mehr
Solimões für das Mittelstück ganz in Wegfall kommen würde. Der Amazonas entsteht also aus der Vereinigung von Ucayali und Marañon. Dieser letztere entspringt in dem nördlichen Teil der peruanischen Kordillere auf dem Tafelland von Pasco aus dem See Llauricocha in 3653 m Höhe (10° 30' südl. Breite, [* 1] 76° 30' westl. L. v. Gr.) und fließt (anfangs unter dem Namen Tunguragua) im obern Lauf (etwa 670 km) durch das die beiden Abteilungen der Kordilleren trennende enge und tief eingeschnittene Thal [* 2] gegen NNW., bis er bei Cumba seine Richtung ändert und nun im kurzen Mittellauf (450 km) erst nach NO., später nach O. sich wendet und in zahlreichen Stromschnellen (Pongos, von denen der letzte, der Pongo de Manseriche, der bedeutendste ist) die Bergzüge der östlichen Kordillere durchbricht.
Amazonenstrom

* 3
Amazonenstrom.
Von da beginnt der untere
Lauf durch die Hyläa
Brasiliens. Seine Hauptrichtung ist hier im wesentlichen gegen O., obschon
mit vielen
Krümmungen. Dem Unterlauf des
Marañon gehören die riesenhaften
Nebenströme an, welche er
aus den
Kordilleren und dem brasilischen Gebirgsland empfängt.
Gleich nach dem
Eintritt in das Tiefland nimmt er von N. den
Pastassa, von S. den
Huallaga auf. Nachdem er sich bei
Nauta mit dem zweiten Quellarm, dem
Ucayali (s. d.), zum Amazonenstrom
[* 3] vereinigt
und dieser bei
Tabatinga das brasilische Gebiet betreten hat, fließen ihm links der
Napo,
Putumayo
(Iça),
Yapura und
Rio Negro,
[* 4] rechts der
Jurua,
Purus,
Madeira,
[* 5]
Tapajoz und
Xingu zu. Die meisten dieser
Nebenströme teilen sich in der
Nähe ihrer Mündung in vielfach verästelte
Arme und bilden ein deltaartiges Gewirr von
Inseln. Im ganzen
nimmt der Amazonenstrom
, die Ostabhänge der
Kordilleren von 3° nördl.
Br. bis 20° südl.
Br. entwässernd, mehr als 200 Nebenflüsse
auf, darunter 100 schiffbare, 17 ersten
Ranges, 6, welche den
Rhein an Stromentwickelung und Wasserfülle übertreffen.
Deltamuskel - Deluc

* 7
Delta.
Der Amazonenstrom
fällt, gegen
NO. gewandt, bei der
Insel Caviana, zwischen dem festländischen
Nordkap und dem Reiherkap,
einem Meeresarm ähnlich, in den Atlantischen
Ozean (s.
Karte).
Kurz
vor der Mündung führt der natürliche
Kanal
[* 6] Tajipuru, die
Insel
Marajó abtrennend, in den Mündungstrichter des
Tokantins
(Rio
Pará). Trotz seines Sedimentreichtums bildet der Amazonenstrom
kein
Delta;
[* 7] die vorgelagerten
Inseln sind ältern Ursprungs. Die
Länge des ganzen Stromlaufs beträgt (ohne
die
Krümmungen)
ca. 5340 km.
Beim
Eintritt in den untern
Lauf liegt sein
Bett
[* 8] noch 378, bei
Tabatinga 200, bei
Santarem an der Mündung
des
Tapajoz 16 m hoch.
Die Breite desselben ist sehr bedeutend und beträgt selbst oberhalb der Mündung des Madeira mehrere Kilometer, unterhalb Santarem 15, bei Porto de Moz gegen 80 km, und selbst in der Enge von Obidos (Pauxis) oberhalb Santarem, bis zu welcher Ebbe und Flut wirksam sind, mißt das Bett noch 1910 m Breite. Ebenso bedeutend ist die Tiefe, welche im Unterlauf auf weite Strecken über 100 m beträgt. Der Wasserreichtum des Stroms ist außerordentlich. Derselbe soll nach Martius' Schätzung 5 Mill. Kubikfuß Wasser in jeder Sekunde ergießen, so daß das schlammige Flußwasser das Salzwasser des Meers mehrere Hundert Kilometer weit in den Ozean hinaus überflutet.
Die Anschwellungen des Stroms haben ihresgleichen nirgends auf der Erde, sie betragen im Maximum gegen 17 m über dem mittlern Stande. Die Schwellen beginnen im Januar und erreichen im Juni den höchsten Punkt; sie fallen also mit der Regenzeit der südlichen Zuflüsse des Stroms zusammen, während die nördlichen Zuflüsse dann wasserarm sind und durch die Anschwellung des Hauptstroms aufgestaut, ja zu rückwärts gerichtetem Lauf gezwungen werden. Während dieser Zeit des Hochwassers ist das Land meilenweit überflutet.
Die Tierwelt flieht in das Innere, und das schlammige Wasser, das um die Baumkronen spielt, läßt auf den Wipfeln eine Blumenwelt entstehen; 6-8 Wochen nach dem höchsten Wasserstand treten die schlammbedeckten Waldflächen wieder hervor, und die Fluten kehren, gewaltige Massen von Treibholz mit sich führend, in ihr Bett zurück, zugleich aber neue Kanäle hier und dort sich auswühlend, alte Inseln zerstörend, neue an andern Stellen aufbauend und solcher Inseln sind im ganzen Unterlauf unzählige vorhanden; sie liegen teils im Flußbett selbst, teils sind sie durch Seitenkanäle, namentlich der Zuflüsse, von dem Uferland losgetrennt.
Die größte Insel letzterer Art liegt an der Mündung des Madeira, es ist die fast 15,000 qkm große Ilha dos Tumbinambaranas. Die erstaunliche Wassermenge des gewaltigen Stroms erklärt auch die für sein Thal eigentümliche Bildung der Uferseen, einer Reihe von größern und kleinern Becken, die sich längs der Ufer hinziehen und gewöhnlich durch Arme mit dem Fluß in Verbindung stehen; sie dienen auch hauptsächlich dazu, bei den Schwellen einen Teil des überflüssigen Wassers aufzunehmen.
Die
Ufer des
Flusses sind niedrig, nur hier und da sind sie von Hügelketten begrenzt, die oft durch die abspülende Strömung
steile
Wände erhalten haben. In die sich trichterförmig verengernde Mündungsbai des Amazonenstroms
dringt die
Flut während der Zeit des
Neu- und Vollmondes mit furchtbarer, verheerender
Mächtigkeit in Gestalt einer reißenden
Welle, der
Pororoca, ein. Wo sie auf
Untiefen stößt, erhebt sie sich 4-5 m hoch; an sehr tiefen
Stellen senkt sie
sich dagegen und verschwindet fast gänzlich,
um an andern
Stellen wieder aufzutauchen.
Das Getöse der unglaublich schnell herankommenden Flutwelle hört man 3-6 Seemeilen weit. Hinter sich läßt die Pororoca die Gewässer in demselben Zustand der vollkommenen Ruhe zurück, in welchem sie sich vorher befanden. Das ganze ungeheure Becken des Unterlaufs (an Umfang fast Europa [* 9] gleich) ist vorherrschend eine steinlose Waldebene. Der von Schlingpflanzen und Klettergewächsen durchzogene Wald, eigentlicher Urwald, die Hyläa Brasiliens, erstreckt sich von N. nach S. auf verschiedenen Strecken 500-3000 km, von O. nach W. 4500 km weit, so daß keine andre Waldregion der Erde die des Ama-
[* 3]
^[Abb.: Mündung (Ästuarium)
[* 10] des Amazonenst
roms.]
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