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aus Österreich [* 1] und Deutschland, [* 2] und auch den größten Teil der Ausfuhr in das Ausland vermittelt Belgrad. [* 3] Auch ist der Transitverkehr zwischen Österreich und der Türkei [* 4] sehr lebhaft, besonders seitdem die Eisenbahnlinie Belgrad-Nisch dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Wenn erst die Verbindung dieser Linie mit den türkischen Bahnen hergestellt sein wird, wird dieser Handel großartige Dimensionen annehmen. Die Donaudampfschiffahrtsgesellschaft und die Österreichische Staatseisenbahngesellschaft haben ihre Agenturen in und vermitteln den Verkehr mit Österreich.
Zum Aufschwung des Handels tragen viel die privilegierte serbische Nationalbank und die Kreditbank bei. Industrie hat Belgrad fast gar nicht, die meisten Handwerker betreiben ihr Gewerbe im kleinen. An Lehranstalten bestehen: 1 Hochschule mit 3 Fakultäten, 1 theologisches Seminar, 1 Gymnasium und 2 Untergymnasien, 1 Realschule und 1 höhere Mädchenschule. Im Gebäude der Hochschule sind die Nationalbibliothek (24,000 Bände) und das Museum (mit einer außerordentlich reichen Münzsammlung) untergebracht. In Belgrad haben ihre Ministerresidenten: das Deutsche Reich, [* 5] Rußland, England und Belgien. [* 6]
Frankreich, Österreich, Rumänien, [* 7] Griechenland, [* 8] Italien [* 9] und die Türkei haben hier bevollmächtigte Minister. An Sonn- und Feiertagen zieht die Bevölkerung [* 10] nach dem 2 km westlich von Belgrad entfernten anmutigen Toptschider mit einer Eisenbahnstation, wo sich die fürstliche Sommerresidenz mit schönen Parkanlagen und einem Wildgarten befindet. In letzterm wurde der Fürst Michael Obrenowitsch III. ermordet, und in Toptschider tagte darauf die Nationalversammlung, welche den jetzt regierenden König wählte.
Belgrad steht an der Stelle des alten Singidunum. In den Kämpfen der Bulgaren, Griechen und Ungarn [* 11] mehrmals zerstört, ward es 1343 vom serbischen König und nachmaligen Kaiser Stephan Duschan als Zwingburg wieder aufgebaut; bald nachher wurde die Festung [* 12] von den Ungarn erobert und kam erst 1382 an die Serben zurück. Georg Brankowitsch, Fürst von Serbien, trat 1426 an den König Siegmund von Ungarn ab, welcher die Festungswerke gegen die Türken verstärkte. Nachdem die Stadt von letztern wiederholt belagert worden war (1440 von Sultan Murad II., 1456 von Sultan Mohammed II., gegen welchen Joh. Hunyady die Stadt durch den Sieg vom verteidigte), fiel sie endlich nach tapferer Gegenwehr in die Hände Solimans II. und gehörte von da an 167 Jahre lang zum türkischen Reich. Am wurde Belgrad von dem Kurfürsten Maximilian von Bayern [* 13] mit 53,000 Mann kaiserlicher und Reichstruppen eingeschlossen und 6. Sept. erstürmt, aber schon vom Großwesir Mustafa Köprili zurückerobert.
Ein Angriff des Herzogs von Croy auf Belgrad 1692 war ohne Erfolg. Dagegen wurde Belgrad vom Prinzen Eugen seit belagert und, nachdem das türkische Entsatzheer unter Köprili 16. Aug. in der Schlacht bei Belgrad, dem glänzendsten Sieg des Prinzen, zurückgeschlagen worden war, 22. Aug. zur Übergabe gezwungen. Im Frieden von Poscharewatz 1718 blieb es den Österreichern, die es neu befestigten und zu einem blühenden Handelsplatz umschufen; aber nach der für die Österreicher unglücklichen Schlacht bei Krotzka wurde Belgrad im Belgrader Frieden nebst Schabatz und Orsova an die Türken abgetreten. Die Festungswerke Belgrads, welche die Österreicher vor ihrem Abzug zerstört hatten, wurden von den Türken wiederhergestellt; die Stadt selbst aber sank in den Schmutz der übrigen osmanischen Orte zurück. Im österreichisch-türkischen Krieg 1788-91 wurde Belgrad wieder von dem österreichischen General Laudon erobert, fiel aber im Frieden von 1791 von neuem an die Türkei zurück.
Als der türkische Despotismus 1804 die Serben zur Empörung trieb, wurde Belgrad von den letztern wiederholt belagert und die umschanzte Stadt mit Sturm genommen, die Festungsbesatzung 30. Dez. zur Kapitulation gezwungen und im Januar 1807 die Festung von ihnen geräumt. Die Stadt wurde hierauf Sitz der serbischen Regierung, geriet jedoch, als diese im Bukarester Frieden von den Russen, ihren bisherigen Beschützern, aufgegeben worden war, nebst den übrigen serbischen Festungen abermals in die Gewalt der Türken, welche die Festung auch noch behaupteten, als sie die Unabhängigkeit Serbiens anerkannt haben. Erst wurde die Festung feierlich dem serbischen Fürsten Michael Obrenowitsch III. übergeben und von den türkischen Truppen geräumt.