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decken, umwickeln mit ihrer Basis einen stützenden Ast und finden auf diese Weife den nötigen Halt; sie verbreiten sich dadurch, daß ein Zweig vom Wind abgerissen und auf einen andern Baumast geführt wird, den er umwindet, um dann neue, sich bald wieder ablösende Seitenfprosfe zu treiben; auch die Vögel [* 2] tragen zur Verbreitung der Pflanze bei. Die in physiologischer Beziehung sehr merkwürdige Wasseraufnahme der Bromeliaceenblätter wurde durch direkte > Versuche Schimpers außer Zweifel gestellt, und zwar i wird dieselbe durch eigentümliche, flach aufliegende, ^ am Rand hautartig geflügelte Schuppenhaare vermit-, relt, deren Zellen zum Tett nur Luft enthalten, aber bei Zenetzung sich sofort mit Wasser anfüllen, da bestimmte Partien des Haars im Gegensatz zu der Umgebung sehr dünne und unverkork:e Zellwände haben und daher das eindringende Wasser leicht durchtreten lassen.
Außerdem ist bei den Arten mit nicht einge-! senkten und daher weniger geschützten Schuppenhaaren ! »'in aus stark verdickten Äußenzellwandungen gebil-! deter Deckel vorhanden, welcher als Schutzmittel der darunterliegenden unverkorkten Zellen gegen Wasserverlust dient und beim Befeuchten des Haars durch die Ausdehnung [* 3] der vorher zusammengedrückten Zellenm die Höhe gehoben wird; die Schuppenhaare haben somit die Doppelaufgabe der Wasseraufnahme und ^ des Transpirationsschutzes. Auch der Bau der Blätter ist entsprechend der ihnen hier zugewiesenen Rolle der Wafferamnahme stark umgestaltet, indem sie bei den rosettenbildenden Bromeliaceen durch stark entwickelte Luftlücken sich auszeichnen; die Arten ohne äußere Wasserspeicher, wie^üllmäftik N5n^,i6e?, tragen die Schuppenhaare nicht bloß an der Basis, sondern anf der Gesamtoberfläche der Blätter und weisen eine ganz auffallende Reduktion ihrer leitenden Gefäßbündelelemente, ähnlich wie die Wasserpflanzen, [* 4] auf, was offenbar mit der direkten Wasseraufnahme durch die Blätter bedingt wird. Als Schutzmittel gegen Wasserverdunstung dient bei den mit Wasseririchter versehenen Arten eine löffelartige Ausbauchung des Blattgrundes, dessen übereinander greifende Scheiden ein 'zwiebelähnliches Gebilde mit vielen großen Hohlräumen herstellen; die erdständigen, nicht baumbewohnenden Arten haben mit wenigen Ausnahmen bis zur Vasis schmale und durch Zwischenräume getrennte Blätter ohne Wassertrichter und entbehren dann auch der absorbierenden Schuppen. Nach dem geschilderten Verhalten scheinen die Epiphyten aus ursprünglich erdbewohnenden Formen hervorgegangen zu sein, die zunächst ohne Änderung ihres Baues zur atmosphärischen Lebensweise überzugehen im stände waren. Das Streben nach Aufnahme reichlicherer Nahrung hat dann zur Ausbildung von baumbewohnenden Arten geführt, die entweder mit langen, abwärts wachsenden Nährwurzeln dem El dboden Nährstoffe entziehen oder Humusstosse in vogelnestartigen Wurzelbildungen oder in Blatttrichtern ansammeln, um dieselben durch aufwärts wachsende Nährwurzeln aufzunehmen. Die mit ihren Blättern Wasser aufnehmenden Epiphyten scheinen direkt von terrestrischen Formen abzustammen, welche die Vorrichtungen zur Verwertung der atmosphärischen Niederschläge bereits besahen. Die stärkste Umformung unter den Organen der Epiphyten erlitten die Wurzeln, die unter Umständen, z. B. bei ^6ramku8, sämtliche vegetative Funktionen übernehmen können, oder aber, z. B. bei 'l.'i11a,llsl8i3. U8ueoiä68, bis auf früh verschwindende Anhängsel verkümmert erscheinen. Nächst ihnen weisen die Blätter die auffallendsten Anpassungen auf, cndem bei den Bromeliaceen durch Neouttion schließ lich Formen (lüi Hnäßia. uftneoiäes) entstanden sind, welche in ihrer Lebensweise, im Habitus und im innern Bau eine ganz durchgreifende Ähnlichkeit [* 5] mit Arten von H,ei-lNltIiu8 besitzen, deren ganzer Körper aber fast nur aus umgewandelten Wurzeln besteht. Beide Formen hängen'von Baumästen herab, haben eine graugrüne Farbe und saugen wie Löschpapier jeden Wassertropfen auf; sie sind beide von einem Mantel von Aufnahmezellen bedeckt; die Außen-, resp. Innenhaut dieses Mantels ist mit stark verkorkten Schutz- und mit engen, unverkorkten Durchgangsstellen versehen 2c. Trotzdem besteht die eine Form aus blattlosen, aber die Funktion der Blätter mit übernehmenden Wurzeln, die andre aus wurzellosen Sprossen, deren Blätter, wie sonst die Wurzeln, Organe der Wasseraufnahme geworden sind. Eine treffendere Illustration des Satzes, daß morphologisch ganz ungleichwertige Organe durch die Anpassung zu biologisch gleichen Bildungen umgestaltet werdentönnen, ist kaum denkbar. Durchmustert man die tropische Flora auf die systematische Zugehörigkeit ihrer Glieder [* 6] zu den Epiphyten, so zeigt sich, daß die Zahl derzudieser Pflanzengenossenschaft beisteuernden Familien nur eine sehr geringe ist, daß aber anderseits einzelne Familien, wie die Farne, [* 7] die Orchideen, [* 8] Bromeliaceen, Araceen, Gesneraceen und Vacciniaceen, durch sehr zahlreiche epiphytische Arten vertreten sind. Die baumbewohnenden Gewächse stimmen sämtlich darin überein, daß ihre Samen [* 9] zur Übertragung auf Baumäste geeignet sind und dort hängen zu bleiben und zu keimen vermögen. Ihre Früchte uno Samen haben nämlich teils eine fleischige Hülle und pflegen in diesem Fall von baumbewohnenden Tieren, wie Affen, [* 10] Vögeln 2c., weggetragen zu werden, teils sind sie, wie die Samen der Orchideen und die Sporen der Farne, so leicht und klein, daß sie vom Wind in Rindenrisse oder Moospolster verweht werden, teils endlich besitzen sie bei etwas mehr Größe besondere Flug- oder Haftapparate. Diese Einrichtungen sind nicht als Anpassungen, sondern als ursprünglich vorhandene, ererbte Anlagen zu deuten. Familien mit großen und schweren Samen ohne Flugapparate, wie die Leguminosen [* 11] und Euphorbiazeen, sind dagegen für die Verbreitung auf Bäumen nicht geeignet. Viele Epiphyten bewohnen wegen der Verbreitungsfähigkeit ihrer Samen ein sehr großes Areal; manche Furnes Lykopodiaceen [* 12] und auch einige Phanerogamen bewohnen sowohl die westliche als die östliche Halbkugel; sehr zahlreiche Arten der Epiphyten folgen dem tropisch amerikanischen Urwald in seiner ganzen Ausdehnung und gehen teilweise, wie manche 1^ lanäsik-Arten in Florida und Virginia sowie andere Formen in Chile [* 13] und Argentinien, über die Grenzen [* 14] desselben hinaus. Fast überall zeigen die Epiphyten Amerikas trotz ihrer Artunterschiede einen gleichartigen physiognomischen Charakter; vorwiegend treten die Bromeliaceen (Arten von 1iI1auä8i2, ^.ecklukk u. a.), daneben zwei Gattungen der Araceen (Aurtm^ i'imn und k'kilosittiiäi'Oll), ferner viele Orchideen, darunter die Gattungen ?i6Ul0ttiaI!i8 und Lpiäeu^ cirum. in Hunderten von Arten, außerdem verschiedene Peperomien, Gesneraceen, Kakteen [* 15] und viele Farne auf, während die sonstigen Epiphyten aus andern Fa^ milien, mit Ausnahme von Ow8ia und einigen F'jcu8-Arten, sehr zurücktreten. In den Savannengebieten (Llanos, Catmgas, Campos u. a.), in welchen stellenweise lichte Gebüsche und Wälder mit Gras' flächen abwechseln, fehlen die Epiphyten nicht ganz; sie treten hier aber nur da mit größerm Reichtum der Arten und Individuen auf, wo größere Feuchtigkeit, wie an ¶
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Flußufern oder Gebirgsabhängen, herrscht. Die auf dem Gipfel der Bäume wachsenden, Trockenheit liebenden (xerophilen) Epiphyten sind im stande, auch unter den veränderten Lebensbedingungen der Savannen fort zu existieren, während die an Feuchtigkeit gewöhnten (hygrophilen) Arten bei Zunahme der Trockenheit schnell zu Grunde gehen. Es zeigt sich dies nicht selten in ausgerodeten Urwäldern, in denen einzelne Bäume von der Fällung verschont blieben. Dem entsprechend ist anzunehmen, daß die baumbewohnende Flora der Savannengebiete einer Einwanderung aus dem Urwald ihre Entstehung verdankt.
Die üppigste Entwickelung zeigt die Genossenschaft der Epiphyten an Bergabhängen, in welchen die Luft mit Wasserdampf beinahe vollständig gesättigt ist, sowie reichlicher Tau und Regen die Wurzeln der Pflanzen und ihre Unterlage stets feucht erhalten; oberhalb der zwischen 1300 und 1600 m in den amerikanisch-tropischen Gebirgen liegenden Wolkenregion nimmt die Zahl der Epiphyten je nach den lokalen Sonderbedingungen in verschiedenem Verhältnis ab. Diese Abnahme ist keineswegs die Folge der Temperaturabnahme, da an den feuchten südlichen Abhängen des östlichen Himalaja die Epiphyten bis in die Nähe der Baumgrenze aufsteigen, zwischen 1200 u. 1800 m treten dort zahlreiche Pflanzentypen der gemäßigten Zone (z. B. Arten von Rhododendron, Vaccinium, Pirus, Ribes, Evonymus u. a.) als Epiphyten auf, so daß also unzweifelhaft auch nichttropische Pflanzen epiphytische Lebensweise anzunehmen im stande sind, sofern nur der Wasserdampf, gehalt der Luft und die Regenmenge groß genug werden, um den Bodenpflanzen das Übertreten zum atmosphärischen Baumleben zu gestatten. In die außertropischen, südlichen Vereinigten Staaten [* 17] sind nur solche Epiphyten eingewandert, welche in hohem Grad mit Schutzeinrichtungen gegen Trockenheit ausgerüstet sind; im nordamerikanischen Waldgebiet fehlen aber hygrophile Epiphyten gänzlich, weil dort auch die Schatten [* 18] liebenden Bodenpflanzen aus Mangel an Feuchtigkeit nicht auf der Baumrinde zu gedeihen vermögen. So steigt das weitverbreitete Polypodium vulgare in Nordamerika [* 19] ebensowenig auf Bäume wie bei uns, während es in den Wäldern sehr feuchter Gebiete, z. B. in Portugal [* 20] oder auf den Kanarischen Inseln, oft massenhaft die Stämme und Äste umhüllt.
Für die xerophilen der Tropen erscheint dagegen die Feuchtigkeit der nordamerikanischen Waldungen ausreichend. In ähnlicher Weise besteht auch die atmosphärische Vegetation Argentiniens ausschließlich aus tropischen Einwanderern, die ausgesprochene Schutzmittel gegen Wasserverdunstung besitzen. Sowohl in den südlichen Vereinigten Staaten als in Argentinien wird durch Mangel an Feuchtigkeit das übergehen der Schattenpftanzen des Waldbodens auf die Baumstamme und damit die erste Entstehung einer eingebornen, epiphytischen Pflanzenwelt verhindert.
Außer dem tropischen Bildungsherd der Epiphyten findet sich ein zweiter kleinerer Entstehungsort derselben nur noch im antarktischen Waldgebiet, speziell in Südchile, dessen außerordentliche Feuchtigkeit ähnlich wie auch in Neuseeland eine eigenartige, wenn auch an Artenzahl wenig umfangreiche Vegetation von atmosphärisch lebenden Gewächsen, darunter besonders merkwürdige baumbewohnende Liliaceen (Luzuriaga in Südchile, Astelia in Neuseeland), hervorgerufen hat. Nur diejenigen Gebiete der Erde, welche, wie im tropischen Amerika, [* 21] in Sikkim, auf dem Malaiischen Archipel, in Südchina 2c., eine jährliche Regenmenge von mehr als 200 cm aufweisen, besitzen eine autochthone Flora von Epiphyten; da in Afrika [* 22] derartige Gebiete
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wenig umfangreich sind, so erklärt sich daraus die oft als unerklärlich betrachtete Armut dieses Weltteils an Epiphyten. Außer der Regenmenge sind der ihr entsprechende Wasserdampfgehalt der Luft und die Taubildung die wichtigsten Faktoren der epiphytischen Lebensweise.
Vgl. A. F. W. Schimper, Die epiphytische Vegetation Amerikas (Jena [* 23] 1888).