mk., wovon über 11 Mill. Ton. auf die preußische Provinz Sachsen und über 12 Mill. auf Preußen [* 25] überhaupt kommen.
Vgl. Zincken, Die und ihre Verwendung (Hannov. 1867; dazu Ergänzungen, Halle 1871 u. 1878);
Unger, Die Verwertung der Braunkohle als Feuerungsmaterial etc. (Weim. 1862);
Neumann, Die Vergasung erdiger Braunkohle zum Betrieb der Schmelz- und Brennöfen, Dampfkessel [* 26] etc. (Halle 1873).