mehr
12) zu erwähnen. Endlich sind einige jener deutschen Bildhauer zu nennen, die zur dauernden Stätte ihres Wirkens Rom [* 2] erwählt haben: Emil Wolff (1802-79), der einer antikisierenden Richtung folgt;
Steinhäuser (1813-79), einer der wenigen Künstler, welche sich vorwiegend christlichen Stoffen zugewendet, und von dessen Schöpfungen namentlich die Arbeiten für Bremen [* 3] (Ansgarius, Apostel des Nordens, 1865) zu erwähnen sind;
Schubert, welcher ebenfalls in der letztern Richtung Tüchtiges geleistet hat (Grablegung für Hamburg), [* 4] und Eduard Müller aus Koburg [* 5] (Prometheus und die Okeaniden).
In Frankreich finden wir zunächst eine Reihe von Männern, die in mehr oder weniger streng klassizistischer Richtung die Kunstweise aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts in unsre Zeit herübergeleitet haben. Doch tritt hier entweder der sinnliche Reiz der Erscheinung in den Vordergrund (Pradier aus Genf, [* 6] 1792-1852), der sich bei Clésinger sogar in bedenkliche Richtungen verliert, oder die kalte Reflexion [* 7] zeigt uns einen bis ins einzelne der Antike nachgebildeten Genreapparat, dem dann die Bedeutung des Gegenstandes oft schnurstracks entgegensteht (Lemaires Relief des Jüngsten Gerichts am Giebelfeld der Madeleine). Am unglücklichsten sind die öffentlichen Denkmäler dieser Schule.
Ein freieres Naturgefühl beherrschte Rude (1784-1855), mehr noch Duret (1804-65), dessen Genrebilder durch Wahrheit und edle Auffassung gleich ausgezeichnete Erscheinungen sind (s. Tafel X, [* 1] Fig. 2). Ähnliche Stoffe behandelten Jouffroy (1806-82) und eine große Anzahl jüngerer Künstler, deren Namen wir übergehen, weil ihre Werke kaum über Frankreich hinaus bekannt geworden sind. Gewiß ist, daß die Franzosen es in der ideal gehaltenen Genrefigur zu einer bedeutenden Meisterschaft gebracht haben.
Der Bahnbrecher des Realismus war David von Angers (1789 bis 1856, Giebelfeld des Panthéon und eine große Anzahl Porträtstatuen und Büsten, auch von großen Männern Deutschlands, [* 8] die er nach dem Leben modellierte, wie Goethe, A. v. Humboldt, Ludwig Tieck). Die Neuern bewegen sich im antiken Stoffkreis mit entsprechender Formgebung (Millets Ariadne, Perrauds Bakchos, Barrias' Schwur des Spartacus, s. Tafel X, [* 1] Fig. 7, u. a.), oder sie nähern sich einer mehr genrehaften Richtung (Dubois, s. Tafel X, [* 1] Fig. 10, Blanchard, Delaplanche), welche durch Carpeaux (s. Tafel X, [* 1] Fig. 15) einem kühnen Naturalismus zugeführt worden ist. Belgien [* 9] ist in der Plastik von Frankreich abhängig;
dem Standbild des Rubens in Antwerpen [* 10] von Geefs (1806-83) fehlt es an echt monumentaler Haltung;
Ähnliches gilt von Fraikins Gruppe der Grafen Egmont und Hoorn zu Brüssel [* 11] (s. Tafel X, [* 1] Fig. 9);
das
beste der modernen
Denkmäler ist vielleicht
das Standbild
Arteveldes in
Gent
[* 12] von Devigne. Im
Genre sind einzelne ansprechende Leistungen aufzuführen
(Fraikins
Cupido, s. Tafel VIII,
[* 1]
Fig. 12). -
Italien
[* 13] hat eine
Reihe von
Denkmälern aus neuerer Zeit aufzuweisen, doch nichts von unbedingtem
Wert. Auch Pio
Fedis (geb. 1815)
Raub der
Polyxena (s. Tafel IX,
[* 1]
Fig. 8) für die
Loggia dei
Lanzi in
Florenz
[* 14] ist nur durch den
Gegensatz zu der
Menge geringerer Leistungen ausgezeichnet und dem entsprechend gefeiert worden.
Außerdem sind besonders
Tenerani (1796-1869) und
Vela (sterbender
Napoleon) zu nennen. Auch
Giovanni
Dupré verdient Erwähnung
(Sappho;
Pietà, s. Tafel X,
[* 1]
Fig. 5). Merkwürdig ist in diesem klassischen
Lande die allen
Gesetzen der
Plastik widersprechende neuere
Richtung auf naturgetreue Wiedergabe des Stofflichen
und auf das Malerisch Naturalistische, welche
namentlich in
Mailand
[* 15] und
Rom eigne
Schulen begründet hat.
Barzaghi (s. Tafel
X,
[* 1]
Fig. 1),
Monteverde (s. Tafel X,
[* 1]
Fig. 5),
Calvi, d'Orsi und Biondi sind die Hauptvertreter derselben. - Unter den
Schweden
[* 16] sind
Byström und
Fogelberg, beide der antikisierenden
Richtung huldigend, zu nennen. - In keinem Land vielleicht
steht die moderne
Plastik so tief wie in
England. Im
Vergleich zu den Standbildern von
Feldherren oder Staatsmännern, welche
Londons
Plätze und
Straßen füllen, sind die
Denkmäler
Münchens wahre
Muster an geistvoller Auffassung und monumentalem
Stil.
Man scheut sich nicht, hochbeinige englische Jagdpferde in Reiterstatuen figurieren zu lassen, man hat hier das Nonplusultra in Stil und Geschmacklosigkeit zu leisten verstanden, indem man Lord Wellington quer über den Triumphbogen am Hydepark reiten ließ. Dagegen muß zugegeben werden, daß im Porträtfach Tüchtiges geleistet wird und namentlich das plastische Genrebild trefflicher Behandlung und glücklicher Erfolge sich erfreut (Wyatt, Marshall u. a.). Der jüngere Spence (gest. 1866) hat bei einem schätzenswerten Reichtum der Erfindung seinem Hang zum Tändelnden nicht immer widerstanden (Findung Mosis und Johanna Deans vor Königin Karoline).
In der Idealplastik herrscht im wesentlichen noch die weichlich antikisierende Richtung Canovas vor. Von dieser hat sich auch der bedeutendste englische Bildhauer, John Gibson (1791-1866), nie ganz frei zu machen gewußt, wie er denn auch Canovas Schüler gewesen war, in Rom seine Ausbildung erhalten hatte und hier auch sein Leben beschloß. Der Einfluß Thorwaldsens trieb ihn dazu, sich mehr der Antike selbst und der Natur zu nähern; aber eine gewisse Süßlichkeit und affektierte Grazie, die nun einmal der ganzen Idealskulptur seiner Nation eigen ist, überwand er nicht.
Hervorragend ist sein Grabmal der Herzogin von Leicester [* 17] zu Longford (s. Tafel VIII, [* 1] Fig. 9). Seine besten Werke gehören dem Genre oder dem idyllisch-mythologischen Gebiet an: Amor als Hirt, Amor mit dem Schmetterling, [* 18] Psyche von den Zephyrn getragen, Hylas und die Nymphen (London, [* 19] Nationalgalerie). Höchst beachtenswert sind seine Versuche zur Wiederbelebung der Polychromie, mit denen er namentlich in seiner Venusstatue auf der Londoner Weltausstellung 1862 hervortrat.
Noch sind zu erwähnen: Macdowell (s. Tafel VIII,
[* 1]
Fig. 10),
Macdonald (s. Tafel VIII,
[* 1]
Fig. 11),
Leighton, J.
E.
^[Joseph
Edgar]
Böhm und
Campbell.
Besseres vielleicht als von der englischen darf von der nordamerikanischen Bildhauerei
erwartet werden. Im ganzen freilich schließen die dortigen Bildhauer sich den herrschenden
Richtungen
Europas an, ja leben
größtenteils, wie
Crawford, in
Rom. Eine ganz originelle Künstlernatur hat
Amerika
[* 20] in
Erastus
Dow
Palmer (zu
Albany, geb. 1817) hervorgebracht, der nie über sein Vaterland hinausgekommen und ganz aus
dem amerikanischen
Leben, aus dem Arbeiterstand, hervorgewachsen ist. In idealen und allegorischen Werken, wie:
Morgenstern
[* 21] und
Abendstern,
Schlaf,
Frühling, der gefesselte
Friede,
weiß er, namentlich bei
Büsten und
Reliefs, ein feines Seelenleben zum
Ausdruck kommen zu lassen. In genrehaften Werken schöpft er aus dem
Leben seines
Landes, wie: der Indianerhäuptling
und die weiße Gefangene, oder er schildert das Kinderleben in anmutigster
Weise, wie sein
Hochrelief:
Guten
Morgen! zeigt. Eine
Übersicht der Hauptbeispiele der Bildhauerkunst
[* 22] geben unsre Tafeln »Bildhauerkunst
I-X«, nebst
Tabelle.
Litteratur: Neben den Darstellungen der allgemeinen Kunstgeschichte von Kugler, Schnaase u. a. ¶