mehr
die körperliche Ausdehnung [* 1] auf der Fläche naturgetreu darzustellen, sowie euch die Gemälde bloße farbige Silhouetten ohne Schatten [* 2] und Licht [* 3] sind und an seltsamen Zeichnungsfehlern leiden, die ebenfalls zum stehenden Typus wurden. Das meiste Leben zeigen noch die Darstellungen von Kriegsszenen, wo öfters sehr verwickelte Situationen gut zur Anschauung gebracht und namentlich auch die verschiedenen nationalen Gesichtszüge treu wiedergegeben sind. Auf andern Darstellungen, welche Szenen aus dem häuslichen und geselligen Leben behandeln, zeigt sich zuweilen ein Hang, durch einzelne spottende, humoristische Züge das Ganze mehr zu beleben.
Glücklicher und freier zeigt sich in Statuen und Reliefs die Gestalt der Tiere aufgefaßt und nachgebildet, natürlich, denn typische Einerleiheit herrscht bei den Tieren in Form und Bewegung vor. Die Götter wurden zum Teil mit Köpfen verschiedener Tiere, des Widders, des Sperbers, des Ibis, der Kuh, des Krokodils, im übrigen in Menschengestalt dargestellt; eine tiefere symbolische Bedeutung hat der Tierkopf in solchen Darstellungen nicht. Die Sphinxgestalten, Löwenleiber mit Menschenköpfen, welche mit der Uräusschlange vor der Stirn geschmückt zu sein pflegen, sind in der Regel Bildnisse von Königen und daher männlichen Geschlechts; man hat bei den Ägyptern nur wenige weibliche Sphinxe gefunden, welche Königinnen darstellen.
Eine Bezeichnung übermenschlicher Kraftfülle ist die kolossale Größe, hinsichtlich deren wir an das Riesenwerk der ägyptischen Skulptur, an die große Sphinx, [* 4] erinnern, welche am Fuß des Pyramidenhügels von Gizeh aus einem natürlichen Felsen gehauen, aber jetzt bis zur halben Höhe mit Sand bedeckt ist. Der Kopf, der einen menschlichen mehr als 30mal an Größe übertrifft, und ein Teil des Halses ragen 12,5 m hoch aus dem Sand hervor; der Löwenleib ist beinahe 28 m lang.
Der Charakter der ägyptischen Kunst ist im allgemeinen der monumentale, d. h. ihr Sinn und Zweck gehen hauptsächlich dahin, durch anschauliche Darstellung die Erinnerung an Thatsächliches festzuhalten und zu überliefern. Der höhere Zweck der Kunst, die sinnliche Erscheinung durch die schöne Darstellung zu veredeln, lag den altägyptischen Künstlern fern. Doch ist schon das künstlerische Geschick, welches sich in den erhaltenen Werken zeigt, als eine bedeutende Vorstufe für eine höhere Entwickelung der Kunst zu betrachten. (S. Artikel und Tafel I »Bildhauerkunst« [* 5] und Tafel »Ornamente [* 6] I«, [* 7] Fig. 6-15.)
Litteratur.
Altertum. Landeskunde. Unter den Werken über Ägypten
[* 8] ist vor allen die durch die französische Expedition hervorgerufene
»Déscription de l'égypte« zu nennen, welche (in der 2. Ausg.
1820-30) in 26
Bänden
Text und 12
Bänden
Kupfern das
Altertum, den jetzigen Zustand und die
Naturgeschichte des
Landes behandelt.
Hieran schließen sich in Bezug auf
Altertumskunde die umfassenden
Publikationen der französisch-toscanischen
(die »Monumenti dell'Egitto e della Nubia« 3 Bde.,
von
Rosellini, und die
»Monuments de l'égypte«, 4 Bde., von
Champollion) und der preußischen Expedition (die
»Denkmäler aus
Ägypten
und
Äthiopien« von
Lepsius, Berl. 1849-1859, 12 Bde.)
sowie die Bilderwerke von
Gau,
Young, Caillaud, Perring, auch die
»Monuments égyptiens« des
Leidener
[* 9] ägyptischen
Museums, herausgegeben von C.
Leemans
(Leid. 1839-76). Die ägyptische
Altertumskunde behandelte am eingehendsten
Wilkinson in
»The manners
and customs of the ancient Egyptians« (2. Aufl.
von S.
Birch, Lond. 1878, 3 Bde.) und
in dem »Popular account« (2. Aufl., das.
1871).
Vgl. ferner Pierret, Dictionnaire d'archéologie égyptienne (Par. 1875);
über die ägyptische Kunst jeder Art Prisse d'Avennes, Histoire de l'art égyptien (das. 1878), und Perrot, Histoire de l'art dans l'antiquité, Bd. 1 (das. 1882; deutsch von Pietschmann, Leipz. 1883).
Der philologisch-historischen Durchforschung der ägyptischen Schriftdenkmäler hat sich seit der Entzifferung der
Hieroglyphen durch
Champollion die ganze ägyptologische
Schule seiner Nachfolger gewidmet (s.
Hieroglyphen). Eine
Zeitschrift
für ägyptische
Sprache
[* 10] und
Altertumskunde, herausgegeben von
Brugsch und
Lepsius, erscheint seit 1863 in
Leipzig;
[* 11] ähnliche
Fachzeitschriften erscheinen auch in
Frankreich und
England. Durch
Ausgrabungen und Forschungen in Ägypten
hat sich besonders
Mariette
verdient gemacht; in der
Direktion des ägyptischen
Museums zu
Bulak bei
Kairo
[* 12] ist ihm G.
Maspero gefolgt.
Außerdem sind zu nennen die Schriften von Perizonius, Zoega, E. Quatremère, Champollion-Figeac, Letronne, Prichard, Sharpe, Gliddon, Ideler, Ritter, Böckh, Beauregard u. a. sowie die Reisewerke von Pococke, Norden, [* 13] Niebuhr, Denon, Salt, Burckhardt, Belzoni, v. Minutoli, Ehrenberg, Parthey, Prokesch, Rüppell, Lepsius, Brugsch, Russegger, Scherer u. a. -
Die Naturgeschichte des Landes ist vornehmlich in den großen Werken von Ehrenberg und Rüppell und in einer kleinen Schrift Pruners (»Ägyptens Naturgeschichte und Anthropologie«, Münch. 1848) sowie von R. Hartmann (»Naturgeschichtliche Skizze der Nilländer«, Berl. 1866),
die geologischen Verhältnisse neuerdings von Fraas (»Aus dem Orient«, Stuttg. 1867) behandelt worden. - Über die heutigen Verhältnisse Ägyptens vgl. Lane, Manners and customs of the modern Egyptians (5. Aufl., Lond. 1871, 2 Bde.);
v.
Kremer, Ägypten
, Forschungen über Land und
Volk (Leipz. 1862, 2 Bde.);
H.
Stephan, Das heutige Ägypten
, ein Abriß
seiner physischen, politischen, wirtschaftlichen und Kulturzustände (das.
1872);
Lüttke, Ägyptens neue Zeit (das. 1873, 2 Bde.);
Klunzinger,
Bilder aus Oberägypten
(Stuttg. 1877);
Ebers, in Bild und Wort (das. 1880);
die Reisehandbücher von Meyer (Leipz. 1881) und Bädeker (das. 1877);
Amici, Essai de statistique générale de l'Égypte (Kairo 1879, 2 Bde.). - Die besten Karten sind außer dem großen Atlas [* 14] in der »Description de l'Égypte« von d'Anville, Jomard, Caillaud, Leake, Ritter, Rüppell, Arrowsmith, Russegger, Kiepert und Linant de Bellefonds.
Vgl. Jolowicz, Bibliotheca aegyptiaca,
Repertorium über die bis 1857 in
Bezug auf Ägypten
erschienenen
Schriften (Leipz. 1858,
Supplement 1861).
Geschichte
Ägyptens.
Ägyptens Bewohner sind das älteste geschichtliche
Volk der
Erde,
und sie selbst hielten sich auch dafür,
indem sie ihre Geschichte
bis auf 8-10,000 Jahre zurückrechneten. Der Unvollständigkeit der
Quellen der altägyptischen
Geschichte
und ihrer
Widersprüche wegen lassen sich weder genaue Königslisten noch sichere chronologische
Daten über die
älteste Zeit feststellen. Das Werk, welches der heliopolitanische Oberpriester Manetho (s. d.)
auf Befehl des
Königs
Ptolemäos
Philadelphos über die Geschichte
seines
Volks in griechischer
Sprache abfaßte, aus den alten
Annalen und Geschichtsbüchern der Tempelarchive schöpfend, ist leider bis auf wenige
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