mehr
sich diese Übersetzung im kirchlichen Gebrauch bis heute fast unangefochten behauptet. Unter den Versuchen, dieselbe durch neue Arbeiten oder Umgestaltungen zu ersetzen, kommen besonders in Betracht die Leistungen von De Wette (Heidelb. 1809-12, 6 Bde.; 4. Aufl. 1858, 3 Bde.), Stier (nach dem berichtigten Text von J. F. ^[Johann Friedrich] v. Meyer; 3. Aufl., Bielef. 1869), Bunsen (fortgeführt von Kamphausen und Holtzmann, Leipz. 1858-65, 9 Bde.), bezüglich des Neuen Testaments insonderheit die Protestantenbibel, herausgegebenen P. W. Schmidt (Neues T., das. 1872-1873; 3. Aufl. 1879), und die Übersetzung von Weizsäcker (1875, 2. Aufl. 1882). Auf eine zweckmäßige, den Bedürfnissen des deutschen Volkes, der deutschen Kirche und Schule entsprechende, schonende Berichtigung von Luthers Meisterwerk richtet sich nun die von der Eisenacher Kirchenkonferenz unternommene Bibelübersetzungsrevision.
Möglich ist diese Berichtigung dadurch geworden, daß die Bibelanstalt von Canstein (s. d.) 1845-55 in 7 Bänden die durch H. E. Bindseil besorgte kritische Ausgabe von Luthers Bibelübersetzung verlegte und darin nicht nur den kaum noch den Gelehrten bekannten Text der letzten Originalausgabe von 1545 genau wiedergab, sondern auch die Differenzen aller frühern Ausgaben Luthers unter dem Texte der letzten als Varianten mitteilte, so daß der Leser den spätern Luther aus dem frühern verbessern kann.
Nun ist aber von den unzähligen in dem Zeitraum von drei Jahrhunderten gedruckten Ausgaben keine einzige, die nicht irgendwie vom Druck von 1545 abwiche. Ohne einheitliche Aufsicht seitens der kirchlichen Behörden erschienen die deutschen Bibeln an den verschiedensten Orten, jede mit ihren eigentümlichen Druckfehlern und sonstigen Änderungen, wie solche teils die Errungenschaften der Wissenschaft, teils die fortschreitende Veränderung der deutschen Sprache [* 1] für das Verständnis in Kirche, Schule und Haus nötig zu machen schien.
Die Geschichte der deutschen Bibelübersetzung Luthers von 1517 bis 1534 gab der Hamburger Hauptpastor J. M. ^[Johann Melchior] Goeze aus dem Nachlaß von J. G. ^[Johann Georg] Palm heraus (Halle [* 2] 1772). Bis 1581 wird diese Geschichte geführt von G. W. Panzer (Nürnb. 1783). Weitere Beiträge lieferten Heinr. Schott (»Geschichte der deutschen Bibelübersetzung«, Leipz. 1835),
G. W. Hopf (»Würdigung der Lutherschen Bibelverdeutschung mit Rücksicht auf ältere und neuere Übersetzungen«, Nürnb. 1847) und W. Grimm (»Kurzgefaßte Geschichte der lutherischen Bibelübersetzung bis zur Gegenwart«, Jena [* 3] 1884). Den ersten Anstoß zu einer gründlichen Revision des Textes auf Grund der gewonnenen Einsicht in seine Geschichte gab der Stuttgarter Kirchentag 1857; die maßgebenden Grundsätze stellte 1863 die Eisenacher Konferenz fest, und 1865-68 wurde das Neue Testament in drei Lesungen durch den Germanisten B. ^[richtig: Georg Karl] Fromman (s. d.) und zehn sachkundige Theologen in der Weise behandelt, daß die Auswahl unter den Varianten mit Rücksicht auf den Grundtext erfolgte, die wenigen Stellen aber, an deren Verbesserung nach dem Grundtext man sich heranzutreten getraute, möglichst aus dem Sprachschatz der Lutherbibel erneuert wurden. In demselben Jahr, als die Cansteinsche Anstalt erstmalig das revidierte Neue Testament herausgab (1870), erklärte sich die Konferenz für die Ausdehnung [* 4] der Revision auch auf das Alte Testament; aber erst das Jahr 1883 sah einen Probedruck der ganzen revidierten Bibel [* 5] ans Licht [* 6] treten, welcher freilich wenig Beifall zu finden scheint. - Auch die Katholiken folgten dem gegebenen Beispiel.
Die neuerdings gebrauchtesten Übersetzungen sind die von Leander van Eß (1807 u. öfter) und die autorisierte Übersetzung von Allioli (Nürnb. 1830-34, 6 Bde.; 5. Aufl., Regensb. 1874, 3 Bde.) Die Grundlage der englischen Übersetzungen ist Tindales Bibel (1526), welche Coverdale 1535 vollendete, in ihrer Verbesserung (1539) die »große oder »Cranmers Bibel« genannt; eine Revision derselben ist »Parkers Bischofsbibel« (1568) und eine neue, von 54 Gelehrten bearbeitete die »Royal version« (1611), welche in einer gründlichen, nach wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommenen Revision 1881 ans Licht getreten ist.
Die französischen Reformierten haben im kirchlichen Gebrauch die Genfer Bibel von 1551, eine Revision der Übersetzung von Olivetan von 1535, welcher wieder diejenige des J. ^[Jakob] Faber Stapulensis von 1523 (vollständig 1525) voranging. Verbreiteter aber ist die Übersetzung Osterwalds von 1714 und 1744 trotz ihrer hervorstechenden Mängel. In Holland ist die kirchliche Übersetzung die im Auftrag der Dordrechter Synode von Waläus, Bogermann u. a. verfaßte »Staatenbibel« von 1637, der andre Übersetzungen vorhergingen.
Überall, wohin die Reformation drang, war die erste Arbeit, die in der Muttersprache dem Volk in die Hand [* 7] zu geben, und da die evangelische Mission diesen Grundsatz festhält, so mehrt sich jedes Jahr die Zahl der Übersetzungen in Sprachen, deren Namen kaum in Europa [* 8] bekannt sind. Gegenwärtig liegt die in 308 Sprachen, bez. Mundarten gedruckt vor. Näheres s. Bibelgesellschaften.
Vgl. Reuß, [* 9] Die Geschichte der heiligen Schriften Alten Testaments (Braunschw. 1881);
Derselbe, Die Geschichte der heiligen Schriften Neuen Testaments (5. Aufl., das. 1874);
Diestel, Geschichte des Alten Testaments in der christlichen Kirche (Jena 1869).
S. auch Bibelwerke und Biblische Archäologie. Das Faksimile eines Blattes der 42zeiligen Gutenberg-Bibel ist unserm Art. »Buchdruckerkunst« beigegeben.