* 4)
Rudolf, Astronom, geb. zu
Leipzig,
[* 7] studierte in
Bonn
[* 8] und
Leipzig, war am letztern
Ort 1863-74
Observator an der
Sternwarte,
[* 9] seit 1871 auch
Privatdozent an der
Universität, beteiligte sich 1868 an der deutschen Expedition
nach
Vorderindien zur
Beobachtung der totalen
Sonnenfinsternis,
[* 10] machte als freiwilliger Krankenpfleger 1870/71 den deutsch-französischen
Krieg mit, war aber 1874 genötigt, seine Thätigkeit an der
Sternwarte und der
Universität aufzugeben,
um die väterliche Verlagsbuchhandlung zu übernehmen; doch erbaute er sicht 882 eine kleine Privatsternwarte, auf welcher
er sich in der
Folge hauptsächlich mit Doppelsternmessungen beschäftigte. Er starb Seine selbständigen
Schriften
sind: »Messungen von 90
Doppelsternen am sechsfüßigenRefraktor der
LeipzigerSternwarte« (Leipz. 1864);
»Über die Helligkeitsverhältnisse der Jupiterstrabanten« (das.
1871);
auch gab er
Bessels »Gesammelte Abhandlungen« (das.
1876, 3 Bde.),
habilitierte
sich 1872 als
Privatdozent.
Schon in
Breslau hatte sich Engler mit der
FloraSchlesiens, mit systematischen
Studien über
Saxifragaceen, Escalloniaceen und Eunomaceen beschäftigt, in
München bearbeitete er eine
Reihe von
Familien für die
»Flora
brasiliensis«, lieferte auch mehrere andre systematischeArbeiten, namentlich über die
Araceen sowie Beiträge
zur Kenntnis der Antherenbildung der
Metaspermen, und machte in den
Alpen
[* 17]
Studien über die Pflanzenformationen und ihre Existenzbedingungen. 1878 ging
Engler als
Professor der
Botanik und
Direktor des botanischen
Gartens nach
Kiel,
[* 18] widmete sich hier der
Anlage des neuen botanischen
Gartens, setzte namentlich auch seine pflanzengeographischen und systematischen
Studien fort, bei welchen
er mehr, als bisher üblich war, die anatomischen Verhältnisse berücksichtigte.
[* 25]Litteratur (1884-89). Wenn auch die letzten fünf Jahre keineswegs eine besonders glänzende
Periode in der
Geschichte des englischen Schriftentums umfassen, so war doch die
Teilnahme des
Publikums am litterarischen
Leben immerhin groß. Städtische und Vereinsbibliotheken erheben sich allerwärts; die weitaus meisten gebildeten
Familien
besitzen eine mehr oder minder große Bücherei. Die zahlreichen litterarischen
Gesellschaften halten enge
Verbindung des Privatlebens
mit der Litteratur aufrecht, die
Wochen- und Monatsschriften erfreuen sich einer außerordentlich weitgreifenden
Verbreitung, und in diesen Beziehungen ist ein entschiedener Fortschritt bemerkbar.
Charakteristisch ist auch das Erscheinen und der große Erfolg wohlfeiler Sammlungen alter und neuer Meisterwerke: so
der von
ProfessorHenryMorley herausgegebenen
»National library«,
Cassels
»Red library«,
Scotts »Camelot classics« und
»Canterbury
ports«, Warnes »Chandons classics« und
»Landsdowne poets«. Auch eine
Reihe sorgfältig ausgewählter biographischer
Sammelwerke, die unter Mitwirkung anerkannter Schriftsteller seit
Jahren erscheinen und mit Erfolg fortgeführt werden
(»English
men of letters«,
»Great writers«,
»Great musicians«,
»Foreign writers«, »Eminent women«, »Statesmen«,
»Twelve
English statesmen«, »Englishmen of action«, »Exploreres
and exploration« 2c.) sind hier zu erwähnen.
¶
(Über die mit * bezeichneten Schriftsteller sind die betreffenden Biographien in vorliegendem Band
[* 28] zu vergleichen.)
Der TodRobertBrownings, das hohe AlterLordTennysons erinnern daran, daß sich noch kein junger Nachwuchs zu ihrer Geltung erhoben
hat. Von jenem erschien am Anfang unsers Zeitraums »Tiresias, and other poems«, dem trotz einiger sehr
schöner Stücke, wie des kraftvollen »Despair«, kaum ein Achtungserfolg beschieden
war, später ein Seitenstück und Widerspiel zu seinem jugendlichen »Locksley
hall«. »Sixty years after« (durch JohannFeis trefflich verdeutscht und mit Freiligraths Übersetzung des frühern Gedichts
zusammen abgedruckt),
endlich 1887 eine »Jubilee ode«, wozu ihn seine Stellung als Hofpoet ebensowohl
wie seine warme Verehrung der Königin veranlassen mochte, LewisMorris, durch Früheres bereits vorteilhaft bekannt, hat neuerdings
seinen Verehrern »Songs of Britain« dargeboten. Er darf nicht mit WilliamMorris verwechselt werden, einem erklärten u. selbst
agitatorischen Sozialisten (nebenbei Leiter einer auf die Darstellung des Künstlerisch-Schönen gerichteten Möbelfabrik),
der eine Übersetzung der »Odyssee« (1887) veröffentlichte. Der Republikaner Algernon Swtnburne, der nunmehr seine früher
sehr weit getriebene »Fleischlichkeit« abgelegt hat, bot dem Publikum eine wohlgesäuberte Auswahl seiner Dichtungen (»Selections
from the poetical works«). Von ihm sind auch noch der »Midsummer holiday«
und eine dritte Serie von »Poems and ballads« zu verzeichnen. An
Schwung und Klang der Verse übertrifft er alle seine englischen Zeitgenossen, doch fehlt es auch ihm an gelegentlicher Dunkelheit
des Ausdrucks nicht.
Edwin Arnold, dessen »Light of Asia« von Arthur Pfungst (1887) ins Deutsche
[* 29] übertragen wurde, hat den »Indian idylls« einen
Band »Lotus and Juwels« (1887) folgen lassen und neuerdings, an den Tod seiner vielgeliebten Gattin anknüpfend,
den Band »In my Lady's praise« (1889) veröffentlicht, der neben einigem Gekünstelten manches Wahre
und Warme von großer Schönheit enthält. LordLytton, Sohn des unter seinem frühern NamenLyttonBulwer auch in Deutschland
[* 30] hochgeschätzten
Romanschriftstellers, ist seit langen Jahren ebensowohl als Dichter (unter dem NamenOwenMeredith) wie als
Politiker bekannt, hat es aber in der erstern Eigenschaft nicht auf die Höhe gebracht, zu welcher die Politik ihn erhoben.
SeinEpos »Glenaveril«, in Form und teilweise satirischer Richtung ein Nachbild von Byrons »Don Juan«, den es freilich an schneidender
Kraft
[* 31] und hoher Schönheit nicht erreicht, zeigt in gewissen Verschlingungen und Hinblicken auf soziale
Zustände unsrer Tage immerhin einige Selbständigkeit und Frische. Zu einer andern Dichtung: »After paradise, or legends of
exile« haben ihm Episoden aus der Geschichte unsrer Zeit als Vorwurf gedient. GeorgeMeredith, der in der Romanlitteratur jedenfalls
einen hoben, nach Ansicht seiner Verehrer sogar den höchsten Rang einnimmt, übrigens zu seinem eben genannten
Namensvetter in keinerlei Beziehung steht, hat seinen »Poems and lyrics of the
joy of earth« nun auch einen Band »Ballads and poems of tragic lite« folgen lassen und in neuester
Zeit einen weitern beigefügt: »A reading of earth«.
Leider gefällt er sich auch hier in Dunkelheit des Ausdrucks. Von RobertBrowning, dem kürzlich verstorbenen Meister dieses
schweren Übels neuenglischer Dichtung (als dessen Urheber doch wohl Shelley anzusehen ist),
with certain people of importance in their day" (1887). Eine »Popular
edition« seiner Werke (in 16 Bänden) begann 1888 zu erscheinen. Ein Ehrenplatz gebührt einer Dichterin deutscher Abkunft,
MathildeBlind, die in »The heather on fire« (1887)
die Geschichte der Austreibung hochschottischer Hüttenbewohner mit revolutionärem Feuer erzählt, in dem größern philosophischen
Gedicht »The ascent of men« (1889) aber sich
zu einer höhern Stufe aufschwingt. Hieran schließe sich ein andres großes Thema: »The judgement of Prometheus« von Ernest
Myers, der schon früher Lyrisches geliefert hat, übrigens zur Geisterseherei hinneigt. Von leichterm Gewebe
[* 32] sind des auf vielen
Feldernthätigen R.L.Stevenson »Underwood« (1887),
dessen Titel er dem alten BellJonson abgeborgt, und
des FräuleinsMary J. * Robinson »Songs, ballads and a garden play« (1888).
Die große Reihe poetischer Gaben, die nur auf das dringende Verlangen von Freunden der Dichter veröffentlicht werden, dürfen
wir billig übergehen.
Es ist keine neue Bemerkung, daß in der HeimatShakespeares das Drama als Buch, ebenso wie das Epos, von
dem weithin greifenden Roman in den Hintergrund gedrängt worden ist. Die Theater
[* 33] blühen mehr und mehr; aber die aufgeführten
Stücke werden selten gelesen, erscheinen meistens gar nicht im Buchhandel, während auf der andern Seite die selten erscheinenden
Buchdramen gar nicht auf die Bühne gelangen oder dort einen höchst spärlichen Erfolg haben, ihn meistens
auch kaum verdienen. Es sei als Verfasser solcher Lesedramen zunächst ein neuer Schriftsteller genannt, der sich noch unter
dem PseudonymMichaelField verbirgt. Er hat der altenglischen Geschichte und dem Kampf der Religionen einen bedeutenden, schwer
zu behandelnden Stoff entnommen:"Canute the Great«, und in der Lösung seiner Aufgabe Geist, Kraft und künstlerische
Gestaltung erwiesen, auch die wohlberechtigte Anerkennung gefunden. Auch seine andern Dramen: »Callirhoe«, »FairRosamund«, ein
Vorwurf (die Geliebte König Heinrichs II.),
der so oft den Balladendichter und seit Addison auch den Dramatiker angezogen hat,
»Brutus ultor«, »The father's tragedy«,
»Rufus«, »Loyalty and love«, alle seit 1884 erschienen, verdienen
Erwähnung. Der greise Tennyson erschien abermals mit einem Drama: »Becket« (Thomas aBecket),
hat damit aber fast noch weniger
Erfolg erzielt als mit seinen frühern Stücken aus der englischen Geschichte, und auch der vorübergehende Theatererfolg
von »The cup« ist wohl meist auf Rechnung des Schauspieldirektors
Irving zu setzen, der eine glänzende Bühnenausstattung lieferte; ebenso hatte »The
promise of May« nur einen Achtungserfolg. Bedeutender sind dagegen die StückeSwinburnes. Nachdem er seinen großen Dramencyclus
über Maria Stuart, der ihn 20 Jahre lang beschäftigt hatte, beendet, trat er als Rival des LordByron auf
mit »Marino Faliero«.
Vielleicht ist dieses Trauerspiel noch weniger als das seines großen Vorgängers für die Bühne geeignet, aber wie jenes
enthält es sehr glänzende Stellen. Mit seinem neuesten Drama: »Locrine«, greift er, wie Shakespeare im »Cymbeline«, auf die
schattenhafte altbritische Geschichte zurück. In derselben Richtung seien erwähnt: »The sentence«, ein
Trauerspiel aus der Zeit des Caligula, von AugustaWebster, die auch als lyrische Dichterin einen guten Namen hat, und des vielthätigen
AlfredAustin »PrinceLucifer«. Die Browning-Gesellschaft, nicht ein Theaterunternehmer, hat ihres Meisters¶