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Honved-Ministerium in Budapest; [* 2] den letztern Ministerien sind auch die Landsturmformationen unterstellt. Die Militärpflicht beginnt jetzt erst mit dem zurückgelegten 21. Lebensjahr. (Es werden sowohl für das Heer als für die Landwehren und deren Ersatzreserven Rekruten ausgehoben und zwar zu folgenden jährlichen Minimalsätzen: für das Heer 103,100, dessen Ersatzreserve 20,620, die österreichische Landwehr nebst Landesschützen 12,000, deren Ersatzreserve 2400, die Honvéd 12,500, deren Ersatzreserve 2500, zusammen 153,120 Mann. Der dann noch verbleibende Überschuß an Wehrpflichtigen wird der Ersatzreserve überwiesen; der letztern werden überhaupt die Mindertauglichen wie die Geistlichen, Lehrer und die Besitzer ererbter Landwirtschaften zugeteilt, so daß Befreiungen Wehrpflichtiger von der Militärpflicht ausgeschlossen sind. Diejenigen, welche wegen körperlicher Gebrechen nicht dienstpflichtig, aber noch erwerbsfähig sind, haben Wehrsteuer (Militärbefreiungstaxe), je nach der Höhe ihres Einkommens, bis zu 200 Gulden jährlich zu zahlen.
Die Landsturmpflicht der Offiziere währt bis zum 60. Lebensjahr. Die Reserve des Heers kann nur auf kaiserlichen Befehl zur Ergänzung des Heers einberufen werden. Die Ersatzreserve des Heers und der Landwehr wird im ersten Jahr 8 Wochen ausgebildet und in den beiden nächsten Jahren zu mehrwöchentlichen Übungen einberufen. Die Begünstigung des einjährigen aktiven Dienstes erlangen, gleichgültig ob der Eintritt freiwillig oder durch Aushebung erfolgt, diejenigen, welche bis zum Dienstpflichtalter ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine achtklassige Mittelschule mit Erfolg absolviert oder eine Prüfung zum einjährigen Dienst bestanden haben.
Die Wahl des Truppenteils, für die Studierenden auch die Wahl des Dienstjahrs, ist frei; alle Einjährigen müssen sich selbst bekleiden, ausrüsten und verpflegen, bei der Kavallerie auch beritten machen. 15 Proz. der jährlich eintretenden Einjährigen werden der Landwehr zugeteilt. Diejenigen Einjährigen, welche am Schluß des Dienstjahrs die Prüfung zum Reserveoffizier bestehen, werden zu Offizieren oder zu Kadetten ernannt, diejenigen, welche diese Prüfung nicht bestehen, müssen sofort ein zweites Jahr nachdienen, wobei es ihnen freigestellt ist, ob auf eigne Kosten und außerhalb der Kaserne oder nicht.
Die Dienst- und Kommandosprache in der Honvéd (aber nur hier) ist ungarisch, im kroatisch-slawonischen Bezirk der Honvéd jedoch kroatisch, sonst überall deutsch. Die Landwehr und Honvéd besteht nur aus Infanterie und Kavallerie, alle andern Truppengattungen fehlen; es werden jedoch für die im Krieg zu formierenden Landwehr-Truppendivisionen im Frieden bei den Korpsartillerieregimentern Batteriedivisionen mit vermindertem Stande, d. h. mit zwei bespannten Geschützen pro Batterie, bereit gehalten. Es wird angestrebt, daß künftig die Truppen in ihren Ergänzungsbezirken, deren 103 für die Armee und 3 für die Marine (Fiume, [* 3] Triest [* 4] und Zara) [* 5] bestehen, ihre Friedensgarnisonen erhalten.
Hiermit steht eine neue Abgrenzung und Einteilung der 15 Militär-Territorialbezirke nach Verwaltungsrücksichten in Zusammenhang. Ursache dieser Maßnahmen ist, nach der bekannten Anhäufung russischer Truppen im südlichen Polen und Wolhynien, die Verstärkung [* 6] der Truppen in Galizien. Zum 1. Armeekorps mit dem Generalkommando in Krakau [* 7] gehören die Infanteriedivisionen Nr. 5 und 12 und 1 Kavalleriedivision in Westgalizien, Schlesien [* 8] und Nordmähren;
2. Armeekorps Wien, [* 9] Infanteriedivisionen Nr. 4, [^]13, 25 in Südmähren und Niederösterreich;
3. Armeekorps Graz, [* 10] Infanteriedivisionen Nr. 6, 28 in Steiermark, [* 11] Kärnten, Krain, [* 12] Triest, Istrien, Görz, [* 13] Gradisca;
das 4. Armeekorps Pest, Infanteriedivisionen Nr. 31, 32;
5. Armeekorps Preßburg, [* 14] Infanteriedivisionen Nr. 14, 33;
6. Armeekorps Kaschau, Infanteriedivisionen Nr. 15, 27;
7. Armeekorps Temesvár, Infanteriedivisionen Nr. 17, 34, teilen sich in Ungarn; [* 15]
das 8. Armeekorps Prag, [* 16] Infanteriedivisionen Nr. 9, 19, und 9. Armeekorps Josephstadt, Infanteriedivisionen Nr. 10, 29, teilen sich in Böhmen; [* 17]
10. Armeekorps Przemysl, Infanteriedivisionen Nr. 2, 24 und 1 Kavalleriedivision in Mittelgalizien;
11. Armeekorps Lemberg, [* 18] Infanteriedivisionen Nr. 11, 30 und 1 Kavalleriedivision in Ostgalizien und Bukowina;
12. Armeekorps Hermannstadt, [* 19] Infanteriedivisionen Nr. 16, 35 in Siebenbürgen;
13. Armeekorps Agram, [* 20] Infanteriedivisionen Nr. 7, 36 in Kroatien und Slawonien;
14. Armeekorps Innsbruck, [* 21] Infanteriedivisionen Nr. 3, 8 und das aus 10 Bataillonen bestehende Kaiserregiment in Tirol, [* 22] Vorarlberg, Salzburg [* 23] und Oberösterreich;
15. Armeekorps Sarajevo, Infanteriedivisionen Nr. 1, 18 und Infanteriebrigaden Nr. 39 und 40 im Okkupationsgebiet Bosnien, [* 24] Herzegowina und Novipasar;
das Militärkommando Zara in Dalmatien. In Galizien stehen mithin 3 Armeekorps mit 3 Kavalleriedivisionen.
Przemysl ist zu einer großen Lagerfestung ausgebaut. Die Feldartillerie ist um 1 schwere Batterie bei jedem der 14 Korpsartillerieregimenter vermehrt worden, welche der 1. Batteriedivision zugeteilt ist, die nun 4 schwere Batterien zählt. Die Aufstellung sollte beendet sein. Gleichzeitig wurden auch ein 3. Bataillon beim Eisenbahn- und Telegraphenregiment und für die nach Galizien verlegten Teile des 2. Genieregiments 2 Ersatzkompaniekadres neu aufgestellt.
Die Honvédinfanterie wird im Lauf des Jahrs 1890 in 28 Regimenter zu je 3-4 Bataillonen formiert, jedes der 10 Honvéd-Husarenregimenter von 4 auf 6 Eskadrons verstärkt werden. Das 15. Armeekorps ist so lange, bis aus der einheimischen Bevölkerung [* 25] die Truppen gebildet werden können, durch Abkommandierung von Regimentern etc. aus allen übrigen Korpsbezirken aufgestellt, welche eine Stärke [* 26] von etwa 1250 Offizieren und 22,500 Mann haben. Da nach dem Gesetz vom die einheimische Bevölkerung zu zwölfjähriger Dienstzeit (3 Jahre aktiv, 9 in der Reserve) verpflichtet ist, so hat man mit der Aufstellung von 8 Bataillonen Infanterie bereits begonnen.
Vgl. auch Art. »Heerwesen und Kriegsflotten der europäischen Staaten« (Bd. 17).
Zur geograph.-statistischen Litteratur: Supan, Österreich-Ungarn [* 27] (in Kirchhoffs »Länderkunde von Europa«, [* 28] Sonderausg., Leipz. u. Prag 1883);
Kupka, Die Eisenbahnen Österreich-Ungarns 1822-67 (Leipz. 1888);
Le [* 29] Monnier, Sprachenkarte [* 30] von Österreich-Ungarn (Wien 1889, 4 Blatt); [* 31]
Heyer v. Rosenfeld, Die Orden [* 32] und Ehrenzeichen der k. und k. österreichisch-ungarischen Monarchie (das. 1889);
Glückmann, Das Heerwesen der österreichisch-ungarischen Monarchie (das. 1890);
v. Kendler, Orts- und Reise-Lexikon von Österreich-Ungarn (das. 1890).
Geschichte.
Der österreichische Reichsrat genehmigte in seiner Session 1888 die Handelsverträge mit Deutschland [* 33] und Italien [* 34] und bewilligte durch Annahme des Zuckersteuergesetzes und des Branntweinsteuergesetzes, welches die Steuer für das Hektoliter Branntwein von 11 auf 35 Guld. erhöhte, die Mittel, welche für die ¶
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gleichzeitig von den Delegationen beschlossene Erhöhung der Wehrkraft erforderlich waren; doch mußte die Regierung dabei den Polen wieder ein großes Zugeständnis auf Kosten der übrigen Länder machen. Die polnischen Grundbesitzer, welche hauptsächlich Branntweinbrennereien und Schankgerechtigkeiten hatten, verlangten für ihre voraussichtlichen Verluste eine Entschädigung, und diese wurde ihnen auch in der Höhe von jährlich 1,100,000 Guld. auf 22 Jahre aus der Staatskasse gewährt.
Die Wehrgesetznovelle, welche die Regierung ermächtigte, einen Teil der Reserve auch ohne Mobilmachung einzuberufen, wurde vom Reichsrat angenommen. Bei der Budgetberatung wurde besonders der Unterrichtsminister Gautsch angegriffen. Die Klerikalen brachten den Liechtensteinschen Schulantrag ein, der die Volksschule dem Klerus unterwerfen wollte, die Tschechen beschwerten sich über die Aufhebung einiger tschechischer Schulen in Böhmen und zeigten die Absicht, Gautsch zu stürzen, zumal dieser den unersättlichen Ansprüchen der Nationalitäten gegenüber die Bedürfnisse und Anforderungen des Staats für das oberste Gesetz erklärte.
Indes die Erklärung des Ministerpräsidenten Grafen Taaffe, daß die Verweigerung des Unterrichtsetats nicht bloß den Rücktritt des Unterrichtsministers, sondern den des ganzen Ministeriums zur Folge haben werde, schreckte die Tschechen von ihrem Vorhaben ab. Überdies gewährte ihnen Gautsch die Genugthuung, daß er ein Gesetz über das Verhältnis der akademischen Behörden zu den Studentenvereinen, welches vor allem gegen die deutschen Studenten gerichtet war, im Reichsrat einbrachte und das Gewerbeschulwesen teilweise den einzelnen Ländern übertrug, also in Böhmen tschechisieren ließ.
Taaffe säumte nicht, die Slawisierung Österreichs fortzusetzen. Krain überlieferte er den Slowenen durch Ernennung ihres Parteiführers Poklukar zum Landeshauptmann und ordnete in Südsteiermark die Slowenisierung der Grundbücher und gerichtlichen Veröffentlichungen an. Im Oktober wurde durch eine Umgestaltung des Ministeriums das klerikale und slawische Element in demselben verstärkt. Der polnische Minister ohne Portefeuille, Ziemialkowski, ein gemäßigt liberaler Mann, der schon dem Ministerium Auersperg angehört hatte, wurde entlassen und durch den bisherigen Statthalter von Galizien, v. Zaleski, welcher der klerikal-feudalen Adelspartei angehörte, ersetzt.
Prazák gab das Justizministerium ab und blieb bloß Minister ohne Portefeuille für Böhmen; Justizminister wurde Graf Schönborn, bisher Statthalter von Mähren, wo er, wie die Tschechen rühmten, elf Städte und einen Landgemeindebezirk den Deutschen entrissen und für die Tschechen gewonnen hatte. Diese Veränderung im Ministerium rückte einen Umschwung in der innern Politik zu gunsten der Deutschen in weite Ferne und bewies, daß in den leitenden Kreisen noch immer die Ansicht herrschte, daß nur durch Begünstigung und Stärkung des slawischen Elements in [* 36] der Zerfall des Reichs und die Vereinigung der deutschen Kronländer mit dem Deutschen Reich verhindert werden könne.
Angesichts dieser Veränderung beschlossen die beiden Klubs, in welche die liberale deutsche Opposition zerfiel, der Deutsch-österreichische und der Deutsche [* 37] Klub, 6. Nov. sich zum Klub der Vereinigten [* 38] deutschen Linken zu vereinigen »auf der Grundlage der Wahrung der Staatseinheit, des Schutzes des Deutschtums und der berechtigten Stellung der Deutschen in Österreich sowie der Erhaltung und Entwickelung der freiheitlichen Grundsätze der österreichischen Verfassung«. Die neue Partei zählte [^] etwa 112 Mitglieder. Die deutschnationale Vereinigung, welche antisemitisch gefärbt war, trat der neuen Partei nicht bei, einigte sich aber mit ihr darüber, daß zur Herbeiführung eines einheitlichen Vorgehens in allen wichtigen Fragen die Vorstände der beiden Fraktionen zu gemeinsamer Verhandlung zusammentreten sollten.
Die deutschfeindliche Haltung des österreichischen Ministeriums Taaffe stand in nicht abzuleugnendem Gegensatz zur auswärtigen Politik der gemeinsamen Regierung, welche in dem Dreibund mit dem Deutschen Reich und Italien ihre Hauptstütze suchte. Die Veröffentlichung des Bündnisses mit Deutschland vom Jahr 1879, welche im Februar 1888 erfolgte, verkündete aller Welt die enge Verbindung beider Reiche, und das Reichskriegsministerium säumte nicht, von den Delegationen, welche sich im Juni 1888 in Pest versammelten, neben dem ordentlichen Militärbudget einen außerordentlichen Kredit von 47,3 Mill. für militärische Vorsichtsmaßregeln abzuverlangen, welche, wie der Kaiser in seiner Ansprache 10. Juni äußerte, durch die fortwährende Unsicherheit der politischen Lage Europas und die unausgesetzte Steigerung der Militärmacht und der Schlagfertigkeit aller andern Staaten bedingt seien.
Die Summe wurde von den Delegationen bewilligt, übrigens später nicht ganz verbraucht; 17 Mill. wurden gespart. Anfang Oktober besuchte der deutsche Kaiser Wilhelm II. den Kaiser Franz Joseph in Wien, und bei dem Prunkmahl 4. Okt. brachte der letztere nicht bloß auf seinen Gast »mit den Gefühlen jener herzlichen, treuen, unauflöslichen Freundschaft und Bundesgenossenschaft, welche uns zum Besten unsrer Völker vereint«, einen Trinkspruch aus, sondern auch auf die preußisch-deutsche Armee »als das leuchtendste Muster aller militärischen Tugenden«.
In dem Bestreben, für den Entscheidungskampf mit Rußland um die Balkanhalbinsel, [* 39] der bei der Nachgiebigkeit des Zaren gegen die panslawistischen Umtriebe trotz der Friedensliebe desselben stets zu fürchten war, Österreich-Ungarn stark zu machen, legte die Regierung Ende 1888 sowohl dem österreichischen Reichsrat als dem ungarischen Reichstag ein neues Wehrgesetz (s. oben) vor, wonach das jährliche Rekrutenkontingent für die nächsten zehn Jahre um mehrere tausend Mann erhöht, alle bisher Befreiten in die Ersatzreserve eingereiht und diese zu periodischen Waffenübungen herangezogen werden sollten; den Einjährig-Freiwilligen wurde die Verpflichtung auferlegt, nach einjährigem Dienste [* 40] die Reserveoffiziersprüfung, für welche die Kenntnis des Deutschen als der unentbehrlichen Dienstsprache der Armee gefordert wurde, zu machen und, falls sie dieselbe nicht bestanden, noch ein zweites Jahr zu dienen.
Schon in der ungarischen Delegation hatte der Reichskriegsminister die Notwendigkeit der Kenntnis des Deutschen für den Ernstfall betont. Wie es in der That mit dieser Kenntnis bestellt war, zeigte eine Schrift des Abgeordneten v. Dumreicher, welche nachwies, daß 60 Proz. der Einjährig-Freiwilligen wegen Unkenntnis des Deutschen den Offiziersgrad nicht erlangten und auch von den Reserveoffizieren manche die Armeesprache nicht so weit beherrschten, um eine einfache Meldung zu verstehen und zu erstatten. Dennoch sträubten sich die Tschechen, diesen Sprachparagraphen zu genehmigen. Da die neue Partei der Linken beschlossen hatte, aus Patriotismus zwar nicht dem Ministerium, aber der Armee und der Machtstellung der Monarchie das Gesetz zu bewilligen, und die Annahme des Gesetzes auch ohne die Tschechen gesichert war, so mußten diese, wollten ¶