mehr
Narbenscheibe t stoßen müssen, an der sie festhaften und die
Befruchtung
[* 1] bewirken. Man kann die Thätigkeit der blumenbesuchenden
Insekten
[* 2] in diesem
Fall durch einen einfachen
Versuch nachahmen, indem man mit einer Bleistiftspitze
[* 3]
(Fig. 8) gegen das Beutelchen
einer noch nicht besuchten
Blüte
[* 4] stößt; dadurch werden die
Pollinien sofort auf die Bleistiftspitze
übertragen (III in
[* 3]
Fig. 8), haften an derselben fest und führen auch die
oben beschriebene Drehung (IV in
[* 3]
Fig. 8) aus. Eine
besonders merkwürdige Bestäubungseinrichtung, die als Kesselfalle bezeichnet wird, kommt bei den langröhrigen
Blüten der
Osterluzei
(Aristolochia Clematitis) vor. Diese
[* 3]
(Fig. 9) haben einen weiten
Schlund s, einen dünnen, innen
mit einwärts gekehrten
Haaren h ausgekleideten
Hals r und unten einen weiten, kesselartigen
Raum
k, in welchem direkt unter
der
Narbe n sich sechs
Staubbeutel a befinden. Die Blütenbest
äubung
[* 5] wird hier durch winzige Mückenarten bewerkstelligt, die in den
Kessel hineinkriechen und auf der
Narbe den von frühern Besuchen mitgebrachten
Blütenstaub absetzen, da
die
Staubbeutel der
Blüte anfangs noch geschlossen sind. Am Hinauskriechen werden sie durch die reusenartig gestellten
Haare
[* 6] verhindert, welche erst nach Öffnung der
Staubbeutel und gleichzeitiger
Umdrehung der
Blumenkrone (III in
[* 3]
Fig. 9) einschrumpfen
und auf diese
Weise den zuerst gefangenen, mit
Blütenstaub beladenen Blumengästen den
Austritt wieder
gestatten.
Neben der Fremdbestäubung, welcher die bisher beschriebenen Einrichtungen der Blumen dienen, spielt die Selbstbestäubung eine sehr untergeordnete Rolle. Es gibt jedoch eine Reihe von Pflanzen, bei denen außer den gewöhnlichen, für Fremdbestäubung eingerichteten, offenen Blüten noch andre, stets geschlossene und daher auf ausschließliche Selbstbestäubung angewiesene Blüten (kleistogame Blüten) vorkommen. Derartige durch Verkümmerung der Blumenkrone entstehende und daher unansehnliche Blüten, z. B. von Lamium amplexicaule, Oxalis Acetosella, Viola odorata, befruchten sich meist dadurch, daß die Pollenkörner [* 7] direkt aus den Staubbeuteln ihre Schläuche nach der Narbe hin treiben, während die großen, mit Blumenblättern versehenen Blüten (chasmogame Blüten) derselben Art in der Regel unfruchtbar bleiben.
Vgl. Sprengel, Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und der Befruchtung der Blumen (Berl. 1793);
Darwin, Die verschiedenen Einrichtungen, durch welche Orchideen [* 8] von Insekten befruchtet werden; Derselbe, Die Wirkungen der Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich und »Die verschiedenen Blütenformen bei Pflanzen der nämlichen Art« (deutsche Ausgabe der »Werke«, Bd. 9 u. 10);
Delpino, Ulteriori osservazioni sulla dicogamia nel regno vegetale (Mail. 1868-69);
Hildebrand, Die Geschlechterverteilung bei den Pflanzen (Leipz. 1867);
H. Müller, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten (das. 1873);
Derselbe, Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten etc. (das. 1881).