mehr
Tempelstatuen, wie
Zeus,
[* 1] mit der
Nike
[* 2] auf der ausgestreckten
Hand
[* 3] abzubilden. Die Hauptthätigkeit der Athene
[* 4] liegt aber in den
Werken des
Friedens. Wie alle
Gottheiten des natürlichen
Segens, fördert sie das Gedeihen der
Kinder; als
Göttin des reinen
Himmels und der reinen
Luft ist sie Verleiherin der
Gesundheit und Abwehrerin aller bösen
Krankheiten. Neben
Zeus gilt sie in
Athen
[* 5] als Schutzgottheit der Geschlechtsverbände
(Phratrien), in
Athen und
Sparta auch der
Volks- und Ratsversammlungen,
an vielen
Orten, wie vornehmlich in
Athen, als Schirmerin des gesamten Staatswesens (Athene
Polias, Poliuchos), an andern als oberste
Vorsteherin größerer Stammverbindungen. So war das
Fest der Athene
Itonia bei
Koroneia ein Bundesfest der
gesamten Böotier, und in
Paträ wurde sie unter dem
Namen Panachais als achäische Bundesgöttin verehrt. Am allgemeinsten
ist ihre Verehrung als
Göttin des lichten, hellen
Geistes (als Abbild des
Äthers), also der
Weisheit, und so als Vorsteherin
des gesamten geistigen
Lebens der
Menschen.
Alles, was Verstand und Weisheit bewirken, alle Wissenschaft und Kunst des Kriegs und Friedens kommt von ihr, der die Menschen eine Fülle von Erfindungen verschiedenster Art verdanken. Daß ihr die Erfindung des Pflugs und des Anschirrens der Stiere zugeschrieben wurde, ist bereits erwähnt. Neben Poseidon [* 6] galt sie vielfach auch als Erfinderin der Rossebändigung und des Schiffbaues. Nach der athenischen Sage hatte sie den Erichthonios die Rosse an den Wagen zu schirren, nach der korinthischen den Bellerophon [* 7] den Pegasos zu zügeln gelehrt; zu Lindos auf Rhodus verehrte man sie als die Göttin, welche den Danaos zur Erbauung des ersten Fünfzigruderers anleitete, während die Argonautensage die Argo, das erste Schiff, [* 8] nach ihren Angaben erbauen ließ.
Schon bei
Homer werden alle Erzeugnisse weiblicher Kunstarbeit, des
Spinnens und
Webens, als Werke der Athene
bezeichnet.
Manche Palladien
trugen in der
Linken
Spindel und
Rocken. Als Lehrerin und Beschützerin der
Künste und
Handwerke wurde sie in
Athen unter dem
Namen
Ergane an den Chalkeien oder dem Schmiedefest neben
Hephästos
[* 9] gefeiert und auf der
Burg in einem eignen
Tempel
[* 10] angebetet. Auch auf das Gebiet der
Musik und
Orchestik erstreckten sich ihre
Erfindungen. So galt sie als Erfinderin der
kriegerischen
Trompete sowie der Pyrriche ^[richtig:
Pyrrhiche], des
Waffentanzes, den sie selbst zur
Feier
des
Siegs über die
Giganten zuerst getanzt haben sollte.
Auch die
Flöte soll sie erfunden, jedoch als das
Gesicht
[* 11] entstellend wieder weggeworfen und den
Marsyas,
[* 12] der sie aufhob,
gezüchtigt
haben. Aus
Griechenland
[* 13] ging die Verehrung der Athene
nach
Großgriechenland über, wo sie an zahlreichen
Orten
Tempel hatte. Im eigentlichen
Italien
[* 14] wurde sie mit der einheimischen
Göttin der
Weisheit und des
Mutes,
Minerva (s. d.), identifiziert
und im
Verein mit
Jupiter und
Juno verehrt.
Vgl. G. Hermann, De graeca Minerva (Leipz. 1837);
O. Müller, Kleine Schriften, Bd. 2, S. 134 ff. (Bresl. 1847);
Forchhammer,
Geburt der Athene
(Kiel
[* 15] 1841);
Benfey in den »Nachrichten der
Göttinger
Gesellschaft der
Wissenschaften« 1868, S. 36 ff.;
Schneider, Die
Geburt der Athene
(Wien
[* 16] 1880);
Voigt, Beiträge zur Mythologie des Ares [* 17] und der (in den »Leipziger Studien für klassische Philologie«, Bd. 4, 1881).
Die ältere
Kunst stellte die Athene
als Vorkämpferin
(Promachos) dar, meist weit ausschreitend, im langen,
steif gefalteten Gewand, die kragenartige
Ägis mit dem Medusenhaupt und
Schlangen
[* 18] um die
Schultern,
Helm,
Schild
[* 19] und
Speer führend.
Daneben finden sich auch Sitzbilder, namentlich mehrere hochaltertümliche aus
Athen, wo die
Göttin durch alle Zeit Lieblingsgegenstand
der
Kunst blieb (vgl. Tafel
»Terrakotten«,
[* 20] Fig. 9). Hier entstand die vollendete künstlerische
Gestaltung ihres
Wesens in dem kolossalen Goldelfenbeinbild der Athene
Parthenos, einem Werk des
Phidias, welches 438
v. Chr. im
Parthenon aufgestellt wurde.
Wir können uns dieselbe nach einer 1879 beim Varvakion zu Athen gefundenen, vortrefflich erhaltenen Marmorstatuette, mit welcher eine große Anzahl andrer Kopien übereinstimmen, und nach den Beschreibungen der Alten folgendermaßen vorstellen: sie stand ruhig da im langen Chiton, [* 21] die doppelteilige Ägis um die Schultern, auf dem Haupte den Helm (oben mit drei Sphinxen, am vordern Rand mit einer Reihe von Greifen geschmückt), in der rechten Hand die goldene Nike haltend, mit der linken den Speer und zugleich den am Boden stehenden Schild, unter dem sich die Erichthoniosschlange barg; die Eule saß vermutlich rechts neben ihr auf dem Boden.
Zahlreicher Einzelschmuck war über das Werk verbreitet; so sah man außen am
Schild eine
Darstellung des Amazonenkampfes,
innen die
Gigantomachie, am
Rande der
Sandalen
[* 22] Kentaurenkämpfe. Unter den vielen Athene
statuen des
Phidias
sind noch die
ca. 25 m hohe eherne
Statue der Athene
Promachos auf der
Akropolis
[* 23] zu
Athen und die ebenda sich befindende, wegen ihrer
Schönheit hochberühmte lemnische Athene zu nennen. Die folgende Zeit bildete das
Ideal der Athene nach der Seite des Schwungvoll-Majestätischen
aus, bekleidete
[* 4] ^[Abb.: Athene von Velletri (Paris, [* 24] Louvre).] ¶