Der fortdauernde Zwist mit seinen Verwandten war die Veranlassung, daß Anton meist außer
Landes, bald in
Wien,
[* 1] bald in
Frankfurt
[* 2] a. M., lebte, bis er, seit 1744
Witwer, durch den
Tod seiner
Brüder und
Neffen 1746 alleiniger
Regent wurde.
Die
Verhaftung des Oberlandjägermeisters v.
Gleichen und dessen intriganter Gemahlin führte, da Anton die vom
Kaiser gebotene
Freilassung verweigerte, 1747 im Einrücken sachsen-gothaischer Exekutionstruppen in das Meiningische (Wasunger
Krieg), und
erst nach einem Jahr ward die
Sache friedlich geschlichtet.
Bald darauf entstand aber eine neue
Fehde mit
Sachsen-Saalfeld, in deren
Folge 1752 kurfürstlich sächsische und brandenburg-ansbachische
Exekutionstruppen in das Herzogtum einrückten. Auch dieser Zwist ward 1753 durch einen
Vergleich beendet. Unter solchen Wirren
konnte das
Wohl des
Volks nicht gedeihen; dennoch ist Anton dadurch, daß er viele gewerbliche
Keime im Land
pflanzte, die später
Tausende von
Händen beschäftigten, ein Wohlthäter seines
Landes geworden. Er vermählte sich 1750 mit
Charlotte Amalie,
Prinzessin von
Hessen-Philippsthal, die ihm noch vier Töchter und vier
Söhne gebar. Anton starb in
Frankfurt a. M.
Giacomo, röm.Kardinal-Staatssekretär, geb. zu
Sonnino, einem
Flecken an der
neapolitanischen
Grenze, aus einer heruntergekommenen
Familie, kam, als sein Geburtsort 1819 durch die päpstliche Gendarmerie
als berüchtigtes Räubernest zerstört wurde, nach
Rom und
[* 3] trat hier in das
GroßeSeminar, wo er sich bald durch seine
Talente
auszeichnete. Nachdem er die niedern
Weihen als
Diakon empfangen, zog ihn der
PapstGregor XVI. in seine
Nähe und bestimmte ihn für die staatsmännische Laufbahn. Antonelli ward zum
Prälaten erhoben, war dann als
Assessor beim obersten
Strafgerichtshof, später als
Delegat in
Orvieto,
Viterbo und
Macerata thätig und wurde 1841 zum
Unterstaatssekretär in der
Verwaltung des Innern, 1844 zum zweiten Schatzmeister im
Finanzwesen, 1845 aber zum Großschatzmeister
(Finanzminister) ernannt.
Als
PiusIX. den päpstlichen
Thron
[* 4] bestieg, ging er eifrig auf dessen liberale Reformbestrebungen ein und gewann bald einen
maßgebenden Einfluß auf denselben. Am erhielt den
Kardinalshut,
[* 5] und zugleich trat er in den
ersten förmlichen Ministerrat ein, mit dessen
BildungPius IX. seine politischen
Reformen eröffnete. Als Anfang März. 1848 die
Bildung eines aus weltlichen und geistlichen Mitgliedern gemischten
Ministeriums erfolgte, übernahm den Vorsitz in demselben.
Während der
Papst14. März ein
Staatsgrundgesetz proklamierte, schmeichelte der nationalen
Stimmung, indem er
die 10,000 Mann starke päpstliche
Armee an die nördliche
Grenze schickte, von wo das
Korps zur Unterstützung der Piemontesen
in die
Lombardei einrückte. Nach der
Kapitulation der römischen
Truppen zu
Vicenza versicherte der
Papst auf Antonellis
Andringen, daß er seine
Truppen nicht zur Bekämpfung der
Österreicher abgesendet
habe. Seitdem betrieb
den Anschluß an
Österreich
[* 6] und möglichste Wiederherstellung des alten Zustandes.
Der Unwille des
Volks über diesen
Abfall von der nationalen
Sache äußerte sich in
Rom so drohend, daß Antonelli und seine
Kollegen
einem
MinisteriumMamiani Platz machen mußten. Antonelli ward nun der geheime
Leiter und Ratgeber des
Papstes,
der auf seinen
Rat zunächst den
GrafenRossi an
MamianisStelle berief. Antonelli war es auch, der nach dem
Angriff des
Volks auf den
Quirinal den
Papst zur
Flucht nach
Gaeta bewog, wo er mit der
Würde eines
Staatssekretärs bekleidet wurde. Nach Wiederherstellung
der päpstlichen
Gewalt durch die französische
Intervention trat der mit dem
Papst
nach
Rom zurückgekehrt war, an die
Spitze des neuerrichteten
Staatsrats, reorganisierte die
Verwaltung, verfolgte seine politischen
Gegner auf das härteste und führte, entschlossen und schlau, ein streng absolutistisches Polizeiregiment ein.
AlleMahnungen der Mächte zur Mäßigung und zu zeitgemäßen
Reformen wies er hartnäckig zurück, verstand
sich auch zu keinem Zugeständnis an die nationalen
Wünsche der
Italiener und begleitete die »Beraubungen« des
Kirchenstaats
durch das neue
KönigreichItalien
[* 7] mit ohnmächtigen
Protesten. Auch die kirchliche
PolitikPius' IX. unterstützte er durch seine
gewandt geschriebenenNoten. Wenn er auch selbst, innerlich frivol und religiös gleichgültig, aus weltlicher
Klugheit manchmal gern sich nachgiebig gezeigt und hierdurch die
Gunst der Mächte sich gesichert hätte, so wollte er doch
vor allem nicht sein
Amt und seine
Gewalt vertieren und fügte sich daher den
Wünschen des von den
Jesuiten beherrschten
und über die
Lage der
Dinge verblendeten
Papstes. Er starb in
Rom und hinterließ ein bedeutendes
Vermögen, über
das sich ein skandalöser
Prozeß zwischen einer angeblichen Tochter Antonellis, Gräfin
Lambertini, und seinen Verwandten
entspann.
Nachdem er Küchenknecht,
Maler,
Schreiner,
Krämer und
Arzt gewesen,
trat er als angeblicher Vollender des
Christentums auf, geriet aber durch die gewöhnlichen praktischen
Konsequenzen der antinomistischen
Theorie (alles sei gut, insonderheit auch die geschlechtliche
Liebe ohne
Zwang und Unterschied zu üben) bald
mit der bürgerlichen
Gesellschaft in einen für seine
Sekte tödlichen
Konflikt.
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