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»Begeisterung« nur für die letztere Form, die »Geistestrunkenheit«, für die Trunkenheit vom Wein höchstens der Name »Begeistung« gebraucht zu werden. Beide Formen der Begeisterung jedoch haben das gemein, daß der »Geistes«- (wie der Weines-) Trunkene den umgebenden »Nüchternen« zu »schwärmen« scheint, die erhöhte Geistesstimmung bald für Entrückung des Geistes in höhere Sphären (Geistesverzückung, Sehertum),
bald für Verrückung desselben (Wahnwitz, Geistesabwesenheit) gilt, der Schwärmer daher bald als höherer Weisheit teilhaftig gepriesen, bald nach Luthers kräftigem Ausdruck als »Schwarmgeist« gemieden wird. Nur die erhöhte Geistesstimmung jener erstern Art, deren Aussprüchen und Handlungen mustergültiger Wert beigelegt wird, pflegt im engsten Sinn des Worts Begeisterung zu heißen. In diesem Sinn bedient man sich der Bezeichnung, wenn von den Schöpfungen künstlerischer, den Entdeckungen wissenschaftlicher, den Thaten und Aufopferungen sittlicher, politischer und religiöser Begeisterung die Rede ist.
Legt man dabei auf den Umstand Gewicht, daß der Geist, unter dessen Einfluß der Begeisterte steht, ein von seinem eignen verschiedener, die Begeisterung daher durch ein andres Geistwesen verursacht sei, so heißt sie Inspiration, wenn dieser Geist der göttliche selbst ist, Theopneustie. Im andern Fall, wenn der Begeisterte unter der Herrschaft seines eignen, aus dem Alltagsschlummer erwachten Geistes (seines Genius) stehend gedacht wird, erscheint die Begeisterung als Genialität, Enthusiasmus.
Stärke (natürliches Vo

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Stärke.Wird auf den Inhalt der die Begeisterung erweckenden Ideen geachtet, die teils dem Gebiet der Erkenntnis (des Wahren), teils jenem der Kunst (des Schönen), teils jenem des sittlichen Handelns (des Guten) angehören, so läßt sich eine logische, ästhetische und moralische Begeisterung unterscheiden, von welch letztern beiden die religiöse als Begeisterung für das Heilige und Vollkommene nur eine Abart ist. Obwohl nun jeder Mensch der Begeisterung fähig ist und in eine höhere Stimmung gesetzt zu werden pflegt, sobald eine Idee ihm näher tritt, so setzt doch die in höherm Sinn immer ein eminenteres Maß geistiger, leicht in Bewegung zu setzender Kräfte, besonders eine lebhafte Einbildungskraft und ein leicht erregbares Gemüt, gleichzeitig aber auch gleichmäßige Stärke [* 1] der Reflexion [* 2] und des Willens voraus, um Maß zu halten und selbst über die kühnsten Aufschwünge der Seele freithätig zu gebieten, um nicht, wie diesem Geschick schwache, mit einer großen Reizbarkeit und lebendiger Phantasie begabte Gemüter immer unterliegen, in Schwärmerei und selbst in Wahnsinn zu verfallen.
Die Begeisterung wirkt nicht minder auf das Vorstellungs- als auf das Begehrungsvermögen. Indem der Gegenstand die ganze Seele erfüllt, so daß dieselbe nur mit ihm sich beschäftigt, gegen alles andre gleichsam blind und taub ist, richtet sich ihr Blick ausschließlich nur auf ihn mit einer Schärfe, daß sie ihn klarer schaut als alles andre. Die Begeisterung überschaut Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichsam mit Einem Blick, erkennt Schwierigkeiten nicht nur schnell, sondern entdeckt auch leicht die Mittel, dieselben zu überwinden, und wendet dieselben mit einer Entschiedenheit oder Beharrlichkeit an, daß der ruhige Beobachter über die Erfolge staunt. Je klarer aber die Vorstellungen sind, auf welchen die Begeisterung ruht, desto mächtiger wirken sie auch auf Gemüt, Willen und Begehrungsvermögen, reißen dieselben mit sich fort und spornen sie an, die Idee so schnell wie möglich zu realisieren. So wirkt die Begeisterung bei dem Dichter, Redner, Maler, Musiker, Baumeister etc., so daß das Schaffen ein wunderhaft schnelles aus Einem großartigen Guß wird. Mit Recht unterscheidet man noch eine wahre (d. h. wirkliche) und falsche (d. h. bloß eingebildete) und versteht unter der erstern jene reine, tiefe, durch Ideen verursachte und auf solche gerichtete Erregtheit des Gemüts, unter letzterer dagegen die affektierte Geistesstimmung, die nüchtern bleibt, aber berauscht scheinen will.